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Historischer Gold-Höchstwert
Der Preisrekord beim Gold befeuert den Verkauf von Altgold

Die Goldhändler werden derzeit von Leuten überrannt, die ihre nicht mehr gebrauchten Ringe angesichts der hohen Preise zu Geld machen wollen.
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Montagnachmittag: Vor einer Zürcher Münzenhandlung stehen Leute Schlange. Auch H.G. (Name der Redaktion bekannt) wartet. Sie will seit längerem ein neues Smartphone kaufen und erinnerte sich plötzlich, dass irgendwo in ihren Schubladen längst vergessene Schmuckstücke lagern – aus ihrem «früheren» Leben, wie sie lachend anmerkt: zwei Eheringe aus zwei Hochzeiten, eine Münze und einige wenige Schmuckstücke, die ihr nichts mehr bedeuten. Mit über 1500 Franken auf dem Konto verlässt sie wenig später den Laden – zufrieden mit dem Geschäft und vor allem dem Goldpreis, der derzeit durch die Decke geht.

Fabio Luraschi, Geschäftsführer der Erwin Dietrich AG, die in Zürich unter anderem im Handel mit Münzen, Schmuck und Altgold tätig ist, bestätigt: «Derzeit kommen mehr Leute in unser Geschäft.» Oft bieten sie Altgold an. Dabei handle es sich nicht um Kunden, die dringend Geld benötigen würden. Vielmehr seien es Leute, die sich schon lange entschieden hätten, den alten Schmuck zu verkaufen. «Sie sehen, dass der Goldpreis hoch ist und kommen dann bei uns vorbei», so Luraschi.

«Wir merken auch, dass es mehr Kunden hat, die in Geldnot sind. Ich glaube, dass das mit der Corona-Krise zusammenhängt.»

Fabio Luraschi, Geschäftsführer der Erwin Dietrich AG

Derzeit werde oft Goldschmuck aus den 70er- und 80er-Jahren angeboten. Auch Goldvreneli, kleine Barren und Goldunzen landen auf dem Verkaufstresen. Luraschi verweist noch auf eine andere Seite: «Wir merken auch, dass es mehr Kunden hat, die in Geldnot sind.» Sie verkauften ihre Schätze. «Ich glaube, dass das mit der Corona-Krise zusammenhängt», erklärt er.

Auch andere Händler bestätigen den Ansturm auf ihre Läden. Würden sich zu normalen Zeiten die Käufe von Gold und die Verkäufe von Altgold die Waage halten, kämen derzeit auf einen Goldkäufer zehn Kunden, die ihren Schmuck, Münzen und andere Preziosien verkaufen wollten.

Das Jahr 2013 als Mahnung

Der Hintergrund ist die internationale Entwicklung am Goldmarkt: Am Montag erreichte der Preis von Gold mit rund 1940 Dollar pro Unze (31,1 Gramm) den höchsten je erreichten Wert. Wie andere Rohstoffe wird das Gold in der US-Währung ausgewiesen. In Franken hat das gelbe Metall schon früher im Monat seinen historischen Höchstwert überschritten.

Ein Grund für die Verkäufe von Altgold könnte auch die Sorge vor einer Entwicklung wie im Jahr 2013 sein: Nach Höchstwerten im Herbst 2012 in Schweizer Franken brach der Goldpreis bis Ende 2013 wieder um rund ein Drittel ein.

Die damaligen Ängste vor einer starken weltweiten Zunahme der Teuerung haben sich als falsch erwiesen. Befeuert wurden diese Sorgen durch die Geldschübe der Notenbanken und die Rettungspakte der Regierungen zur Bewältigung der Finanzkrise und der nachfolgenden Eurokrise.

Die Nachfrage nach Gold als Investitions- oder Spekulationsobjekt nimmt dann am stärksten zu, wenn das Vertrauen in die Politik und die Institutionen und in das von Notenbanken geschaffene Geld am meisten leidet. Zugenommen haben deshalb vor allem Investitionen in sogenannte Gold Exchange Traded Funds (ETF), während die Nachfrage nach Gold für Schmuck sogar zurückgegangen ist, wie der «World Gold Council» schreibt.

Ein Mangel an Alternativen

Mit ETF ist es möglich, von der Wertveränderung von Gold zu profitieren, ohne es selbst zu halten. Doch die Anbieter dieser Fonds müssen das Gold physisch erwerben. Bereits im ersten Quartal ist deshalb die physische Goldnachfrage im Vergleich zum Vorjahr um 300 Tonnen angestiegen – so stark wie seit vier Jahren nicht mehr. Neuere Daten sind noch nicht verfügbar.

Schätzungen von Banken gehen davon aus, dass sie im laufenden Jahr auf 1000 Tonnen steigt. Damit verbunden wäre auch ein weiterer Anstieg des Goldpreises, denn die Goldfördermenge aus Minen nimmt seit 2015 kaum mehr zu, im letzten Jahr fiel sie sogar geringer aus. Das ist ist laut Mark Haefele, dem Chief Investment Officer der UBS, auf eingeschränkte Investitionen durch die Minenunternehmen zurückzuführen. Laut Haefele ist bis Ende September ein Goldpreis in Dollar von 2000 Franken pro Unze zu erwarten.

Den richtigen Moment noch nicht verpasst

Gegen einen erneuten Absturz des Goldpreises wie im Jahr 2013 sprechen eine Reihe von Gründen. Einen Anstieg der Teuerung – historisch einer der Hauptgründe für Gold als Absicherung – erwartet im Moment angesichts einer schwachen Konsumnachfrage zwar noch niemand. Doch wenn sie zurückkehrt und das Angebot der Unternehmen als Folge der Krise und möglicher Bankrotte beschränkt bleibt, sind höhere Preise wahrscheinlicher.

Für Investitionen in Gold spricht ausserdem der Mangel an Alternativen. Viele Beobachter bringen den jüngsten Preisanstieg mit eingetrübten Aussichten für die Wirtschaft der USA in Zusammenhang und mit dem Kursverlust des Dollars. Seit die US-Notenbank ihren Leitzins auch auf null Prozent gesenkt hat, gibt es praktisch risikolos nirgendwo mehr positive Zinsen zu verdienen.

Die Aktienmärkte sind bereits sehr hoch bewertet. Die massive Verschärfung der Beziehungen zwischen den USA und China schürt zudem weitere Unsicherheiten, die nicht so rasch wieder verschwinden dürften. Wer noch auf Altgold sitzt, muss sich deshalb kaum sorgen, den richtigen Moment für einen Verkauf bereits verpasst zu haben.