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Verspätung und Tech-Probleme
DeSantis’ Wahlkampfstart auf Twitter wird zum Desaster

Beim offiziellen Startschuss für die Präsidentschaftskandidatur von Ron DeSantis gab es technische Probleme bei Twitter – und anschliessend viel Spott.
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Nach ungefähr einer halben Stunde Sendepause konnte der Kandidat dann doch noch sprechen, Hunderttausende Zuhörer hatten da schon genervt oder erheitert aufgegeben. «Ich kandidiere für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten, um unser grosses amerikanisches Comeback anzuführen», sagte Ron DeSantis am Mittwochabend auf Twitter Spaces. Es klang wie alles an dieser Veranstaltung bestenfalls blechern, wie eine Stimme aus Elon Musks Weltall. Aber immerhin, DeSantis war zu hören.

Das Land bewege sich in die falsche Richtung, setzte er seine Bewerbungsrede fort. «Wir sehen es mit eigenen Augen und spüren es in den Knochen, unsere Südgrenze kollabiert.» Doch das Publikum hatte bis dahin vor allem mit eigenen Augen und eigenen Ohren erlebt, wie bei dieser amerikanischen Weltpremiere diese Abteilung von Twitter zusammenbrach.

Bis der Server kollabierte

Erstmals machte ein Amerikaner seine Kandidatur für das Weisse Haus live in diesem Netzwerk publik. Gemeinsam mit Elon Musk, dem Twitter gehört und dem dort 140,8 Millionen Menschen folgen. «Ein historisches Event», schwärmte der Besitzer Musk noch, als das Ereignis bereits in einen historischen Reinfall gemündet war. Mehr als eine halbe Million Interessenten hatten zwischendurch zugeschaltet, was zwar ohne grössere Fantasie zu erwarten gewesen war, die Server allerdings trotzdem überforderte.

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Es ging erst nichts mehr, nur Klagen, Entschuldigungen und irgendwie ausserirdische Geräusche waren zu vernehmen. «Preparing to launch», der Start wird vorbereitet, stand immer wieder minutenlang auf dem Account von Gastgeber Musk. Sein Gast DeSantis muss froh gewesen, dass sie gemeinsam nur mit Twitter abstürzten und nicht in einer von Elon Musks Raketen.

Den Gag mit der Rakete, die nicht mal abhob und einfach umfiel, streute natürlich Donald Trump mit einem Videoclip umgehend ein, im Internet machen ja schnell Witze aller Art die Runde. «Wow!», schrieb der ehemalige Twitter-Weltmeister auf seiner Plattform Social Truth. «Der Twitter-Start von DeSanctus ist ein Desaster! Sein ganzer Wahlkampf wird ein Desaster sein. Schaut!»

Trump giftelt, Biden spottet 

Trump, der seinen republikanischen Rivalen längst nicht mehr bei dessen richtigem Namen nennt, erweiterte zur Feier des Tages auch rasch einen mutmasslichen Satz aus einem früheren Gespräch mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un über dessen Atomwaffenpläne. Trump ist bekanntlich nichts, aber auch gar nichts zu bizarr. «Rob», postete er und meinte Ron DeSantis, «mein roter Knopf ist grösser, besser, stärker – und funktioniert (Truth!), deiner nicht.»

Zu dem roten Knopf wäre in diesem Zusammenhang zu erläutern, dass Nutzer bei Trumps Social Truth mit weissem Haken auf rotem Kreis markiert werden statt wie bei Twitter mit weissem Haken auf blauem Kreis. Selbst Joe Biden reihte sich kurz ein ins Heer der Spötter, als bei DeSantis und Musk gerade wieder die milliardenschwere Technik streikte. «Dieser Link funktioniert», twitterte der US-Präsident und verwies auf eine Website, über die für die Kandidatur von ihm und seiner Vize Kamala Harris gespendet werden kann. Später doppelter er nach und setzte einen Tweet ab, in dem er DeSantis’ technische Probleme mit seiner politischen Agenda verknüpfte. 

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Und nachdem der Anfang schon so grandios misslungen war, musste Ron DeSantis nachher obendrein erleben, wie die Fortsetzung eher zu einer Werbeveranstaltung für Elon Musk ausartete. Als die Übertragung auf dem weniger belasteten Account von Moderator David Sacks halbwegs funktionierte, da lobten von Sacks zugeschaltete Teilnehmer trotz des Crashs den Twitter-Eigner Musk und dessen vermeintlichen Kampf für die Meinungsfreiheit. Als sei DeSantis hier nur der Komparse.

«Wir müssen die Kultur des Verlierens beenden.»

Ron DeSantis, US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner 

So ging es also los mit der seit geraumer Zeit erwarteten Erklärung von Ron DeSantis, er ist nun doppelt verspätet. Trump hatte seinen Wunsch, ins Weisse Haus zurückzukehren, bereits im November vergangenen Jahres in seinem Palast Mar-a-Lago kundgetan. Biden bewirbt sich seit April offiziell um seine Wiederwahl. Ab sofort gibt es bei den Republikanern auch offiziell zwei Männer aus Florida, die den demokratischen Amtsinhaber herausfordern wollen.

Ab Februar 2024 wird entschieden, wer es sein soll, dann beginnen in Iowa die republikanischen Vorwahlen. DeSantis glaubt, dass er antreten soll, wenn seine Partei nicht wieder gegen Biden verlieren will wie Trump 2020. Auch wenn Trump und seine Verehrer diese Niederlage bis heute leugnen. Es gebe «keinen Ersatz für den Sieg, wir müssen die Kultur des Verlierens beenden», sagt DeSantis, man müsse vorwärtsschauen.

Gleichzeitig schaut DeSantis selbst zurück und schwärmt von seinem Einsatz während der Pandemie, als er die Beschränkungen früher aufhob als andere Gouverneure und damit erstmals landesweit auffiel. Bei den Zwischenwahlen 2021 wurde er daraufhin mit klarer Mehrheit auf seinem Posten bestätigt. Diesmal brauchte er auch anders als bei seinem knappen Erfolg 2018 keinen Beistand mehr von Trump, im Gegenteil, die beiden sind inzwischen schwer zerstritten.

Sein rechtskonservativer Kurs kam bei vielen Republikanern erst glänzend an: Floridas Gouverneur Ron DeSantis im Mai 2023.

Spätestens seit seinem Triumph vor einem guten halben Jahr galt DeSantis als Shootingstar der Republikaner, er schien Trump sogar vorübergehend überholt zu haben. Er ist erst 44 Jahre alt und deutlich jünger als Biden, 80, und Trump, 76, und hat erheblich weniger Probleme mit dem Rechtsstaat als der republikanische Anführer. Er ist Harvard-Jurist und Yale-Historiker, hat Baseball gespielt und die US-Navy im Irak beraten. Er zeigt gerne seine Familie wie aus dem Bilderbuch mit seiner Frau und Beraterin, der früheren Fernsehmoderatorin Casey DeSantis. Sein rechtskonservativer Kurs kam bei vielen Republikanern erst glänzend an.

Florida sei der Ort, an dem das Woke sterben werde, das ist einer seiner Sprüche. Oder dieser: «Make America Florida.» DeSantis liess Schwangerschaftsabbrüche nach der sechsten Woche verbieten sowie Unterricht über sexuelle Orientierung aus Grundschulen verbannen und ihm verdächtige Bücher aus Bibliotheken. Die Vereinigung zur Förderung schwarzer Amerikaner sprach wegen seiner Exzesse kürzlich eine symbolische Reisewarnung für Florida aus. DeSantis wurde zu einem der schärfsten Krieger des amerikanischen Kulturkampfes, er verwendet für seine Offensive gegen links Wörter wie «Freiheit» und «Normalität» und «Menschenverstand». Als Disney sich erlaubte, Kritik zu äussern, entzog er dem Konzern die Selbstverwaltung, dabei ist Disney World einer der wichtigsten Arbeitgeber Floridas.

Bis zu den Primaries kann viel passieren

Die Firma Disney, Heimat von Mickey Mouse, klagt dagegen und zog Investitionen zurück. Der Scherz von Mann gegen Maus macht seither die Runde, DeSantis könnte sich bei dem Duell verhoben haben. Ausserdem irritierte er mit dem Hinweis, der Krieg in der Ukraine sei ein «Territorialstreit». Gleichzeitig ist Trump seit seiner Anklage in New York wieder nationales Dauerthema und zieht seinem Herausforderer in den Umfragen davon. Warum, fragt ein Trump-Berater, solle man eine Band sehen wollen, die die Rolling Stones imitiere, wenn die wahren Stones noch auf Tour seien?

Also wieder das Original Trump, der Showman, statt des strauchelnden Aufsteigers aus Tallahassee? Auch das kurze Kandidatenvideo von Ron DeSantis wirkt nicht besonders mitreissend, doch die gegenwärtige Schwäche muss theoretisch nichts heissen. Bis zu den Primaries kann viel passieren, unter anderem bei den Ermittlungen und möglichen Prozessen gegen Donald Trump. DeSantis hat mehr als 100 Millionen Dollar an Spendengeld eingesammelt, auch Elon Musk könnte ihm noch hilfreich sein. Und wer schafft es schon, mit seinem Auftritt Twitter zum Absturz zu bringen?