Haltung in der Formel 1Der nette Herr Vettel
Er vertreibt die Königsklasse aus Russland, findet Greta Thunberg klasse und trägt in Ungarn Regenbogenfarben: Der Deutsche traut sich, Probleme anzusprechen.
So schnell wie er war keiner. Erst seit wenigen Stunden lief am vergangenen Donnerstag der Angriff der russischen Armee in der Ukraine, als Sebastian Vettel mit Blick auf den geplanten Formel-1-GP im September in Russland klarstellte: «Ich werde dort nicht fahren. Meine Entscheidung steht fest. Ich finde es falsch, in diesem Land zu fahren.» Als er am Donnerstagmorgen aufgewacht sei und vom Einmarsch erfahren habe, sei er «schockiert» gewesen: «Ich finde es grauenhaft, zu sehen, was passiert ist.»
Am Freitag zog der Internationale Automobilverband FIA nach und blies den Grand Prix von Russland ab. Er war damit einer der ersten Sportverbände überhaupt, die nach dem Einmarsch Konsequenzen zogen und Russland mit einem Bann bestraften. Viele weitere folgten dem Beispiel in den letzten Tagen. Russland ist auch im Sport weitestgehend isoliert.
«Ich finde Greta klasse»
Es war kein Zufall, dass es Vettel war, der dieses schnelle Handeln der Formel 1 provoziert hat. Der 34-jährige Deutsche ist ein Mann mit Haltung. Jemand, der für das Gute einsteht. Der einer Klimaaktivistin wie Greta Thunberg gezielt den Rücken stärkt, obschon er weiss, dass er als gut verdienender Formel-1-Fahrer in einer bizarren Situation ist. Oder es gerade deshalb tut. «Ich finde Greta klasse. Es ist ermutigend, dass sie mit einer solchen Entschlossenheit für unsere Zukunft kämpft. Ein echtes Vorbild, dem die ganze Welt folgen sollte und vor allem ältere Männer mehr Gehör schenken sollten», sagte er Anfang Jahr über die Schwedin.
Vettel steht auch Fahrerkollege und Rivale Lewis Hamilton in dessen Kampf gegen Rassendiskriminierung bei und zählte zu den Fahrern, die schon beim ersten Protest des Fahrerfeldes für die «Black Lives Matter»-Bewegung im Sommer 2020 niederknieten. Er macht sich seit Beginn für die #WeRaceAsOne-Kampagne der Formel 1 stark, in deren Rahmen die Fahrer zu Zusammenhalt und gegen Diskriminierung aufrufen.
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Ausgerechnet beim Grossen Preis von Ungarn leistete sich Vettel das Versehen, ein regenbogenfarbenes Trikot ein bisschen zu lange anzubehalten, das er zum Zeichen von #WeRaceAsOne vor dem Rennen übergezogen hatte. So trug er das Leibchen entgegen der vereinbarten Prozedur noch, als bereits die Nationalhymne Ungarns gespielt wurde – in dem Land wurden vor kurzem strenge Regeln eingeführt, die das Leben von Homosexuellen sehr stark einschränken. Die Massnahmen sind ein persönliches Anliegen des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban.
Die FIA sprach gegen Vettel eine Verwarnung aus. Renndirektor Michael Masi bemühte das Reglement und erklärte gegenüber «Motorsport Total»: «Die Nationalhymne muss respektiert werden, und dafür haben die Fahrer ihre Rennanzüge zu tragen. Es müssen also alle Shirts oder dergleichen abgelegt werden.» Neben Vettel wurden auch Carlos Sainz, Lance Stroll und Valtteri Bottas bestraft. Gleich mehrere Anträge auf eine Verwarnung waren bei Masi eingegangen.
Er wollte ein kleines Zeichen setzen
Eine einzelne Verwarnung hat keine Folgen sportlicher Art, Vettel reagierte trotzdem irritiert. Zum einen habe unmittelbar vor dem Abspielen der Hymne Regen eingesetzt, er habe deshalb «vergessen», das Leibchen auszuziehen, gab er den Rennkommissaren zu Protokoll. Zum anderen, sagte er, sehr grundsätzlich werdend: «Irgendwie scheinen einige Leute damit ein Problem zu haben.» Er habe «ein kleines Zeichen der Unterstützung» an die Menschen in Ungarn senden wollen. «Dass es immer noch so viele Probleme damit gibt und Leute, die sich daran aufreiben, ist nicht nachvollziehbar.»
Dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert würden, sei «schade», sagt der vierfache Weltmeister weiter. «Ich glaube, dafür gibt es auch keine Entschuldigung.» Es sei aber auch «enttäuschend», zu sehen, wie die FIA und die Formel 1 mit der Situation umgingen. «Vor dem Rennen stehen wir alle auf dem Teppich und haben diese tollen Slogans. Trotzdem scheint das für manche ein Problem darzustellen. Das verstehe ich nicht.»
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