Never Mind the Markets: Corona statt UmweltDer verdrängte Klimawandel
Die Coronakrise hat die Umweltthemen weitgehend aus den Schlagzeilen vertrieben und die Bereitschaft für Massnahmen gesenkt. Dabei ist Aufschieben keine Option.
Noch bis im Januar dominierte der Klimawandel weitgehend die Schlagzeilen. Ausdruck davon ist der Global Risk Report des Weltwirtschaftsforums, der auf Umfragen unter der Weltelite basiert. Nichts anderes erachteten die Befragten als so gefährlich wie die Folgen der globalen Erwärmung.
Mittlerweile hat die Ausbreitung des Coronavirus das Umweltthema weitgehend aus den Schlagzeilen verdrängt. Die Herausforderungen des Klimawandels zu unterschätzen und zu wenig zu tun, wäre aber unverantwortlich. Die Corona-Krise werden wir früher oder später bewältigen. Wenn es uns aber nicht gelingt, die Erderwärmung aufzuhalten, dann drohen uns in Zukunft Entwicklungen und Katastrophen, die sich kaum mehr aufhalten lassen.
Wie der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem neuen Weltwirtschaftsbericht schreibt, sind die folgenden Massnahmen dringend: Umweltschädliche Produkte und Verfahren müssen verteuert werden, und es braucht Investitionen in umweltfreundliche Produkte und Verfahren. Höhere Preise für Kohlenstoffemissionen würden zwar Anreize zu einem nachhaltigeren Verbrauchs- und Investitionsverhalten schaffen, aber auch Subventionen des Staates und Regulierungen erachtet der IWF in einigen Fällen als nötig.
Die Herausforderungen der Coronakrise und des Klimawandels müssen beide gesamtheitlich angegangen werden.
Doch solche Massnahmen drohen aktuell auf weniger Akzeptanz zu stossen: zum einen, weil die Staaten krisenbedingt enorme Ausgaben zu schultern haben und ihnen Steuereinnahmen wegbrechen, während viele schon jetzt stark verschuldet sind. Zum Zweiten dürften sich Branchen mit hohen Emissionen – wie etwa die Airlines – angesichts ihrer Existenznot erfolgreich gegen höhere Abgaben wehren können.
Und schliesslich sind jene am unteren Ende der Einkommensverteilung besonders stark von höheren Emissionskosten betroffen. Denn solche Kosten haben einen grösseren Anteil an ihrem (geringen) Einkommen. Gleichzeitig gefährdet die Krise vor allem ihre Jobs und Einkommen. Wie der IWF zeigt, ist daher die Bereitschaft für Massnahmen zur Eindämmung des Klimawandels am oberen Ende der Einkommensverteilung sehr viel grösser als am unteren Ende.
Massnahmen gegen den Klimawandel auf unbestimmte Zeit zu verschieben, bleibt dennoch keine Option. Die Herausforderungen der Coronakrise und des Klimawandels müssen beide gesamtheitlich angegangen werden. In diesem Sinn schlägt der IWF zum Beispiel vor, Menschen mit geringem Einkommen für die Kosten höherer Energiepreise in anderen Bereichen gezielt zu entlasten.
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