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Sanktionen gegen Russen
Bund will Kantonen bei Suche nach Oligarchen-Vermögen helfen

Das Golfhotel Les Hauts de Gstaad auf einem Archivbild. Im Gebäudekomplex hat der Oligarch Pjotr Awen, der auf der Sanktionsliste steht, eine Wohnung. Sie ist in Privatbesitz und hat mit dem Hotel nichts zu tun.
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Die Schweiz hat beschlossen, die EU-Sanktionen grundsätzlich zu übernehmen. Das heisst, dass Vermögen der knapp 900 sanktionierten Personen und 62 Unternehmen auch in der Schweiz eingefroren werden. Nun ist ein Streit darüber entbrannt, inwieweit die Kantone bei der Suche nach Oligarchen-Geldern mitwirken müssen.

Aus Sicht des zuständigen Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) ist die Sache klar: Jede Person und Institution, die von Vermögen sanktionierter Personen weiss, muss das dem Seco melden. So steht es in der Sanktionsverordnung. Die gilt auch für die Kantone und damit auch für die Steuer- oder Grundbuchämter.

Genf wartet ab

Den Kantonen ist dagegen nicht so klar, dass sie nun aktiv werden müssen. So erklärt Dejan Nikolic, Sprecher der Genfer Finanzdirektorin Nathalie Fontanet (FDP): «Natürlich hat der Bundesrat Sanktionsbeschlüsse gefasst, und wir werden jedem formellen Ersuchen nachkommen, das von einer zuständigen Behörde an uns gerichtet wird.»

Das heisst: Solange aus Bern niemand anruft oder schreibt, machen wir von uns aus nichts. Für Aufregung sorgten auch Aussagen des Zuger Finanzdirektors Heinz Tännler im Fernsehen SRF. Er sehe keinen Handlungsbedarf, zudem seien die Kantone an das Steuergeheimnis gebunden. 

Diese Aussagen relativiert Tännler nun: Er habe die Frage in der Zwischenzeit abklären lassen, sagt der Zuger Finanzdirektor dieser Zeitung. Das kantonale Steuergeheimnis greife in diesem Fall nicht, das neuere Bundesrecht gehe vor.

Dass es zu Verwirrungen kam, ist nach Ansicht Tännlers die Schuld des Seco. Dieses habe die Kantone überhaupt nicht informiert. Mehrere Kantone haben sich deshalb bei Wirtschaftsminister Guy Parmelin beschwert. 

Das kritisierte Amt reagiert nun: In den kommenden Tagen will das Seco den Kantonen ein Merkblatt zur Verfügung stellen, das die wichtigsten Rechtsfragen klärt. Darauf setzt auch Tännler. 

«Es geht um heikle Daten. Ich will keine Klage riskieren.»

Heinz Tännler, Finanzdirektor Kanton Zug

Aus seiner Sicht muss der Bund bei der Jagd nach Oligarchen-Geldern die Führungsrolle einnehmen. Dazu gehörten auch einheitliche Prozesse und Tools, damit nicht jeder Kanton das Rad neu erfinden müsse. Die Kantone stellten sich nicht gegen eine Umsetzung der Sanktionen, betont Tännler. Aber die Sache müsse professionell aufgegleist werden.

Viele Fragen seien offen, so Tännler. «An wen müssen wir Meldung erstatten? Und wie? Per E-Mail? Verschlüsselt? Per Post? Muss eine Firma, bei der es sich mutmasslich um die Zweigniederlassung einer sanktionierten Firma handelt, auch gemeldet werden? Und welche Dokumente müssen wir genau einreichen? Die Jahresbilanz? Die Steuererklärung?» Es gehe um heikle Daten, stellt Tännler fest. «Ich will keine Klage riskieren.» So ergehe es auch anderen Kantonen. «Es ist kein Problem des Kantons Zug.»

Wenn es darum geht, Vermögen sanktionierter Russen einzufrieren, geht die von SP und Grünen dominierte Genfer Regierung offenbar davon aus, dass dies in erster Linie die Aufgabe der Banken ist, weil dem Staat schlicht die Rechtsmittel fehlen, erstens nach Geldern zu suchen und zweitens eine Blockierung anzuordnen. 

Wie ergiebig sind die Steuerakten?

Das Seco will nun die geforderten Klärungen nachreichen, was genau die Kantone zu tun haben. Ob die Analyse der Steuerakten aber bei der Suche nach Vermögen von sanktionierten Russen viel bringen wird, beurteilt das Seco skeptisch. Denn vermutlich wohnten nur eine Handvoll sanktionierter Russen in der Schweiz und versteuerten hier ihre Einkünfte, heisst es beim Seco.

Die wichtigste Quelle bei der Jagd nach Oligarchen-Geldern bleiben aus Sicht des Amtes Banken und die Grundbuchämter. Vergangene Woche hatte das Seco eine erste Zwischenbilanz gezogen: Demnach sind dem Amt bisher Vermögenswerte von 5,75 Milliarden Franken von sanktionierten Personen gemeldet worden – der grösste Teil der Meldungen stamme von Banken, hatte der zuständige Seco-Botschafter Erwin Bollinger erklärt.

Auch wenn offenbar noch keine Angaben aus den Steuerdossiers zu Vermögenssperren führten, kommen die Kantone bei der Durchforstung der Grundbuchämter voran. Laut Seco haben mittlerweile vier Kantone insgesamt zehn Liegenschaften gemeldet und gesperrt. 

Zollfreilager geraten in den Fokus

So hat Genf gemäss Recherchen der Westschweizer Tamedia-Redaktion eine Villa im Stadtteil Conches sowie Wohnungen in Cologny und Petit-Saconnex gesperrt. Die Eigentümer dürfen dort weiterhin wohnen, aber die Liegenschaften weder vermieten noch verkaufen.

Eine mögliche Fundstelle für Oligarchen-Vermögen könnten die Schweizer Zollfreilager sein. Diese dienen eigentlich dazu, den Transit von Waren zu erleichtern, haben sich aber längst zu einer beliebten Verwahrstelle für Edelmetalle, Kunst und andere Wertgegenstände entwickelt. 

Der Vorteil aus Sicht der auf Diskretion erpichten Kundschaft: Zollfreilager unterliegen nicht der Geldwäscherei-Gesetzgebung, anders als Banken müssen sie nicht abklären, wer der wahre Besitzer der eingelagerten Gemälde ist.

Nun nimmt sich der Zoll diese Lager vor: Das Bundesamt für Zoll «prüft, ob sich Vermögenswerte von sanktionierten Personen in den Zolllagern befinden», teilte das Amt mit.