Neues Bundesportal zur VersorgungslageDatenqualität des Energiedashboards hinkt noch hinterher
Seit Mittwoch kann man Strom- und Gasverbrauch in der Schweiz online abrufen. Die Versprechen des Bundes waren gross – das Portal lässt jedoch zu wünschen übrig.
Transparente und aktuelle Daten über den Strom- und Gasverbrauch in der Schweiz fehlten bislang. Nun hat der Bund am Mittwoch erstmals sein Energie-Dashboard lanciert, das Aufschluss über den Energieverbrauch der Schweizerinnen und Schweizer geben sollte. Das Versprechen, aktuelle Daten zu liefern, löste der Bund jedoch nicht ein. Denn die jüngst verfügbaren Daten sind um die eineinhalb Monate alt. Wie sich die Schweiz bislang energietechnisch durch den Winter schlägt, wird sich erst im neuen Jahr zeigen.
Das Bundesamt für Energie (BFE) verteidigte das Projekt: Trotz einiger Schwachstellen liefere das «Energiedashboard Schweiz» bereits eine gute Übersicht zur Entwicklung der aktuellen Energieversorgungslage, hiess es am Mittwoch. Das Portal zeigt wichtige Kennzahlen zur hiesigen Versorgungssituation: Daten zum Verbrauch von Strom und Gas, zur Entwicklung der Preise für Strom, Gas, Heizöl und Benzin kombiniert mit dem Wetter.
Die Versorgungslage bei Strom und Erdgas ist derzeit «angespannt», aber «gewährleistet», wie es auf dem Portal heisst. Grund dafür sind geringere Gaslieferungen aus Russland und die immer noch eingeschränkte Verfügbarkeit französischer Atomkraftwerke, die im Winter für die Stromversorgung in der Schweiz wichtig sind.
«Mit Vorsicht zu geniessen»
Die Energieversorgungslage wird jeweils in einem «Ampelsystem» von fünf Stufen dargestellt, wobei «angespannt» der Stufe 2 entspricht. Das System basiert auf den vom Bund definierten fünf Kategorien: von «normaler» Versorgungslage (Stufe 1) über «drohende Mangellage» (Stufe 3) bis hin zur «ungenügenden Versorgung» (Stufe 5), wie Projektleiter Matthias Galus vom BFE vor den Medien erläuterte.
Wegen der Energiekrise in Europa gibt es Befürchtungen, dass Strom und Gas zum Ende des Winters knapp werden könnten. Mit den öffentlichen Daten will der Bund die Bevölkerung noch effizienter zum Sparen animieren. Die Daten seien aber nicht belastbar genug, um daraus Einsparungen herauszurechnen, sagte Galus auf eine entsprechende Frage. Das sei «mit Vorsicht zu geniessen». Auch politische Entscheide im Falle einer Strommangellage sollen nicht aufgrund des Dashboards gefällt werden, das sei nicht das Ziel des Projekts, so das BFE.
BFE verwendet Modelle für Verbrauchsdaten
Zu sehen sind auch die Daten über den Stromverbrauch, die Stromproduktion und die Stromimporte aus den Nachbarländern vom Vortag. Gerade beim Verbrauch fehlen allerdings derzeit noch verlässliche aktuelle Daten. Daher greift das BFE auf Modellierungen zurück.
Die Angaben zum Stromverbrauch basieren laut BFE zunächst auf Daten, welche die Energieversorger an die nationale Netzbetreiberin Swissgrid melden. Diese Daten können jedoch unvollständig oder fehlerhaft sein und werden mitunter auch nachkorrigiert. Zeitnahe Daten seien nicht verfügbar, weshalb mit einem Modell der Verbrauch auf Basis der Vergangenheit geschätzt werden müsse, hiess es. Das Bundesamt arbeite mit dem Swiss Data Science Center der ETH Zürich und der EPFL in Lausanne zusammen.
Verbesserungen am Portal geplant
Das Portal soll laut BFE in den kommenden Wochen weiterentwickelt werden, insbesondere die «teils noch mangelhafte Datenqualität» soll laufend weiter verbessert werden. Unter anderem sollen demnächst tatsächliche Messungen einiger Schweizer Energieversorger stärker mit einfliessen. Tagesaktuelle Informationen zu den Einsparungen seien notwendig, sagte Galus. Derzeit sei nur «modellhaft verfügbar, was wirklich aus der Steckdose kommt».
Auch das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL), das im Falle einer Mangellage aktiv wird, greift auf ähnliche Daten zurück, wie sie jetzt im öffentlichen Energie-Portal zu sehen sind. «Wir wären sehr froh, hätten wir in der Schweiz flächendeckend Smart Meter», sagte Patrick Rötheli, Leiter Geschäftsstellen Energie und Industrie beim BWL, am Mittwoch. «Das ist zentral, da muss man möglichst rasch hinkommen.» Smart Meter sind intelligente Stromzählsysteme, die Daten digital empfangen und senden können.
Nur knapp ein Drittel mit Smart Meter ausgerüstet
Problematisch sind die fehlenden intelligenten Zähler vor allem deshalb, weil so keine Klarheit besteht, wie viel Strom die Schweizerinnen und Schweizer aktuell einsparen. «Mangels Smart-Meter-Daten lassen sich die Effekte der Sparanstrengungen noch nicht zeitnah abbilden. Im Strombereich sind erst zwischen 26 und 30 Prozent der Messpunkte der Schweiz mit Smart Meter ausgerüstet, die ein automatisiertes Auslesen der Verbrauchsdaten im Viertelstundentakt ermöglichen», so eine Sprecherin. Bis Ende 2027 sollen per Gesetz 80 Prozent der Messwerte mit Smart Meter ausgestattet werden.
Im Gasbereich ist die Smart-Meter-Abdeckung noch geringer. Man arbeite nun mit der Branche daran, insbesondere mit Verteilnetzbetreibern mit einer hohen Abdeckung mit Smart Meter, deren Daten für Hochrechnungen für die ganze Schweiz zu modellieren. Laut BFE soll dies bis Ende Januar möglich sein.
Insgesamt will die Schweiz in den Wintermonaten Oktober 2022 bis März 2023 kumulativ mindestens 15 Prozent weniger Gas verbrauchen als im Schnitt der vergangenen fünf Jahre.
Da die Daten von November und Dezember noch ausstehen, ist noch nicht ersichtlich, wie gut die Schweiz das Sparziel in der Realität wirklich umsetzt. Anhand des Erdgasverbrauchs zeigt sich aber, dass im Oktober 39 Prozent weniger Gas importiert wurden als in den letzten fünf Vorjahresmonaten.
Wetterprognose als Faktor
Im Dashboard wird auch die Wetterprognose als Faktor für den künftigen Energieverbrauch berücksichtigt. Dies aber nur kurzfristig, da eine längerfristige Prognose der Wetterlage nicht verlässlich wäre. Käme es beispielsweise an einem Tag zu Produktionsausfällen im In- oder Ausland und gleichzeitig werden eisige Temperaturen erwartet, könnten so die Bevölkerung und die Wirtschaft angehalten werden, möglichst wenig Energie zu verbrauchen.
Mit Material der SDA.
SDA/lub/pat
Fehler gefunden?Jetzt melden.