Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Guillaume Pousaz – Gründer von Checkout.com
Der reichste Schweizer, den kaum jemand kennt

Reist jedes Jahr aus Dubai ins Wallis an den Berglauf Sierre–Zinal: Guillaume Pousaz.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Guillaume Pousaz ist gemäss «Forbes» der reichste Mann der Schweiz – und «ein aufgehender Stern im elektronischen Zahlungsverkehr» («Bloomberg»). Vor gut zehn Jahren gründete der gebürtige Genfer das Unternehmen Checkout.com, das im Sommer 2022 zum wertvollsten europäischen Start-up im Bereich Fintech gekürt wurde. Weltweit belegt es in der Auswertung von CB Insight aktuell Platz sieben. Pousaz’ Vermögen wird auf 23 Milliarden US-Dollar geschätzt. 

Dabei ist Checkout.com den meisten Schweizerinnen und Schweizern kein Begriff. Wer indes bei Adidas im Onlineshop ein Paar Turnschuhe oder bei Sony eine Kamera kauft, wer bei Netflix Filme streamt oder bei der Kryptobörse Coinbase handelt, der oder die nutzt die Technologie des Unternehmens. Die Firma übernimmt die gesamte Zahlungsabwicklung zwischen Kasse und Kreditkartennetzwerk – für Käufer und Geschäfte rund um den Erdball. Mehr als die Hälfte des Zahlungsvolumens machen Transaktionen von Fintech- und Kryptowährungen aus.

Und dieser Markt floriert – angetrieben auch durch die pandemiebedingte, wachsende Nachfrage der Konsumenten nach digitalen Dienstleistungen. Pousaz’ stärkste Konkurrenten sind Zahlungsplattformen wie die amerikanische Firma Stripe oder Adyen aus den Niederlanden. 

Die Finanzierungsrunde im Januar kam denn auch zum richtigen Zeitpunkt: Checkout sammelte eine Milliarde Dollar ein, darunter grosse Namen wie die beiden US-Investmentfirmen Franklin Ressources oder Tiger Global. Dabei wurde die Firma mit 40 Milliarden Dollar bewertet. Damit ist sie höher bewertet als die Hälfte der grössten Schweizer Börsenfirmen wie etwa Swisscom, Swiss Life oder Credit Suisse. Und Pousaz hält immer noch 60 Prozent der Aktien. 

Er scheut das Licht der Öffentlichkeit

Mit seinem Vermögen hat er in der Schweiz eine Gesellschaft zur Verwaltung des Familienvermögens namens «Zinal Growth» gegründet. Mit dem Unternehmen investiert er in Jungfirmen aus dem Bereich Finanztechnologie, unter anderem im Frühling des letzten Jahres auch in das Zürcher Spesen-Start-up Yokoy.

Privat hält sich der 41-Jährige bedeckt. Er scheut das Licht der Öffentlichkeit und gibt selten Interviews. Auch eine Anfrage dieser Zeitung lehnt er ab. Gemäss Medienberichten stammt Pousaz aus einfachen Verhältnissen und macht in seiner Jugend als Snowboarder von sich reden.

Ursprünglich will er Investmentbanker werden, er studiert erst Ingenieurwesen an der ETH Lausanne, wechselt dann aber in die Wirtschaftswissenschaften. Nach missglückten Abschlussprüfungen schmeisst er 2005 das Studium und sucht sein Glück als Surfer in Kalifornien. 

«Ich habe das Thema Payments nicht gesucht, es hat mich gefunden.»

Seinen Aufenthalt finanziert er mit einem Job bei einer Firma in Strandnähe. Sie heisst International Payments Consultants (IPC): «Ich habe das Thema Payments nicht gesucht, es hat mich gefunden», sagt er irgendwo. 

Bei IPC lernt er das elektronische Zahlungsgeschäft von der Pike auf und gründet zwei Jahre später im Jahr 2007 NetMerchant, einen Geldtransferdienst für Zahlungen von den USA nach Europa. Mit dem Kapital gründet er 2009 in Singapur Opus Payments, drei Jahre später wird daraus Checkout.com. Er siedelt die Firma «aus regulatorischen Gründen» in London an.

Heute ist Pousaz Chef von 1700 Mitarbeitenden an neunzehn Standorten weltweit. Er funktioniere nach schweizerischen Werten, sagte er einmal gegenüber der «Bilanz». Er beschreibt sich dort als «extrem rational, diszipliniert und zielorientiert, pragmatisch und ausdauernd».

Ausdauer braucht er auch für den Berglauf Sierre–Zinal, an dem er im Sommer jeweils teilnimmt – ein Rennen über eine Strecke von 31 Kilometern entlang von fünf Viertausendern. Dafür reist er extra aus Dubai an, wo er mit seiner Frau, der Liebe aus Teenagertagen, und drei Kindern zwei Drittel seiner Zeit lebt. 

Wen wunderts, will er dereinst auch mit Checkout.com den höchsten Gipfel erklimmen und an die Börse. Weshalb er sich dieser Tage von Jugendsünden distanziert: In den Anfangsjahren hat die Firma Geld gemacht mit Aufträgen von Kunden von Porno- und Glücksspiel-Websites. 

Ein kalter Winter steht bevor

Damit soll jetzt Schluss sein: Checkout hat sich laut einem Sprecher vollständig aus dem Bereich der Erwachseneninhalte zurückgezogen. «Dieser Geschäftsbereich war für Checkout immer unbedeutend und machte 2019 nur 1,4 Prozent unseres Geschäfts aus», so ein Sprecher des Unternehmens. 

Es ist gut, wenn sich Pousaz warm anzieht. Das Jahr 2023 könnte kalt werden: Zum einen geraten Kryptowährungen zunehmend unter Druck, zudem sind die E-Commerce-Umsätze nach Corona stark rückläufig. Dazu passt ein kürzlicher Stellenabbau von 5 Prozent.

Doch solche Herausforderungen dürften einen Trailrunner nur umso mehr zu Höchstleistungen antreiben. 

Dieser Artikel wurde erstmals am 14. Oktober 2022 publiziert und am 6. März 2023 aktualisiert.