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Drohende Aufspaltung
Axpo-Aktionäre befinden über Schicksal des Verwaltungsrats

Der Energiehandel der Axpo ähnelt Anlagegeschäften einer Bank und hat mit Stromproduktion und Versorgungssicherheit nur noch wenig zu tun: Handelsraum der Axpo in Baden AG.
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Am 25. Oktober treffen sich die Eigentümer, um das weitere Vorgehen beim grössten Schweizer Stromkonzern Axpo zu besprechen. Zur Diskussion steht, die Geschäftsführung prüfen zu lassen. Diese Aufgabe soll eine unabhängige Stelle übernehmen.

Wie die Aktionäre anschliessend entscheiden, ist noch offen. Unter den Aktionären gibt es unterschiedliche Einschätzungen, und der Meinungsbildungsprozess ist noch im Gang. Deshalb will sich derzeit noch niemand namentlich zitieren lassen. Bis die Untersuchungsergebnisse vorliegen, dürfte es eine Weile dauern.

Gewisse Handlungsoptionen liegen aber auf der Hand und werden von manchen Eignern angedeutet. Die Aktionäre könnten je nach Untersuchungsergebnis zum Schluss kommen, dass der Verwaltungsrat neu zusammengesetzt werden muss.

Verwaltungsratspräsident Thomas Sieber: Die anstehenden Entscheide der Aktionäre könnten Einfluss auf die Zusammensetzung des Verwaltungsrats haben.

Eine Rückkehr zum früheren Modell mit vielen Regierungsvertretern im Verwaltungsrat steht für die Aktionäre derzeit nicht zur Diskussion. Klar ist aber, dass Verantwortungsträger gewünscht werden, welche die Interessen der Kantone zumindest nicht völlig ausser Acht lassen und mehr politische Sensibilität walten lassen.

Denkbar wäre, dass wenigstens eine Person in den Verwaltungsrat entsandt wird, die intervenieren kann, wenn Interessen und Information der Eigentümer zu kurz kommen. Es gibt aber auch Stimmen aus den Kantonen, die das Geschäftsmodell der Axpo kritisch hinterfragen. Sollten sich diese im Meinungsbildungsprozess der Aktionäre durchsetzen, so könnte dies auch für die Konzernleitung Folgen haben, da sie am bisherigen Geschäftsmodell festhalten will. 

Konflikt spitzt sich zu

Der Konflikt zwischen Aktionären und Axpo-Führung spitzt sich seit Monaten zu. Dabei hat die Geschäftsleitung mehrmals klar signalisiert, dass sie keinesfalls von ihrer bisherigen Strategie mit einem aggressiven Ausbau des rentableren Auslandgeschäfts abweicht.

Dafür gibt es nachvollziehbare Gründe: Die Wasserkraftproduktion fällt in den kommenden 30 Jahren weitgehend an die Kantone zurück. Und das Ende der Atomenergie ist auch absehbar. Zudem beklagt die Axpo schwierige Bedingungen für Investitionen in der Schweiz. 

Die Art und Weise, wie Axpo-Chef Christoph Brand die Geschäftsstrategie kommunziert, stösst bei manchen Politikern und Eignern auf Kritik.

Kritik gibt es an der Art und Weise, wie Axpo-Chef Christoph Brand die Unternehmensziele gegenüber der Politik und Aktionären kommuniziert. Von «fehlender Empathie» ist bei Eignern die Rede. Das Wort «Arroganz» ist von Politikern zu hören. Doch es gibt auch andere Stimmen. So stellt GLP-Nationalrat Jürg Grossen (BE) fest, dass die Axpo eine nachvollziehbare Strategie verfolge, welche die Politik mit unzureichenden Rahmenbedingungen mitzuverantworten habe. 

Aktionäre spät informiert

Es entstand der Eindruck, dass die Geschäftsleitung eigenmächtig handle und zu wenig Informationen an die Aktionäre weitergegeben würde. Dass die Eigentümer beispielsweise erst kurz vor der Öffentlichkeit vom Rettungsschirm des Bundes erfahren haben, sorgte bei manchen für Irritationen. 

Und die Informationen, welche die Eigentümer erhielten, entsprachen öfters nicht ihren langfristigen Interessen für eine höhere Versorgungssicherheit. So erfuhren sie zum Beispiel an den Eignergesprächen vom Oktober 2021, dass im Rahmen der Konzernstrategie 2030 die Fotovoltaik im Ausland 50-mal stärker ausgebaut werden soll als in der Schweiz. 

Wie eine gut informierte Quelle berichtet, sieht die Axpo-Konzernstrategie für die hauptsächlich im Ausland geplanten Investitionen einen zusätzlichen Kapitalbedarf von mehr als zwei Milliarden Franken bis 2030 vor. Dieser soll zu drei Vierteln durch Verkäufe finanziert werden. In diesem Zusammenhang sei eine Devestitionsliste erstellt worden, die unter anderem den Verkauf der Beteiligung an der schweizerischen Netzgesellschaft Swissgrid vorsehe.

Ausserordentliche Information

Ende September kam es zu einer ausserordentlichen Sitzung, an der die Axpo-Leitung die Aktionäre über den Einfluss der aktuellen Verwerfungen auf den Märkten auf den Geschäftsgang informierte. Der Austausch fand virtuell übers Internet statt. Die Axpo-Leitung wählte beruhigende Worte. Der Tenor: Die Lage hat sich derzeit etwas entspannt. Die Axpo bestätigt, dass sie die Kreditlinie des Bundes bisher nicht beanspruchen musste.

Das Unternehmen habe sich für weitere «vorsorgliche Massnahmen» entschieden und den Zugang zum internationalen Kapitalmarkt ausgebaut, teilt die Axpo weiter mit. Mit anderen Worten: Der Energiekonzern kann sich anderweitig vermehrt Mittel beschaffen, um das Handelsgeschäft abzusichern. Aufgrund der angespannten Situation mit Unwägbarkeiten lassen sich aber weitere kurzfristige Marktverwerfungen nicht ausschliessen. 

Mangelnde Transparenz gegenüber Eignern

Es gibt triftige Gründe, die Axpo-Aktionäre, zu denen neben mehreren Kantonen auch Elektrizitätswerke gehören, mit ausserordentlichen Sitzungen auf dem Laufenden zu halten. Denn die mangelnde Transparenz ist einer der Hauptkritikpunkte der Eigner an die Adresse der Axpo-Führung. Gleichzeitig gibt es Zweifel, ob der Verwaltungsrat genügend kompetent und schlagkräftig ist, um eine kritische Aufsicht über die Geschäftsleitung wahrnehmen zu können.

Die Kantone haben sich die heutige Situation jedoch zumindest teilweise selbst zuzuschreiben. Denn sie haben sich mit ihren Regierungsvertretern vor sechs Jahren freiwillig aus dem Verwaltungsrat verabschiedet und diese Aufgabe professionellen Managern überlassen. Doch der aggressive Ausbau des internationalen Geschäfts, neben dem es für die Schweizer Stromversorgung nur noch wenig Platz hat, bereitete den Aktionären zunehmend Sorgen.

Gute Zahlen

Als Finanzchef Joris Gröflin kürzlich an einem Kaderanlass der Axpo summarisch über das Ergebnis des Geschäftsjahres per Ende September informierte, hatte er eine gute Nachricht: Die Zahlen sollen ungefähr den im Juni veröffentlichten Halbjahreszahlen entsprechen. Diese konnten sich mit einem bereinigten Betriebsergebnis von einer Milliarde Franken durchaus sehen lassen. Im Vergleich zum Vorjahr entsprach das einer Verdoppelung.

Die Jahreszahlen werden im Dezember veröffentlicht. Die Bilanzmedienkonferenz ist auf den 8. Dezember angesetzt.

In einer ersten Version hiess es, dass sich die Eigentümer am kommenden Montagnachmittag, dem 10. Oktober, treffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dabei handelte es sich nur um ein Vorbereitungsgespräch, an dem ein Teil der Axpo-Aktionäre teilnahm. Das offizielle Eignergespräch, an dem alle Aktionäre teilnehmen, ist auf den 25. Oktober angesetzt.