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Meinung

Kommentar zu Impfzahlen
Der Anfang war harzig – jetzt muss es schneller gehen

Injektion mit Pfizer/Biontech-Impfstoff im Drive-in-Impfzentrum in Israel: Kein anderer Staat impft so schnell.
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Mit dem Beginn der Covid-Impfungen tut sich ein neuer Vergleich zwischen den Staaten auf: Sie werden nicht mehr nur an ihren nationalen Infektionsraten gemessen, sondern an derjenigen der Impfungen. Welche Staaten erhalten die meisten Impfstoffe und haben die höchste Impfrate? Israel ist dabei momentan Weltmeister, die Schweiz gehört zu den Schlusslichtern.

Doch dieser Vergleich führt in die verkehrte Richtung. Die Pandemie ist global. Die Forschung nach den Impfstoffen gegen das Coronavirus ist global, und auch die Impfungen sind global. Wir befinden uns nicht in einem nationalen Wettrennen, sondern in einem weltweiten Projekt.

Die Wissenschaft hat es geschafft, gleich mehrere Impfstoffe bereitzustellen: Denn zwischen den konkurrierenden weltweiten Pharmafirmen und Wissenschaftlern klappte die Kooperation. Nie haben sie so stark zusammengespannt, um ultraschnell Impfstoffe zu entwickeln und die Herstellung anzukurbeln. Die Universität Oxford etwa produziert ihr Vakzin nicht nur mit Astra-Zeneca, sondern auch mit dem indischen Serum Institut.

Die grosse Aufgabe ist jetzt, die Impfmittel zum Einsatz zu bringen, und zwar schnell. Jeden Tag sterben weitere Menschen. Je schneller geimpft werden kann, desto weniger müssen ihr Leben lassen. Doch die Organisation in der Schweiz hinkt hinterher, und der Unmut darüber ist gross.

Die Schweiz hat bei den Impfstoffen plötzlich die Zeitschiene gewechselt. Deswegen hinkt die Planung hinterher.

Der Grund ist klar, warum wir mit der Planung so spät dran sind: Die Schweiz lässt anders als Israel oder auch die USA die Covid-Impfstoffe nur in einem ordentlichen Prüfverfahren zu und erlaubt nicht schon vorab per Notfallfreigabe, mit dem Impfen zu beginnen. Bund und Kantone hatten sich deshalb auf einen Impfstart im Frühsommer eingestellt.

Dann kam die Überraschung von Swissmedic, die den ersten Impfstoff von Pfizer/Biontech noch im Dezember zuliess. Die Zulassungsbehörde konnte die Abläufe beschleunigen, weil sich die Ausgangslage plötzlich änderte: Die klinischen Studien brachten unerwartet klare Daten über Wirksamkeit und Verträglichkeit des Vakzins. Zugleich spitzte sich die Pandemie immer mehr zu, sodass die Abwägung zwischen dem Nutzen und dem Risiko eindeutig für eine schnelle, bedingte Zulassung des Impfstoffes ausfiel.

Es wäre Irrsinn, wenn Swissmedic den Impfstoff von Moderna nur wegen einer Betriebsbewilligung verzögert zulässt.

Swissmedic war zu Recht flexibel, hat schnell reagiert. Nun müssen auch Bund und Kantone ihren Zeitplan ändern und ihre Ressourcen und die Vorbereitungen für die Impfungen im Turbogang auf die Beine stellen. Aber auch die Lieferungen der Impfstoffe stellen ein Problem dar.

Bislang ist nur ein einziger Impfstoff in der Schweiz zugelassen. Zwei weitere Impfseren (Moderna und Astra-Zeneca) werden noch diesen Monat folgen. Im Falle von Moderna hängt es nicht nur an der Datenlage, wann der Impfstoff bei uns zum Einsatz kommen darf.

Es gibt ein zusätzliches Hindernis bei Moderna: Solange das US-Unternehmen keine Betriebsbewilligung für die Schweiz hat, darf Swissmedic seinen Impfstoff nicht zulassen, wie diese Zeitung berichtet hat. Wenn in der Schweiz allein aus diesem Grund Modernas Impfserum erst verspätet zugelassen und ausgeliefert werden sollte, während die Pandemie tobt und stündlich Menschen sterben, wäre das Irrsinn.

Israel soll Pfizer/Biontech für eine schnelle Lieferung das Doppelte gezahlt haben.

Wie aus dem Bundesamt für Gesundheit zu erfahren ist, verhandelt die Schweiz derzeit mit weiteren Impfstoffherstellern. Es dürften noch Lieferverträge mit anderen folgen. Dabei ist es nicht unbedingt so, dass, wer als Letzter bestellt, auch als Letztes beliefert wird. Israel hat laut Nachrichtenagentur Reuters Pfizer/Biontech für eine schnelle Lieferung den doppelten Preis von rund 30 Dollar bezahlt. Auch das ist ein Grund für den Impferfolg.

Auch die Schweiz könnte sich einen Aufpreis leisten. Denn auch bei ihr fiele er wegen der relativ geringen Menge nicht so stark ins Gewicht wie bei der EU oder den USA. Im November hat der Bundesrat das Budget für die Impfstoffe um 100 Millionen auf 400 Millionen Franken erhöht. Und auch das ist verschwindend wenig im Vergleich mit den bereitgestellten 40 Milliarden Franken für den ersten Lockdown oder gar mit den gesamten wirtschaftlichen Schäden der Pandemie.

Die Impfdosen an die Meistbietenden quasi zu versteigern, wäre aber der falsche Weg. Es würde der Schweiz auch wenig nützen, eine Insel der Geimpften zu sein, wenn in der globalisierten Welt die Pandemie weiter tobt.

Der israelische Historiker und Bestsellerautor Yuval Harari spricht in seinem Tweet zu Neujahr vom «Kampf der Menschheit gegen Covid-19». Die Wissenschaft habe bislang dabei triumphiert, die Politik aber sei ein Fiasko. «Nach einem Jahr Pandemie haben wir noch immer keinerlei weltweite Führerschaft oder weltweiten Massnahmenplan. Hoffentlich werden 2021 die Politiker endlich mit der Wissenschaft gleichziehen.»

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In der Schweiz braucht es jetzt einen Fokuswechsel: Nachdem die Wissenschaft und Swissmedic vorgelegt haben, müssen sich Bund und Kantone auf eine pragmatische Umsetzung der Massenimpfung konzentrieren. Die Dosen, die hierhergeliefert werden, müssen auch umgehend verimpft werden, statt ungenutzt im Armeelager zu liegen.