Kampf um Bankleute Credit Suisse leidet unter Abwerbe-Bonanza auf dem Finanzplatz
Die Banken jagen einander derzeit die besten Leute ab. Die Credit Suisse kommt besonders unter Druck. Aktuelles Beispiel: die Chefin des Kleinkundengeschäfts, Anke Bridge Haux.
Die Liste mit den Abgängen wird länger. Praktisch im Wochentakt vermeldet die Konkurrenz Neuzugänge, die von der Credit Suisse kommen. Vor wenigen Tagen kündigte Anke Bridge Haux, Mitglied der Geschäftsleitung der Credit Suisse in der Schweiz, ihren Abschied an. Die bisherige Leiterin des Kleinkundengeschäfts wird neue Chefin der hiesigen Niederlassung der LGT Bank. Alain Schmid, der neue Chef der Schaffhauser Kantonalbank, kommt ebenfalls von der Credit Suisse.
Zudem springen ganze Teams ab. Vor wenigen Tagen vermeldete das Finanzportal «Finews», dass zusammen mit dem Leiter des Lateinamerika-Geschäfts gleich mehrere Berater die Bank verlassen haben. Aus dem Umfeld der Bank Vontobel ist zu hören, dass Credit-Suisse-Kundenberater, die den griechischen Markt betreuen, zur Privatbank wechselten.
Oft nehmen Berater die Vermögen ihrer Kunden mit
Die Abgangswelle sei noch nicht vorbei, sagt ein hochrangiger Manager eines Konkurrenten. Denn Ende Februar werden die Boni bezahlt. Wenn Angestellte diese auf sicher haben, sind sie oftmals offener für einen Wechsel.
Die Gefahr: Wenn Kundenberaterinnen und Kundenberater abspringen, nehmen sie die Vermögen der Kundschaft zur neuen Bank. Für die Credit Suisse, von der im vergangenen Jahr 123 Milliarden Franken Kundengelder abflossen, ist das schmerzhaft. Denn damit schwinden die Ertragskraft und die Chance, die Bank aus der Verlustzone zu bringen.
Ein Sprecher der Credit Suisse versucht, den Exodus kleinzureden. Er sagt: «Das Interesse an Stellen bei Credit Suisse ist weiterhin gross, und wir konnten in den letzten Monaten verschiedene Positionen in der Schweiz und international auf unterschiedlichen Ebenen neu besetzen.»
Die Bank schickt gleich eine Liste mit einem Dutzend hochrangiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit, die sie in den letzten Wochen anwerben konnte. Darunter Frédéric Wüthrich, der von der UBS zur Credit Suisse kommt und sich in der Deutschschweiz um das Geschäft mit besonders vermögenden Kunden kümmern soll.
«Derzeit ist viel los im Markt.»
Es ist also ein stetes Kommen und Gehen. Der auf den Schweizer Finanzplatz spezialisierte Headhunter Klaus Biermann sagt: «Derzeit ist viel los im Markt.»
Eine Bank wie die Credit Suisse, die seit einiger Zeit in der Krise stecke, habe es gegenüber Instituten schwieriger, bei denen es gut laufe. UBS, LGT, die Liechtensteinische Landesbank oder die Zürcher Kantonalbank hätten es derzeit einfacher, Personal zu rekrutieren. Diese Banken seien zurzeit für Bewerberinnen und Bewerber attraktiver, sagt Biermann.
Viele Konkurrenten wollen derzeit bei der Credit Suisse gutes Personal abwerben. Das sei aber gar nicht so einfach: «Die Wechseltätigkeit ist nicht so massiv, wie sich erwarten lässt», sagt Biermann. Es sei so, dass viele gute Leute sich nicht so schnell abwerben liessen.
Die von Credit-Suisse-Chef Ulrich Körner ausgelobten Halteboni bieten einen Anreiz, trotz der Krise bei der Bank zu bleiben. Das scheint – zumindest vorerst – zu gelingen. Er sehe bei der Credit Suisse keine besonders starke Fluktuation, sagt Headhunter Bjørn Johansson. «Es gibt viele Führungskräfte, die einen solchen Turnaround mitmachen wollen.»
Der Kampf um die besten Leute spitzt sich zu. Besonders Kundenberaterinnen und Berater mit einer vermögenden Schweizer Kundschaft im Schlepptau finden derzeit leicht ein neues Dach. Schwieriger sei es aber, wenn die Klientel aus Ländern stamme, die für die Banken nicht als Wachstumsmarkt gelte. So heisst es aus der Branche, dass Berater von Privatbanken wie Julius Bär auf dem Markt seien. «Wir schauen uns an, ob sie zu uns passen», sagt ein Manager eines Konkurrenten. Er setzt darauf, dass die strengere Linie von Bär-Chef Philipp Rickenbacher, der mit dem laschen Umgang mit Geldwäschereiregeln aufgeräumt hat, sie vergraule.
Doch nicht nur die inländische Konkurrenz ist aktiv. Vermehrt schlagen Banken aus dem Ausland zu. US-Vermögensverwalter kämen stärker auf den Markt, sagt Headhunter Biermann. Sie werben derzeit in Zürich ganze Teams an, die aus der Schweiz heraus vermögende Kundschaft betreuen. Es sei zu lange ruhig gewesen, heisst es in der Branche. Die Pandemie habe viele Wechsel verzögert, da die Kundschaft nicht so einfach zu erreichen gewesen sei. Nun löst sich der Stau und die Beraterinnen und Berater wechseln wieder.
Bitter sind für die CS die Abgänge im Wachstumsmarkt Asien. Wie das Finanzportal «Finews» kürzlich berichtete, hat kürzlich die Singapur-Chefin Chien Chien Wong ihren Abschied verkündet. Sie reiht sich in eine ganze Reihe Spitzenkräfte ein, die die Bank verlassen haben und potenziell auch Kundengelder mitnehmen.
Banken wehren sich gegen Abgänge von Kunden
Doch ganz so einfach ist es nicht. Früher stand die vermögende Kundschaft einem Berater sehr nahe. Wechselte der die Bank, gingen die Kunden mit. Heute ist das schwieriger. «Zu uns haben Berater gewechselt, die kaum Kundenvermögen mitgebracht haben, andere haben viel gebracht», so der Manager einer Privatbank.
Das liegt daran, dass sich die Banken besser abgesichert haben. Ein Team von vier oder fünf Personen deckt verschiedene Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden ab. Etwa wie die Anlageberatung oder die Steuerplanung. Die Kundschaft aus so einer engen Betreuung herauszulösen, sei sehr viel schwieriger als früher. Die regulatorischen Anforderungen machten einen Wechsel aufwendiger.
So müsse eine Unternehmerfamilie heute zahlreiche Unterlagen vorlegen, bevor sie bei einer neuen Bank andocken könne. Ist es plausibel, dass die Familie so viel Geld hat? Dieser Prozess kann einige Monate dauern. Ein Kundenberater müsse seinem Kunden eine Geschichte erzählen können, weshalb sich der Wechsel lohne, sagt der Bankmanager. Die Krise der Credit Suisse könnte so eine Story sein.
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