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Fehlbare Freiheitsikone im Visier der Junta
Burmas Generäle inszenieren Schauprozess gegen Aung San Suu Kyi

76 Jahre alt und an einem unbekannten Ort weggesperrt: Es wäre ein Wunder, wenn Aung San Suu Kyi einer Verurteilung entginge. 
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Hoffe auf das Beste, bereite dich auf das Schlimmste vor. Leser des Bestsellerautors Lee Child kennen den Spruch. Krimiheld Jack Reacher packt ihn gerne aus, wenn er auszieht, um die übelsten Verbrecher niederzuringen. «Hope for the best, prepare for the worst.» So lautet nun auch die Marschrichtung, die das Anwaltsteam der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zur Verteidigung seiner Mandantin vor Gericht ausgegeben hat.

Anders gesagt: Es wäre ein Wunder, wenn sie einer Verurteilung entginge. Denn anders als in den erdachten Welten eines Krimis wäre es naiv, zu glauben, dass Suu Kyi hier noch einmal davonkommen könnte. Was auf die entmachtete zivile Regierungschefin Burmas nun zukommt, wird sie selbst wissen, schliesslich hat sie Jahrzehnte im Konflikt mit dem machthungrigen Militär verbracht.

Jeden Montag vor Gericht

Sie zog einst aus, um ihrem Land Demokratie und Freiheit zu bringen, dafür opferte sie viel. Und was es bedeutet, die Generäle zum Feind zu haben, bekommt sie nun, im Alter von fast 76 Jahren, noch einmal mit aller Härte zu spüren. Zweimal nur durfte sie ihre Anwälte treffen. Ansonsten ist sie an einem unbekannten Ort weggesperrt.

Künftig soll sie nun jeden Montag als Angeklagte vor einem Gericht erscheinen, das mit Gerechtigkeit offenbar nicht viel im Sinn hat. Denn es sind die Putschisten, die seit dem 1. Februar die Demokratiebewegung im Land plattwalzen und dabei auch die Justiz missbrauchen. So inszenieren sie einen perfiden Schauprozess.

Konfrontiert mit angeblichen Vergehen, die teils grotesk wirken

Am Montag nun hat ein erster Prozess gegen die von der Militärjunta entmachtete De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi begonnen. Das Ziel des Spektakels ist für alle absehbar: Suu Kyi soll als politische Akteurin für alle Zeit ausser Gefecht gesetzt werden. Sie ist konfrontiert mit angeblichen Vergehen, die teils grotesk wirken, wie zum Beispiel dem Gebrauch nicht lizenzierter Funkgeräte. Ausserdem will die Junta nachweisen, dass sich Suu Kyi im Amt mit 600’000 Dollar und Gold bestechen liess und gegen Corona-Regeln verstiess. In einem weiteren Verfahren soll sie schliesslich eines besonders schwerwiegenden Vergehens überführt werden: Anstiftung zum Aufruhr.

Die Generäle, die alle Strippen ziehen, befördern so das Bild einer gierigen, korrupten Politikerin, die obendrein Hochverrat begangen haben soll. Jeder in Burma weiss, wie lächerlich das wirkt, denn diese Frau hat wohl niemals Politik betrieben, um sich zu bereichern. Darin übten sich vielmehr die Generäle. Doch der herrschenden Junta geht es allein um den formalen Akt einer Verurteilung, so hohl die Vorwürfe auch sein mögen.

Der Nimbus als Freiheitskämpferin bröckelt

Suu Kyi hatte einst als Ikone der Freiheitsbewegung weltweiten Ruhm erlangt, sie weiss, was Gefangenschaft bedeutet. 15 Jahre lang war sie weggesperrt, bevor sie 2010 von einem Militärherrscher entlassen wurde, der den Weg für zaghafte Reformen freimachte. Fünf Jahre später folgte Suu Kyis spektakulärer Wahlsieg, 2020 triumphierte sie dann erneut. Doch es war diese Popularität, die den Generälen wohl ungeheuer wurde.

Die internationale Sicht auf ihre Regierungszeit änderte sich zuletzt, ihr Nimbus als Freiheitskämpferin bröckelte, weil sie keine offene Kritik an dem mörderischen Feldzug der Armee gegen die muslimischen Rohingya wagte. Mehr noch: Als sie die Generäle vor der internationalen Justiz sogar gegen Vorwürfe des Völkermords in Schutz nahm, wirkte sie wie eine Komplizin der Generäle.

Verschlossen und erhaben über jeden Rat

Was wirklich in ihr vorging, hat sie nie öffentlich gemacht in jener Zeit. Sie blieb verschlossen, ging ihren eigenen Weg, wie sie es immer schon getan hat, erhaben über jeden Rat, nur der eigenen Logik folgend. Anders als im Ausland ist sie für die Mehrheit in Burma noch immer eine Volksheldin. Das macht es für die Junta aber nur noch dringlicher, ein Exempel zu statuieren. Alle sollen ihre Ohnmacht spüren, wenn die Armee Suu Kyi zur Schwerverbrecherin stempelt: Was Recht und Unrecht ist, bestimmen nur die Generäle.