FuW-BörsenspielDie grössten Börsenschocks aller Zeiten
Wenn Euphorie und Gier überhandnehmen, ist der Absturz meist nicht mehr fern. «Finanz und Wirtschaft» blickt auf fünf folgenschwere Marktkrisen zurück.
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In guten Börsenzeiten geht oft vergessen, dass es am Aktienmarkt keine Rendite ohne Risiko gibt. Und gerade wenn die Euphorie unter den Anlegern überhandnimmt, ist der Crash meist nicht mehr fern. «Finanz und Wirtschaft» blickt auf die spektakulärsten Börsenschocks der vergangenen hundert Jahre zurück – und auf Krisen, die die Schweiz am stärksten geprägt haben.
Der Schwarze Freitag
Nein, damit sind nicht die Rabatte des Black Friday nach Thanksgiving gemeint, sondern ein anderes US-Phänomen, das die ganze Welt infiziert: Der Börsencrash an Wallstreet von Oktober 1929.
In den Jahren vor dem folgenschweren Kollaps hat sich eine Spekulationsblase gebildet, der Zählerstand des Dow Jones Industrial hat sich seit 1924 beinahe vervierfacht. Um Aktien zu kaufen und vom Höhenflug an der Börse zu profitieren, nehmen Millionen von Kleinanlegern Kredite auf.
Doch dann kippt die Stimmung. Nach einigen schwachen Handelstagen setzen am 24. Oktober – dem Black Thursday, in Europa Schwarzer Freitag genannt – Panikverkäufe ein, die mehrere Tage andauern. Restriktionen und Regeln, wie wir sie heute kennen, gibt es damals kaum. Viele Anleger verlieren im Crash ihr ganzes Geld oder sitzen nun gar auf riesigen Schulden.
Entsprechend schmerzhaft sind die Auswirkungen: Der Great Crash von 1929 gilt als Startpunkt der Great Depression in den USA sowie der Weltwirtschaftskrise der frühen Dreissigerjahre. Es ist die wohl folgenreichste Implosion der Börsenkurse, die die Welt jemals erlebt hat.
Die Asienkrise
Über die Ursachen der Asienkrise der späten Neunzigerjahre herrscht bis heute Uneinigkeit. Die Liste der möglichen Schuldigen ist lang: ein Kreditboom, der eine Blasenbildung im Aktien- und im Immobilienmarkt begünstigt. Oder das Fehlen einer Währungsabsicherung der Banken, was zu Problemen führt, als der Wert des Dollars steigt und die Lokalwährungen nicht Schritt halten können.
Hinzu kommt eine Schwäche der Finanzmärkte vor Ort, kombiniert mit der Kapitalflucht westlicher Investoren: Sie ziehen ihre Mittel beim ersten Anzeichen einer Eintrübung aus dem südostasiatischen Markt ab und verschlimmern so den Absturz. Wieder andere geben dem Internationalen Währungsfonds und seinen Auflagen die Schuld.
Der Startpunkt ist jedoch unbestritten: Thailand im Frühling 1997. Von dort aus greift die Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrise auf andere südostasiatische Länder über. Besonders schlimm trifft es neben Thailand auch Indonesien und Südkorea. Ebenfalls betroffen – wenn auch in einem geringeren Ausmass – sind Malaysia, die Philippinen und Singapur.
Mit der Ausnahme Japans führt der Rest der Welt Ende der Neunzigerjahre allerdings erst unbedeutende Handelsbeziehungen mit südostasiatischen Staaten. So bleibt die Krise geografisch beschränkt. Jedoch verorten einige Wirtschaftshistoriker den Ursprung der Russlandkrise von 1998 in Südostasien. Zeitlich hält sich der Schrecken ebenfalls in Grenzen: Zum Start des neuen Millenniums befinden sich die Volkswirtschaften der betroffenen Staaten bereits wieder auf einem stabilen Wachstumskurs.
Die Dotcom-Blase
Zu Beginn des neuen Millenniums platzt dafür eine andere Spekulationsblase: die der New Economy. Internetunternehmen aller Art haben seit Mitte der Neunzigerjahre an den Börsen stetig an Wert gewonnen. 1999 nimmt der Aufwärtstrend zusätzlich an Fahrt auf: Der technologielastige Nasdaq Composite Index verdoppelt sich innerhalb von weniger als zwölf Monaten, bis im März 2000 die Stimmung kippt. Es wird schmerzhaft klar, dass die Unternehmen viel zu hoch bewertet sind und sich die hohen Gewinnerwartungen kaum je erfüllen lassen.
Bei einigen Gesellschaften stellt sich zudem heraus, dass die Bilanz geschönt wurde. Erfahrene Investoren ziehen sich deshalb bereits im März 2000, als die Kurse zu fallen beginnen, aus den Internetunternehmen zurück und können so ihre Verluste eingrenzen. Viele Kleinanleger verpassen jedoch den Ausstiegszeitpunkt und verlieren ihr Kapital.
Einige der gefallenen Unternehmen dienen bis heute als Lehrbeispiel, wie man eine Expansion nicht vorantreiben soll – beispielsweise Pets.com, eine auf den Internetvertrieb von Tiernahrung spezialisierte Gesellschaft, die bereits neun Monate nach dem Börsengang in die Liquidation geht. Andere Onlinehändler können sich im Nachgang der Krise dagegen als vertrauenswürdige Anbieter etablieren, wie etwa eBay und Amazon.
Globale Finanzkrise der Nullerjahre
Es ist der Höhepunkt der folgenschwersten Finanzkrise seit der Grossen Depression von 1929 und der bis heute grösste Bankrott der US-Geschichte: Am 15. September 2008 meldet die Investmentbank Lehman Brothers Konkurs an, trotz Vermögenswerten von ungefähr 600 Mrd. $.
Zum Verhängnis wird Lehman Brothers – unter anderem – die Krise auf dem Subprime-Hypothekenmarkt in den USA: Immer mehr Menschen haben Hypotheken erhalten, die eigentlich nicht ihrer Vermögenssituation entsprechen. Die Ratingagenturen haben diese Kredite als zu gut eingestuft, und Finanzinstitute und Anleger weltweit haben wiederum diese – mehrheitlich faulen – Kredite gekauft.
Der Kollaps führt in den USA zum Bankrott vieler Unternehmen und zum Verlust von 9 Mio. Arbeitsplätzen. Auch andere Regierungen und Notenbanken müssen eingreifen – etwa die Schweiz, die wenige Wochen nach dem Kollaps von Lehman Brothers die Grossbank UBS retten muss.
Als Folge des globalen Wirtschaftsabschwungs verschulden sich viele Staaten mehr als zuvor – der Übergang in die Eurokrise geschieht beinahe nahtlos. Sie hat ihren Startpunkt im Oktober 2009, als die damals neu gewählte griechische Regierung bekannt gibt, dass die Staatsverschuldung doppelt so hoch ist, wie die Vorgängerregierung angegeben hat.
Der Frankenschock
Die kleine Schweiz ist ein wichtiger Akteur am globalen Finanzmarkt. Kein Ereignis illustriert das besser als die Aufhebung des Frankenmindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) am 15. Januar 2015.
Zuvor hat die SNB jeweils kräftig am Devisenmarkt interveniert, damit der Eurokurs nicht unter 1.20 Fr. fällt. Zwar hat die Aufblähung der SNB-Bilanz zunehmend für Kritik gesorgt, dennoch hat kaum jemand die Aufhebung des Mindestkurses erwartet – weder Investoren noch Unternehmen.
Einige Schweizer Aktien büssen nach der Aufhebung bis zu 20% ein. Devisenhändler weltweit verbuchen massive Verluste, mindestens zwei gehen bankrott. Grosse Finanzinstitute wie die Deutsche Bank, Citigroup und Barclays verlieren hohe Summen. Als am einschneidendsten erweist sich der plötzliche SNB-Kurswechsel aber für Schweizer Exportunternehmen: Ihre Waren kosten für Kunden in Europa – wohin die Mehrheit der Schweizer Exporte geht – plötzlich deutlich mehr.
Obwohl der 15. Januar 2015 als Frankenschock in die Schweizer Geschichte eingeht: Die hiesige Wirtschaft hat gelernt, mit der starken Heimwährung umzugehen. Das zeigen die Umsatz- und die Gewinnzahlen der Schweizer Unternehmen, die mehrheitlich gut ausfallen, obwohl der Euro jetzt schon seit längerem weniger als 1 Fr. kostet.
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