Kommentar zur Personalpolitik der SwissDass die Entlassenen zurückkommen, ist bewundernswert – und macht ratlos
Die Airline hat Hunderte fortgeschickt, fordert die Übriggebliebenen bis zur Überarbeitung und bezahlt schlecht. Kaum schnippt sie mit den Fingern, sind die Geschassten aber wieder an Bord.
Nachdem die Swiss im Januar all ihren 334 im Sommer entlassenen Flight Attendants ein Rückkehrangebot gemacht hat, jubelt sie jetzt darüber, dass über die Hälfte dieses angenommen hätten. Die Medienstelle zitiert den Kabinenchef: «Das bestätigt uns, dass der spannende und vielseitige Beruf des Cabin Crew Member nach wie vor attraktiv ist.»
Es bestätigt tatsächlich, welch sensationelle Anziehungskraft die Luftfahrt auf Arbeitnehmende immer noch hat. Aber auch, wie Airlines mit dem Personal umspringen können, ohne sich dabei selbst zu schaden.
Die Swiss bezahlt Flight Attendants wie jenen, die sie im Sommer entlassen hat, für ein Vollzeitpensum inklusive Spesen weniger als 4000 Franken brutto. Sie entliess sie, obwohl sie gleichzeitig weiterhin Flüge an die deutlich günstigere Helvetic auslagert und obschon sie für sie Kurzarbeit hätte beziehen können.
Die Luftfahrt ist anders. Hier sind die Angestellten loyaler als in anderen Branchen.
Jeder andere Arbeitgeber, der seine Angestellten so auf die Strasse stellt, sieht diese nie wieder, da kann er noch so nett fragen. Zumal Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter ohne Probleme einen neuen Job finden würden. Sie sind mehrsprachig und gelten als kommunikativ talentiert und belastbar.
Aber die Luftfahrt ist anders. Selbst bei den Schweizer Airlines Helvetic und Chair, die nochmals deutlich schlechter bezahlen als die Swiss, sind die Angestellten loyaler als in anderen Branchen.
Es ist die Faszination Fliegen, eine Uniform tragen, jeden Tag die Sonne sehen, selbst wenn unten die Nebelsuppe über dem Land hängt. Mittagessen in Ljubljana, Abendessen in London.
Und dann ist da die Swiss. Die meisten Entlassenen arbeiteten im Sommer während der Kündigungsfrist weiter, obwohl sie nicht mehr mussten – das Gehalt hätten sie sowieso bekommen. Fragt man ihre Angestellten, aktuelle und ehemalige, erzählen sie vom Gefühl einer grossen Familie. Von einer Wagenburg-Mentalität, die sich wegen Corona- und Klimakrise herausgebildet hat.
Das mag das Erbe der stolzen Swissair sein. Es lässt einen ratlos zurück und ist gleichzeitig bewundernswert.
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