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Seit Jahren verzögerte Rückzahlung
Der AHV fehlen 10 Milliarden – weil die IV ihre Schulden nicht zurückzahlt

Wird die AHV nicht reformiert, sind ihre Kassen 2034 leer. Seniorinnen wären davon direkt betroffen. 
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Der AHV geht das Geld aus. Da wären zusätzliche Mittel sehr willkommen. Oder zumindest solches Geld, das eigentlich in den Topf der AHV gehören würde.

Das ist bei einer 10-Milliarden-Schuld der Invalidenversicherung (IV) der Fall. Seit Jahren ist diese nicht in der Lage, das Geld zurückzuzahlen. Die Pandemie verzögert das nun zusätzlich.

Um die Schulden abzubauen, sagten die Stimmberechtigten 2009 Ja zu einer befristeten Erhöhung der Mehrwertsteuer. So konnten die Schulden der IV von rund 15 Milliarden auf noch rund 10 Milliarden Franken gesenkt werden. Doch seit diese Zusatzfinanzierung ausgelaufen ist, verringert sich die Schuld nicht mehr.

Wann die Schuld ganz zurückbezahlt wird, ist völlig offen

Die neuste Finanzperspektive des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) vom Februar für die IV zeigt nun: Die Schuld wird auch in zehn Jahren noch bei rund 7 Milliarden Franken liegen. Wann sie ganz zurückbezahlt werden könnte, wird nicht ausgewiesen.

Es zeigt sich zudem: Innerhalb kurzer Zeit hat sich die Finanzperspektive der IV weiter verschlechtert. Neu eingerechnet ist da zum Beispiel die Weiterentwicklung der IV, die ab 2022 in Kraft treten soll. Konkret: Im vergangenen Sommer ging das Bundesamt in seinem Szenario davon aus, dass 2030 der Schuldenberg um fast 250 Millionen kleiner ausfallen wird als im neusten Szenario vom Februar.

Und bereits da hatte das Amt gewarnt, dass die IV ihre Schuld beim AHV-Fonds bis 2030 weniger stark abbauen könne als eigentlich gedacht. Die Differenz zum ursprünglichen Plan betrage rund 3,5 Milliarden Franken, wie sie damals verkündete.

Es geht deutlich länger als gedacht

Ein halbes Jahr später hat sich diese Lage also noch einmal verschlechtert. Doch wie Stéphane Rossini, Direktor des BSV, zur NZZ sagte: «Die Sozialwerke leiden kurzfristig unter der Pandemie, kommen aber langfristig nicht deswegen aus dem Gleichgewicht.»

Die eingetrübten Aussichten zeigen sich auch in der Perspektive, wann die IV mehr Geld einnehmen wird, als sie ausgeben wird. 2019 ging man davon aus, dass dies ab 2022 der Fall ist und somit bis ungefähr 2030 die Schulden abgebaut sind.

«Ein ständiges unrealistisches Hinauszögern, jetzt schon über das Jahr 2034 hinaus, ist weder angebracht noch plausibel und glaubwürdig.»

Alex Kuprecht, SVP-Ständerat Schwyz

Im September gab der Bundesrat in einer Antwort auf eine entsprechende Interpellation des derzeitigen Ständeratspräsidenten Alex Kuprecht (SVP) zur Antwort, dass sich wegen der Covid-19-Krise die finanzielle Stabilisierung in der IV verzögere. Diese werde voraussichtlich erst ab 2024 Umlageüberschüsse verzeichnen statt bereits ab 2022.

In der neusten Finanzperspektive vom Februar geht das BSV nun davon aus, dass die Einnahmen die Ausgaben erst 2025 übersteigen werden.

An der Sitzung vom Donnerstag wird die Interpellation von Kuprecht im Ständerat behandelt. Er brachte das Thema wieder aufs Tapet: «Ein ständiges unrealistisches Hinauszögern, jetzt schon über das Jahr 2034 hinaus, ist weder angebracht noch plausibel und glaubwürdig. Die AHV braucht diese finanziellen Mittel jetzt», schreibt er in seiner Interpellation.

Würde es der AHV gut gehen, hätten die Schulden der IV keine bedeutenden Folgen. Doch die AHV hat ein grosses Problem. Die Umlage der Gelder von Erwerbstätigen auf Pensionierte geht nicht mehr auf. Die steigende Lebenserwartung und geburtenstarke Generationen sind die Achillesferse der AHV. So droht bis 2034, dass der AHV-Fonds leer ist.

Deshalb beugte sich diese Woche der Ständerat über das Thema, um die erste Säule der Altersvorsorge zu reformieren. Knackpunkte dabei sind etwa die Erhöhung des Rentenalters für Frauen und die Höhe der Kompensation dafür.

Im Szenario, dass bis 2034 der AHV das Geld ausgeht, sind die Schulden der IV einberechnet. Sie sollten also bis 2034 zurückbezahlt werden können, sonst wird das Loch noch grösser. Doch es bestehen Zweifel, ob dies der IV aus eigener Kraft überhaupt möglich ist. Und das, obwohl die IV von der Bevölkerungsentwicklung profitiert, weil die AHV viele Leistungsbezügerinnen und Leistungsbezüger übernimmt.

Neue Modelle zur Schuldentilgung

Laut den Berechnungen des Bundes müsste die IV innerhalb der Jahre 2032 bis 2034 fast 7 Milliarden zurückzahlen. Dies, nachdem in den Vorjahren die Schuld um maximal eine Milliarde schrumpft.

Entsprechend kommen nun andere Modelle ins Spiel, um die Schulden der IV zurückzuzahlen und dies vor allem beschleunigt zu tun. Denn sonst droht der AHV-Fonds schon früher leer zu sein. So lässt der Bundesrat derzeit prüfen, ob die Verschuldung der IV «noch zeitgemäss» sei.

Zwei Szenarien, die dabei diskutiert werden: Die IV erhält aus der Bundestresorerie einen Betrag, um die Schulden zu tilgen. Oder sie geht an den Kapitalmarkt und beschafft sich so die Milliarden. Ein weiteres Szenario: Geld von der Nationalbank. Doch das scheint derzeit unrealistisch.