Corona-Regeln missachtetCS-Präsident kommt mit Verstoss gegen Quarantäne-Regeln glimpflich davon
Bei der Verwaltungsratssitzung der Grossbank erklärt Präsident Horta-Osório seinen Fehltritt mit der irrtümlichen Anwendung der britischen Regeln.
Der Verwaltungsrat der Credit Suisse hat bei seiner Sitzung in New York jede Menge wichtiger Personalien festgezurrt. Die Kernsparte Vermögensverwaltung soll Francesco De Ferrari übernehmen. Der Italiener mit Schweizer Pass ist ein alter Bekannter, hatte er doch bei der CS bis 2018 das Asiengeschäft geleitet.
Die fünfseitige Pressemitteilung sagt indes kein Wort zur Personalie ihres Präsidenten: António Horta-Osório hatte Ende November gegen die Quarantäne-Regeln der Schweiz verstossen und war nach seiner Rückkehr aus London weiter nach Portugal geflogen, wie zuerst der «Blick» berichtet hatte. Der Fehltritt, der auch international Schlagzeilen auslöste, war aber ebenfalls Thema beim Treffen der Bank-Spitze, wie Personen mit Kenntnissen der Vorgänge berichten.
Demnach habe Horta-Osório auf der Version bestanden, dass er unwissentlich die Quarantäne-Regeln verletzt habe, und präsentierte dem Verwaltungsrat hierzu eine neue Erklärung, wie das passieren konnte:
«Sollten nicht noch neue, substanzielle Elemente bei der Affäre ans Tageslicht kommen, dürfte das Ganze für den Bankpräsidenten ausgestanden sein.»
Der Grund dafür sei, dass Horta-Osório sich versehentlich an den britischen Regeln orientiert habe. Diese sehen in der Tat vor, dass man nicht in Quarantäne muss, wenn man weniger als zwei Tage im Land bleibt. Bei der Ausreise wird zudem empfohlen, auf dem Weg zum Flughafen öffentliche Transportmittel zu meiden – was der machtbewusste portugiesisch-britische Doppelbürger allein aus Standesgründen tut und sich primär in einer chauffierten Limousine und im Privatjet bewegt. Diese Ausnahme-Regel von der Quarantäne, wie sie in Grossbritannien gilt, gab es in der Schweiz allerdings nie.
Dem Vernehmen nach kaufte ihm der Verwaltungsrat aber die Erklärung ab, dass er mit den verschiedenen Ein- und Ausreise-Regimes der Länder durcheinandergeraten sei. «Sollten nicht noch neue, substanzielle Elemente bei der Affäre ans Tageslicht kommen, dürfte das Ganze für den Bankpräsidenten ausgestanden sein», meinen Personen mit Kenntnissen der Vorgänge. Die Credit Suisse gab dazu keinen Kommentar ab.
Verwaltungsrat geht zur Tagesordnung über
Merkwürdig bleibt indes, dass der Berater der Bank, Ex-Ständerat Felix Gutzwiller, sich bei den Behörden vergeblich um eine Ausnahmeregel für den CS-Präsidenten bemüht hatte. Demnach hätte Horta-Osório eigentlich wissen müssen, dass er 10 Tage sein Haus in Wollerau SZ nicht verlassen darf.
Wie Quellen berichten, sei aber keine heftige Diskussion um den Lapsus des Präsidenten entbrannt, der Fall würde im Ausland auch weniger interessieren als in der Schweiz, wie zu hören ist.
Hierzulande ist der Fall noch bei der Finma hängig. Befragte Fachanwälte zweifeln indes daran, dass Horta-Osório wegen der Affäre von der Aufsicht wirklich Ärger droht – schliesslich betrifft der Quarantäne-Verstoss kein Aufsichtsrecht. «Die Finma steht mit der Bank in der Sache in Kontakt», heisst es dazu von der Aufsicht.
10’000 Franken Busse
Bleibt noch die Selbstanzeige Horta-Osórios bei den Behörden wegen seines Quarantäne-Verstosses. Die wird der CS-Präsident mit einer Busse aus der Welt schaffen können, laut «SonntagsZeitung» dürfte ihn das 10’000 Franken kosten, was bei einem Jahressalär von rund fünf Millionen Franken verschmerzbar ist.
Nach einer öffentlichen Entschuldigung vergangene Woche legte Horta-Osório Montag noch bei den Mitarbeitenden per Mail nach: «Sie werden letzte Woche in den Medien gelesen haben, dass ich gegen die Schweizer Quarantänebestimmungen verstossen habe. Ich möchte mich bei Ihnen allen entschuldigen», schreibt der Bank-Präsident an die Belegschaft.
Auch wenn sichtbare Konsequenzen ausbleiben dürften, gerade in der Schweiz wird die Episode die Glaubwürdigkeit des Verwaltungsratspräsidenten beschädigt haben. Denn Horta-Osório war angetreten mit dem Anspruch, dass jeder Mitarbeitende ein Risikomanager sein soll und alle Vorschriften zu beachten habe. Dass nun ausgerechnet der Mann für den erhofften Neuanfang bei der CS die eigenen Ansprüche selbst nicht erfüllt, scheint fatal.
Top-Frau verlässt die Bank
Mit der Umgestaltung der Geschäftsleitung will die Grossbank wieder nach vorne blicken. Der designierte Chef der Vermögensverwaltung Francesco De Ferrari wechselt indes vom australischen Finanzkonzern AMP zurück zur Credit Suisse. AMP ist in zahlreiche Skandale verwickelt, wie etwa Vorwürfe zu sexuellen Übergriffen von Topmanagern. Im Februar war zudem die Übernahme von AMP durch die US-Beteiligungsgesellschaft Ares geplatzt, worauf De Ferrari seinen Hut nahm.
Bei der Neubesetzung der CS-Geschäftsleitung fällt zudem der Abgang von Lydie Hudson auf. Erst im Juli 2020 hatte die Amerikanerin die Verantwortung für die neu geschaffene Sparte «Nachhaltigkeit» bekommen und wurde in die Geschäftsleitung befördert, was als Zeichen gewertet wurde, wie wichtig die Bank das Thema nimmt. Nun wird der Nachhaltigkeitsbereich aufgeteilt, die Produkte wandern in die Vermögensverwaltung, das Research in die Investmentbank. Und Hudson verlässt die Bank.
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