Cirillo stellt Strategie vorDer grosse Post-Umbau – das sind die wichtigsten Änderungen
Nach einem Jahr im Amt richtet Post-Chef Roberto Cirillo die Firma neu aus. Wie das geschehen soll.
Die Postauto-Affäre hat der Reputation der Post schwer geschadet. Daneben veränderte sich das angestammte Geschäft in den letzten Jahren zügig. Der neue Post-Chef sieht nun Korrekturbedarf: Nach über einem Jahr an der Spitze der Post baut Roberto Cirillo den Konzern grossflächig um.
Poststellenabbau wird gebremst
Die letzten Jahre waren geprägt von einem starken Abbau bei den Poststellen. Viele wurden ganz geschlossen, andere wurden in Partnerfilialen umfunktioniert oder bei Gemeinden untergebracht. Von der letzten Abbauwelle stehen noch Verhandlungen bei rund 180 Filialen aus, diese werden noch zu Ende geführt. Danach werde das Netz auf rund 800 eigenbetriebene Poststellen stabilisiert, schreibt die Post. Dort sollen nicht nur Postdienstleistungen angeboten werden: Dienstleister und Behörden sollen diese künftig mitnutzen können. «Die Partner, für die das Netz geöffnet wird, profitieren damit von der Serviceleistung der Post und der Möglichkeit, über das Post-Filialnetz ihren Kunden im digitalen Zeitalter einen physischen Kontakt zu bieten», schreibt die Post. Denkbar ist zum Beispiel, dass Versicherer ihre Angebote in einem «Shop-in-Shop»-Prinzip in den Poststellen anbieten können. Der Bereich PostNetz, also die Einheit, welche die Postfilialen betreibt, wird neu als rechtlich eigenständige AG geführt. Dies, um sie für «Drittpartner» zu öffnen, schreibt die Post. Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller betont allerdings, dass diese AG zu 100 Prozent in der Hand der Post bleibe.
Brief- und Paketpost werden zusammengeführt
Historisch gewachsen sind Brief und Paketpost eigenständige Unternehmenseinheiten innerhalb der Post. Während die Briefpost seit Jahren mit rückläufigen Mengen zu kämpfen hat, wuchs der Paketmarkt stark an. Während der Corona-Zeit gar so stark, dass die Post von den Mengen an Pakete überrannt wurde. Künftig werden die beiden Bereiche zusammengefasst. Gerade bei der Zustellung beim Kunden gibt es Überschneidungen der Bereiche, wo Synergien genutzt werden können. Wie dies am Ende genau aussieht für die Kundinnen und Kunden ist noch offen. Die letzte Meile soll zudem ausgebaut werden: «Die Menschen in der Schweiz wollen verstärkt sofort, überall und umweltfreundlich bedient werden – am liebsten direkt an der Haustür», schreibt die Post. Heisst: Die Post will ihre Pöstlerinnen und Pöstler nicht nur zum Verteilen von Post einsetzen, sondern auch verstärkt direkt in den Kundenkontakt schicken. Der zusammengeführte Bereich wird Logistik-Services heissen. Wer diesen führt, ist noch offen. Die beiden heutigen Chefs Ulrich Hurni und Dieter Bambauer werden es allerdings nicht sein.
Kommunikationsbereich wird ausgebaut
Mit dem neuen Konzernbereich Kommunikations-Services soll die Post am Geschäft mit der Digitalisierung teilhaben können. «Die Post stellt das bewährte Prinzip des Briefgeheimnisses auch in der digitalen Welt sicher», heisst es dazu. Dazu gehören etwa E-Health-Dienstleistungen – also zum Beispiel die sichere Kommunikation im Gesundheitswesen – oder digitale Lösungen für Gemeinden, die in den Kontakt mit ihren Einwohnern treten wollen – oder umgekehrt. Das Ziel: «Vertraulichen Daten sicher über einen vertrauenswürdigen Schweizer Anbieter austauschen», schreibt die Post. Dieses Geschäft erhält dadurch deutlich mehr Gewicht im Konzern und soll in Zukunft wachsen.
Post steckt 3 Milliarden in Umbau
Roberto Cirillo will viel Geld investieren, insgesamt 3 Milliarden Franken. Die Hälfte davon seien normale Investitionen, wie sie auch sonst getätigt würden. 1 Milliarde soll in das Wachstum bei der Logistik fliessen, 400 Millionen in die «Kommunikations-Services». Das Wachstum soll auch über Zukäufe erfolgen. Dies soll aus eigenen Mitteln finanziert werden, heisst es bei der Post. Dafür will die Post auch prüfen, inwiefern sie ihre Immobilien zu Geld machen kann. Und das «finanzielle Polster» der Post soll angezapft werden. Im Bereich Logistik ist der Fokus nicht nur auf das Inland gelegt, sondern dieser Bereich soll auch international wachsen. Man wolle in einem Radius von 400 bis 500 Kilometer im Ausland bei der Verarbeitung der Warenströme teilhaben, sagt Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller an einer Pressekonferenz. Denn: «Die Post hört nicht in Chiasso oder Genf auf», sagt Schwaller. Partnerschaften und Beteiligungen an Logistikplattformen sollen dabei helfen, sich ein grosses Stücks des wachsenden Marktes mit den Paketen zu sichern. Denn die Post wettet auf eine weiterhin wachsende Menge bei Paketen – angetrieben durch E-Commerce.
Arbeitsplätze sollen gesichert werden
Die Post versichert in ihrer Mitteilung, dass die Arbeitsplätze in der Produktion und in der Fläche gesichert seien, «auch wenn es zu Änderungen bei den Prozessen in der Sortierung und Zustellung kommt». Anders sieht es beim Kader aus. Dort könnten sich Aufgaben und Funktionen ändern, schreibt die Post. Gerade beim Zusammenführen von Brief- und Paketpost wird das der Fall sein. Die Post verspricht: Die neue Strategie ziele auf Wachstum ab, nicht auf eine Jobreduktion.
Postauto und Postfinance
Bei Postauto stand der grosse Umbruch nach der Postauto-Affäre bereits an. Dort gibt es keine Veränderungen mehr. Bei Postfinance hofft die Post weiterhin darauf, dass sie dereinst Hypotheken und Kredite vergeben kann. Dies ist ihr heute gesetzlich untersagt. Die politischen Diskussionen dazu werden derzeit geführt. Während der Corona-Zeit darf die Post denn auch bereits Kredite vergeben.
Strategie bis 2024
Ab dem 1. Januar 2021 soll die neue Konzernstruktur eingeführt werden, in der Brief und Paketpost zusammengeführt und die Kommunikations-Services als eigenständiger Bereich aufgebaut werden. Die Strategieperiode dauert bis 2024. Die Strategie sei aber langfristig ausgerichtete und lege den Fokus auf die nächsten zehn Jahre. Für die Entwicklung der neuen Strategie hat sich die Post externe Berater ins Boot geholt. Etwa im Bezug auf die letzte Meile McKinsey, wo Cirillo vor seiner Berufung zum Post-Chef Karriere gemacht hatte. Für die übergeordnete Konzernstrategie liess sich die Postspitze von Bain & Company beraten. Der geplante Verkauf von Immobilien deckt sich denn auch mit der Strategie von anderen Grossfirmen, die selber kaum mehr Immobilien besitzen, sondern sie verkaufen und sich danach wieder einmieten.
Gewerkschaft macht sich Sorgen
Die Gewerkschaft Syndicom will mitreden beim Umbau, wie sie in einer ersten Reaktion klarstellt. «Der Einbezug der Angestellten ist sicherzustellen – die Arbeitsbedingungen der Angestellten sind nicht verhandelbar», heisst es in einer Mitteilung. Man sehe zwar das Potenzial des geplanten Umbaus der Brief- und Paketpost, sei aber auch besorgt: «Versprechen werden nicht ausreichen», lässt sich der zuständige Sektorleiter Matteo Antonini in einer Mitteilung zitieren. Die Gewerkschaft werde auf Verpflichtungen beharren. «Ansonsten kann aus dem Umbau rasch ein Abbau werden», heisst es weiter. Ob das Umbauprojekt des neuen Chefs gelinge, werde die Gewerkschaft an den Arbeitsbedingungen der Angestellten messen.
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