Abschied aus dem HomeofficeDann geht doch zurück in eure geliebten Büros
Unser Autor bleibt hingegen zu Hause und regt sich über die Office-Verklärung auf. Eine Polemik.
Der Bundesrat schafft die Homeoffice-Pflicht ab. Toll. Das freut euch wohl, ihr Bürofreunde? Endlich wieder mit all den anderen Pendlern in den Zug, ins Tram, ins Auto steigen, irgendwo hinfahren, nur um dort mit anderen eng zusammengepfercht zu sitzen und exakt die gleiche Arbeit zu tun, die ihr jetzt monatelang von zu Hause aus erledigt habt. Was für schöne Aussichten.
Nicht.
Keine Ahnung, warum ihr euch so auf die kalten Büroschluchten mit den mittlerweile abgestorbenen Gummibäumen freut. Auf die Post, die da seit zwei Jahren rumliegt, zusammen mit dem Güsel der Kollegin, die vor eineinhalb Jahren den Job gewechselt hat, aber ihren Abfall nie weggeräumt hat.
Ist es Gehirnwäsche? Ein Büro-Stockholm-Syndrom? Warum nur seid ihr in der Vorstellung gefangen, dass im Büro irgendwas besser sein sollte als zu Hause?
Denn das ist es nicht. Zu Hause ist das Paradies, im Büro die Hölle.
Ihr freut euch nun vielleicht auf den Austausch mit euren Kolleginnen und Kollegen, die ihr ja so fest vermisst habt. Bis ihr merkt, dass der Kollege, von dem ihr schon vor der Pandemie gedacht habt, dass er etwas streng rieche, immer noch nicht besser schmöckt. Dass die vom Pult vis-à-vis immer noch unlustige Witzchen auf eure Kosten macht. Und dass die Chefin immer noch viermal am Tag hinter eurem Pult durchläuft, um «per Zufall» mitzubekommen, was ihr gerade macht – oder eben nicht macht.
Da lob ich mir das Homeoffice. Dieser wohlige Kokon voller Ruhe und Entspanntheit.
Der Büroalltag ist Knechtschaft pur. Am Mittag muss man mit Menschen essen, die einen sonst schon den ganzen Tag auf den Geist gehen. Hosen mit Saucenflecken vom Vortag sind im Büro nicht akzeptiert. Und der 3-Monate-Bart, der zugegebenermassen mittlerweile etwas wild erscheinen mag, muss auch wieder weg.
Das Hauptargument, warum das Büro wichtig ist, ist ein Scheinargument: Die Arbeit im Büro soll die Kreativität steigern. Wenn wir uns etwa beim Kaffee ganz ungezwungen unterhalten können. Kreativität – ja, klar. Da wird hauptsächlich gelästert, Zeit verbraten, die man im Homeoffice mit richtiger Arbeit füllt.
Da lob ich mir das Homeoffice. Dieser wohlige Kokon voller Ruhe und Entspanntheit. Meine stressfreie Chambre de Refléxion, meine Festung der Arbeitseinsamkeit, die nur ab und an durch einen Anruf gestört wird.
Also geht ihr ruhig wieder zurück in eure Büros. Sprecht über Nichtigkeiten in der Pause, werft euch voller Freude in überfüllte Züge, verliert sinnfrei Zeit und Geld bei der Pendlerei.
Ich für meinen Teil bleibe, wo ich am liebsten arbeite: zu Hause.
Ihnen ist Ihr Laptop im Home-Office auf die Füsse gefallen und mussten deswegen in den Notfall? Sie haben keine Hose angezogen und sind während der Videokonferenz aufgestanden? Schicken Sie uns Ihre skurrilsten, Ihre peinlichsten und Ihre schönsten Homeoffice-Begebenheiten auf wirtschaft@tamedia.ch mit dem Betreff: Adieu Homeoffice.
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