Schauprozess in BurmaMilitär wirft Suu Kyi auch Gier und Bestechlichkeit vor
Kurz vor der Gerichtsverhandlung gegen die inhaftierte Regierungschefin bringen die Putschisten neue Anschuldigungen vor.
Man kann lange suchen, aber ein Foto von Aung San Suu Kyi ist in der Zeitung «Global New Light of Myanmar» am 10. Juni nicht zu finden. Stattdessen zeigt das Sprachrohr der herrschenden Generäle auf Seite 11 zwei Flussdelfine, die freundlich und ausgelassen aus dem Wasser springen.
Es ist eine zynische Kombination an jenem Tag, denn auf derselben Seite vermeldet die Junta auch neue Vorwürfe gegen die inhaftierte Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Sie gibt bekannt, dass nun auch noch ein Verfahren wegen Korruption gegen sie eingeleitet wird, zu all den anderen angeblichen Verfehlungen.
Bezeichnenderweise nimmt der jüngste Bericht in der vom Militär gesteuerten Presse das Urteil quasi schon vorweg: «Sie wurde für schuldig befunden, ihr Amt missbraucht zu haben», steht dort zu lesen.
Angebliche Bestechung mit 600’000 Dollar und Gold
Angefangen hatten die juristisch verkleideten Attacken mit teils bizarren Vorwürfen, etwa, dass Suu Kyi gegen Bestimmungen des Imports und Exports verstossen habe, indem sie angeblich nicht lizenzierte Funkgeräte benutzt habe. Nächsten Montag soll mit der Verlesung mehrerer Anklagepunkte ein erster Prozess beginnen, andere werden voraussichtlich folgen. Dabei soll es auch um angebliche Anstiftung zum Aufruhr gehen.
Nun sattelt die Junta kurz vor Prozessbeginn weitere Vorwürfe oben drauf. So soll die Staatsrätin in ihrem Amt 600’000 Dollar und Gold als Bestechungsgeld von einem hohen Amtsträger in der Region Yangon angenommen haben, wie es die Helfer der Junta vorbringen. Ausserdem soll es beim Erwerb von Land für ihre wohltätige Stiftung nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.
«Wir sind nicht zufrieden mit den Möglichkeiten, die der Angeklagten zustehen.»
Die neusten Vorwürfe zeichnen Aung San Suu Kyi als eine bestechliche und gierige Frau, doch das sagt vermutlich mehr über die Generäle aus als über die Inhaftierte. Alles deutet darauf hin, dass es sich «bei den Verfahren um nicht viel mehr als einen Schauprozess» handelt, wie es der Burma-Experte David Scott Mathiesen formulierte. «Es geht um ein illegales Regime, das eine demokratisch gewählte Führung durch fabrizierte Anschuldigungen diskreditieren will», sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Es ist ein durchschaubares Manöver. Doch scheint die Junta entschlossen zu sein, es durchzuziehen mit dem Ziel, die Staatsrätin für den Rest ihres Lebens von politischer Betätigung auszuschliessen und womöglich lebenslang hinter Gitter zu bringen.
Suu Kyi hat mehrere Anwälte, das Team leitet Khin Maung Zaw, der in einem Fernsehinterview eher diplomatisch umschrieb, wie frustrierend seine Arbeit ist: «Nach unserer Erfahrung mit diesem Fall sind wir nicht zufrieden mit den Möglichkeiten, die den Angeklagten zustehen.» Neben Aung San Suu Kyi muss sich auch Präsident Win Myint vor Gericht verantworten. Die 70-Jährige hatte diesen Vertrauten für den Posten des Staatschefs ausgewählt, weil ihr selbst das Amt durch eine Sperrklausel verwehrt ist.
Wo Suu Kyi festgehalten wird, ist unklar
«Ich kann nicht sagen, ob ihnen faire Prozessrechte gegeben werden», liess Anwalt Khin Maung Zaw verlauten. Ende Mai hatte ihm die Polizei nur 30 Minuten gewährt, um mit seinen prominenten Klienten zu sprechen. Und er betont: «Ich habe noch nie einen Staatsvertreter getroffen, der ehrlicher und unbestechlicher gewesen wäre als Aung San Suu Kyi.»
Anfangs wurde sie noch in ihrer Villa in der Hauptstadt Naypyidaw aufgehalten. Inzwischen aber glauben ihre Anhänger zu wissen, dass sie an einen anderen Ort verlegt wurde. Die von der früheren Junta konzipierte Hauptstadt, die mit ihren 20-spurigen Autobahnen wirkt wie auf einem anderen Stern, soll auch über unterirdische Bunker verfügen, die möglicherweise dazu dienen, Gefangene zu verstecken.
Doch wo Suu Kyi tatsächlich festgehalten wird, zählt noch immer zu den bestgehüteten Geheimnissen der Junta.
Fehler gefunden?Jetzt melden.