Erfahrene Reporterin Cecilia SalaItalienische Journalistin in Teheran verhaftet, Rom gerät in Zwickmühle zwischen den USA und dem Iran
Teheran wirft Cecilia Sala «illegale Aktivitäten» vor. Doch vielleicht geht es auch nur darum, über Rom Druck auf Washington auszuüben. Schaltet Premierministerin Meloni nun Elon Musk ein?
Der Flug nach Hause war schon gebucht, Familie und Freunde erwarteten Cecilia Sala (29), Weihnachten war in Sichtweite. Dann aber wurde die italienische Auslandsreporterin am Tag vor dem geplanten Rückflug, am 19. Dezember, in Teheran verhaftet – und befindet sich seitdem im Evin-Gefängnis im Norden der iranischen Hauptstadt. Die römische Diplomatie wurde sogleich eingeschaltet, auch die Chefredaktion der Tageszeitung «Il Foglio» informiert. Der Vorgang kam aber erst mit einer Woche Verzögerung an die Öffentlichkeit.
Man habe zunächst gehofft, ihr mit Vertraulichkeit helfen zu können, schreibt «Foglio»-Chefredaktor Claudio Cerasa in einem Editorial, nachdem die Zeitung den Vorgang öffentlich gemacht hat. Damit ist das Schicksal der jungen Frau jetzt ein Topthema in Italien, Aussenminister Antonio Tajani spricht von einer «komplizierten Situation». Nach einer Woche konnte Roms Botschafterin im Iran, Paola Amadei, die Inhaftierte besuchen; es gehe ihr gesundheitlich so weit gut, berichtete sie.
Cecilia Sala sei eine erfahrene und sehr vorsichtige Journalistin
Im von der Organisation Reporter ohne Grenzen erstellten «Press Freedom Index 2024» nimmt Iran den 176. Platz unter 180 Ländern ein. Menschenrechtsgruppen werfen dem Iran vor, durch die Festnahme von Journalisten Zugeständnisse von anderen Ländern erzwingen zu wollen; der Iran bestreitet das. Cecilia Scala wird all das gewusst haben. Nach übereinstimmenden Informationen hat sie sich vorsichtig verhalten und in voller Transparenz recherchiert. Sie reiste mit einem Journalistenvisum, hatte alle geplanten Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner im Voraus gemeldet und sei von einer offiziell akkreditierten iranischen Dolmetscherin begleitet worden.
Die als erfahrene Reporterin beschriebene junge Frau ist schon seit Jahren in Krisenherden der Welt unterwegs, in Afghanistan, der Ukraine, im Nahen Osten. Neben ihrer Verbindung zu «Foglio», einer eher kleinen, aber renommierten Zeitung, ist sie vorwiegend durch ihren Aussenpolitik-Podcast mit dem Titel «Stories» bekannt geworden, sie ist auch eine gefragte Gesprächspartnerin im Fernsehen.
Die Gründe für die Verhaftung sind unklar, die iranischen Behörden sprechen bisher nur von «illegalen Aktivitäten», ohne dies näher zu erklären. Mittlerweile scheint sich der Verdacht zu erhärten, dass die Journalistin ohne eigenes Zutun zu einer staatlichen Geisel geworden ist. Denn wenige Tage vor ihrer Verhaftung war am Mailänder Flughafen Malpensa ein Iraner festgenommen worden, gegen den ein von den USA ausgestellter internationaler Haftbefehl vorlag. Der Mann, der sich angeblich auch in der Westschweiz aufgehalten hat, wird verdächtigt, in den USA illegal elektronische Komponenten für den Bau von Drohnen beschafft zu haben; die USA fordern seine Auslieferung.
Meloni nicht nur begeistert von Trump
Seine Freiheit gegen die der Journalistin: Sollte der Iran tatsächlich ein Dreiecksgeschäft einfordern, würde die römische Regierung in eine komplizierte Zwickmühle geraten. Einerseits will man die Italienerin schnellstmöglich freibekommen, andererseits gilt es als unklug, sich gegen die US-Regierung zu stellen. Zumal in der Phase des Machtübergangs vom besonnenen Präsidenten Joe Biden zum hitzköpfigen Donald Trump versucht Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bisher, einen Mittelweg zu halten. Die Begeisterung, die ihr rechtspopulistischer Vize und Parteichef der Lega, Verkehrsminister Matteo Salvini, seit Wochen für Trump an den Tag legt, hat sich Meloni, obwohl politisch ebenfalls weit rechts stehend, offiziell nicht zu eigen gemacht.
Für die erste Januarhälfte 2025 ist noch ein Treffen mit Biden vorgesehen, der sich zu einem Abschiedsbesuch bei Papst Franziskus angekündigt hat und mehrere Tage in Italien bleiben will. Danach wird Meloni sich auf Trump umorientieren, dem sie politisch nahesteht, von dessen protektionistischer Handelspolitik die weltoffene Wirtschaftsnation Italien aber einiges zu befürchten hat. Die USA herauszufordern, indem man den verhafteten mutmasslichen Waffenhändler auf freien Fuss setzt, wäre menschlich naheliegend, aber womöglich politisch folgenreich.
In italienischen Medien wird bereits spekuliert, dass Meloni ihren engen persönlichen Freund Elon Musk einschalten könnte, der jetzt für Trump arbeitet, aber auch für seine Geschäftsbeziehungen mit dem Iran bekannt ist und dort gut vernetzt sein soll.
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