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Nach dem Klimagipfel in Glasgow
Die ärmsten Staaten fühlen sich betrogen

Enttäuscht und frustriert: Die an der Seite von Greta Thunberg zu Prominenz gekommene ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate. 
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Zuletzt musste selbst Alok Sharma eingestehen, dass der Patient nur «einen schwachen Puls» verzeichnet – auch wenn es der Welt gelungen sei, ihn fürs Erste «am Leben zu halten». Mit dieser Bemerkung bezog sich der Präsident des am Wochenende abgeschlossenen Klimagipfels in Glasgow auf das selbst gesteckte Ziel, die Chance einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius (gegenüber vorindustriellen Zeiten) wenigstens vorläufig zu wahren. Sharma schien am Ende seiner Kräfte. Indien und China hatten ihm in letzter Minute Änderungen aufgezwungen. Die grossen Kohleproduzenten Asiens und einige andere Staaten wollten keinen «Ausstieg» aus der Kohle, sondern eine blosse «Reduktion».

Von dieser Schwächung des Wortlauts im Schlusscommuniqué hatten die kleineren Staaten nichts gewusst. «Uns hat niemand gefragt», klagte Tina Stege, deren Marshall Islands zu den bedrohtesten Gebieten der Erde gehören. «Bitter enttäuscht» über die erneute Herabstufung zentraler Versprechen zeigten sich die Regionen, für die sie sprach. Freilich wagte keines der kleineren Länder, sich der Verabschiedung des Glasgower Klimapakts zu verweigern. Zu wichtig sei für die Menschen in den am meisten gefährdeten Gebieten der Welt der Rest des Pakets, als Hoffnungsschimmer für die Zukunft, beteuerten sie.

Mit einem «Workshop» abgespeist

Erstmals erklärten sich reiche Staaten auch bereit, in einen Dialog mit den Ärmsten der Welt über deren durch Klimawandel erlittene «Verluste und Schäden» einzutreten. Davon war in früheren Jahren noch nie die Rede gewesen. Dennoch herrschte auch in diesem Punkt weithin Frustration. Für einen kurzen Augenblick habe man in Glasgow geglaubt, dass ein internationaler Fonds geschaffen werde, um solche Zahlungen abzuwickeln, klagte die an der Seite Greta Thunbergs zu Prominenz gekommene ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate. Aber in den letzten Stunden des Gipfels hätten die USA, die EU und Grossbritannien dieses Konzept gekippt – und die Ärmsten der Welt mit einem blossen «Workshop» zu dieser Frage abgespeist. «Die Reichen wollen offenkundig nicht bezahlen für die Kosten, die sie den Armen aufgebürdet haben», sagte Nakate.

War zum Schluss der Konferenz am Ende seiner Kräfte: Alok Sharma, Präsident des am Wochenende abgeschlossenen Klimagipfels in Glasgow.  

Ins gleich Horn stiess der Sprecher des Umweltdachverbands COP26 Coalition, Asad Rehman. Der Klimapakt von Glasgow habe «den reichsten Ländern das gebracht, wofür sie hierherkamen, während die ärmsten Staaten mit leeren Händen abreisen». Bitter kommentierte Rehman auch, dass Leute wie EU-Missionschef Frans Timmermans auf dem Gipfel Fotos ihrer Enkel herumgezeigt hätten, um ihr Verantwortungsgefühl zu unterstreichen: «Es ist doch unmoralisch, wenn die Reichen hier sitzen und über die Zukunft ihrer Kinder und Enkel reden, während die Kinder des Südens jetzt schon furchtbar leiden.» PR-Tricks und leere Worte täuschten darüber nicht hinweg.

Angesichts der drohenden Katastrophe seien «kleine Schritte in die richtige Richtung» schlichtweg ein Scheitern.

Greta Thunberg, Klimaaktivistin

Nach bestem Vermögen suchten die Repräsentanten der Industrieländer die «kleinen Fortschritte» zu verteidigen, die ihrer Ansicht nach der neue Klimapakt gebracht hat. Natürlich habe man «noch lange nicht die Ziellinie erreicht», sagte John Kerry, der US-Klimabeauftragte, der auf dem Gipfel jede Menge Fäden zog und zum Bezugspunkt aller Delegationen wurde. Aber immerhin sei man dem Ziel nähergekommen, ein «Klimachaos» zu vermeiden. Auch EU-Kommissions-Chefin Ursula von der Leyen sprach von einem «Schritt in die richtige Richtung».

Das war für Klimaaktivisten wie Greta Thunberg freilich nichts als «bla, bla, bla». Angesichts der drohenden Katastrophe seien «kleine Schritte in die richtige Richtung» schlichtweg ein Scheitern, sagte die Schwedin. Dass jetzt ganz dringend sehr viel grössere Schritte benötigt würden, fand auch UNO-Generalsekretär Antonío Guterres: «Unser gebrechlicher Planet hängt am seidenen Faden.»