Tamedia-NachbefragungSelbst bei den Bürgerlichen fiel die BVG-Reform durch – und wie
Die Wählerinnen und Wähler von SVP, FDP und Mitte haben die Rentenreform mehrheitlich abgelehnt. Zum Teil heftig, wie unsere Nachbefragung zeigt.
Das muss den Befürwortern der BVG-Reform zu denken geben: Sie haben nicht einmal die Basis von SVP, FDP und Mitte überzeugen können. Am extremsten manifestiert sich dies bei der SVP: Unter ihren Wählerinnen und Wählern haben 70 Prozent Nein gestimmt, wie eine Nachbefragung von Tamedia und «20 Minuten» ergeben hat.
Dies ist nicht nur eine Klatsche für die Befürworter, sondern auch für die SVP-Spitze, die für ein Ja getrommelt hat. Im August hatten sich die SVP-Delegierten noch mit 174 zu 37 Stimmen klar für die BVG-Reform ausgesprochen. Dort war Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard mit seinen Gegenargumenten unterlegen. Nun kann er aber nach der 13. AHV-Rente einen zweiten grossen sozialpolitischen Sieg feiern. Auch dank der SVP-Basis. Einmal mehr zeigt sich, dass diese sozialpolitisch anders tickt als ihre Vertreterinnen und Vertreter.
Auch die Mitte-Basis ist ihrer Parteispitze nicht gefolgt. Vielmehr stimmte sie zu fast zwei Dritteln gegen die Rentenreform. Selbst bei der FDP hat laut unserer Nachbefragung eine Mehrheit ein Nein eingelegt. Wobei diese 53 Prozent mit Vorsicht zu geniessen sind, weil der Fehlerbereich bei einzelnen Parteien bis zu fünf Prozentpunkte betragen kann.
Einzig die GLP-Wählenden stimmten mehrheitlich zu – allerdings nur sehr knapp mit 51 Prozent, was ebenfalls im Fehlerbereich liegt. «Offensichtlich ist es den Befürwortern nicht gelungen, die Leute von der Notwendigkeit der Reform zu überzeugen – weder links noch rechts», sagt Politologe Fabio Wasserfallen, der die Nachbefragung mit seiner Firma Leewas durchgeführt hat.
Bei Frauen fiel die Reform deutlicher durch
Im Abstimmungskampf hatte der Arbeitgeberverband versprochen: «Es gibt mehr Rente für tiefe Einkommen und für viele Frauen.» Doch die Botschaft kam beim Zielpublikum nicht wirklich an – trotz der gut drei Millionen Franken, welche die Befürworter in den Abstimmungskampf stecken konnten.
Sowohl die Frauen als auch die Schlechtverdienenden hörten eher auf die Gewerkschaften. Und die warnten vor: «Mehr bezahlen – weniger Rente». Nun zeigt sich, dass die Reform bei den Frauen noch deutlicher durchfiel als bei den Männern.
Interessant ist auch ein Blick auf die Einkommensklassen: Unter jenen, die monatlich weniger als 10’000 Franken verdienen, haben nur 30 Prozent ein Ja eingelegt. Gemäss unserer Nachbefragung fürchteten die Schlechtverdiener vor allem die höheren Lohnabzüge – noch mehr als die Rentenreduktion aufgrund des sinkenden Umwandlungssatzes. Besser kam die Reform bei den Grossverdienern mit einem Monatslohn von über 16’000 Franken an. Unter ihnen stimmten immerhin 47 Prozent dafür.
Besonders gross war dagegen die Ablehnung bei den 50- bis 64-Jährigen – also bei jenen, die in nächster Zeit pensioniert werden. Unter ihnen votierten über 70 Prozent dagegen. Die Jüngeren hingegen waren der Reform wohlgesinnter, wobei es auch dort nicht für eine Ja-Mehrheit reichte.
Bei der Biodiversität funktionierten die Parteiparolen
Anders als bei der BVG-Reform stimmten bei der Biodiversitätsinitiative die meisten so, wie es ihre Lieblingspartei empfohlen hatte: die Linken und die Grünliberalen dafür, die Bürgerlichen dagegen. Nicht einmal ein Viertel der SVP-, FDP- und Mitte-Wählenden mochte ein Ja einlegen.
Vor allem auf dem Land hatte es die Biodiversitätsinitiative schwer. Hier votierten 69 Prozent dagegen. Deutlich besser kam sie in den Städten an. Unsere Nachbefragung ergab aber auch dort eine knappe Nein-Mehrheit, wobei die 52 Prozent im Fehlerbereich liegen.
Interessant ist schliesslich auch bei dieser Vorlage die Differenz zwischen den Geschlechtern. Während die Männer die Biodiversitätsinitiative mit 66 Prozent klar ablehnten, waren es bei den Frauen mit 60 Prozent weniger.
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