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Anlage-Brief der Investorenlegende
Buffetts besondere Art, Exzesse an den Börsen anzuprangern

Im Brief an seine Investorinnen und Investoren greift er meist auch Themen auf, die weit über sein eigenes Unternehmen hinausgehen.
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Die Ansichten von Starinvestor Warren Buffett haben Gewicht. Dies, weil er mit seinen Anlagen im langfristigen Vergleich deutlich besser abschneidet als der Aktienmarkt insgesamt. Es gibt aber noch einen anderen Grund, wieso seine Meinung beachtet wird: Für viele gilt er als eine Art Revoluzzer der Börsen und Kämpfer für Kleinanleger, wie das dieser Tage die Reddit-Anleger für sich in Anspruch nehmen.

Angesichts grosser Turbulenzen an den Kapitalmärkten konnte man dieses Jahr auf den Brief von Warren Buffett an die Aktionäre seiner Berkshire Hathaway besonders gespannt sein. In seinem jährlichen Schreiben gibt die mittlerweile 90-jährige Investmentlegende gewöhnlich seine Einschätzung zu Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Börsen bekannt, die weit mehr als nur die Aktionäre seines Anlage-Konglomerats betreffen.

Was schreibt Buffett also zu den dominierenden Themen? Nur kurz äussert er sich zu Staatsanleihen und Anleihen – und er rät mit deutlichen Worten von entsprechenden Investitionen ab. Wer sie gekauft habe, habe eine «düstere Zukunft» zu erwarten, meint er wörtlich.

Eine indirekte Kritik am Hype

Und was sagt er zum Hype um die Aktien des Videospielverkäufers Gamestop und den Wetten der Reddit-Kleinanleger gegen Hedgefonds? Zur Frage, ob die Aktienmärkte sich auf Blasenniveau befinden? Zur Corona-Krise? Auf nichts davon geht er in seinem 15 Seiten umfassenden Schreiben auch nur mit einem Wort ein. Und doch dreht sich in gewisser Weise alles darum.

Der gesamte Text des «Orakels von Omaha», wie Buffett oft bewundernd genannt wird, lässt sich in etwa auf die folgenden Kernbotschaften reduzieren: Lasst euch nicht durch kurzfristige Entwicklungen und Hypes blenden, fokussiert auf Unternehmen, die nachhaltig Wert schaffen, und bleibt am Boden. Das ist gewissermassen das Gegenteil dessen, was aktuell an den Aktienmärkten im Vordergrund steht.

«Ich hasse diese Verlockung der Leute, sich auf spekulative Orgien einzulassen.»

Charlie Munger, Vizepräsident von Berkshire Hathaway

Wie wenig Buffett allein vom Reddit-Aufstand um Gamestop und von anderen Aktien hält, wird durch Aussagen seines engen Verbündeten und Vizes Charlie Munger deutlich. Als der 97-Jährige vom «Wall Street Journal» auf diese Entwicklung angesprochen wird, antwortete er: «Ich hasse diese Verlockung der Leute, sich auf spekulative Orgien einzulassen.»

In seinem Brief widmet Buffett den grössten Teil seiner Ausführungen der Geschichte seiner Berkshire Hathaway, die sich wie eine Anklageschrift gegenüber den aktuellen Börsentreibern liest. Der Grossinvestor berichtet anhand von vielen Beispielen über seine Anlageentscheide, bei denen meist Unternehmen mit einer glaubwürdigen Geschäftsidee im Fokus standen; Unternehmen, die eine nachhaltige Entwicklung versprachen und gut geführt wurden. Meist handelte es sich dabei nicht um die grossen Namen, die die Schlagzeilen dominieren. Dennoch hält Buffett aber auch einen Anteil von mehr als 5 Prozent an Apple.

Eine ungewöhnliche Familie

Vor glänzenden Erfolgsgeschichten warnt der 90-jährige Grossinvestor ausdrücklich: «Investitionsillusionen können erstaunlich lange anhalten. Die Banken der Wall Street lieben die Gebühren aus entsprechenden Deals, und die Presse liebt die Geschichten, die schillernde Promotoren liefern. Schliesslich erscheint dann der Kursanstieg der so angetriebenen Aktien als ‹Beweis› für die Illusion.» Wie Buffett schreibt, orientieren sich seine privaten Anleger sehr langfristig. Seine mehr als eine Million Investoren seien Leute, «die uns vertrauen, dass wir ihre Interessen vertreten, was auch immer die Zukunft bringen mag. Sie wollen uns nicht wieder verlassen, und sie haben eine ähnliche Denkweise wie wir.» Buffett spricht von seinen Investorinnen und Investoren daher als «Partner».

«Bei Berkshire servieren wir schon seit 56 Jahren Hamburger und Cola. Wir schätzen die Kundschaft, die ein solches Menü angezogen hat.»

Warren Buffett, Investor

Dass die Berkshire-Hathaway-Investorengemeinde eine «ungewöhnliche und wertvolle Familie» darstellt, erkläre auch, warum das Unternehmen wenig daran interessiert sei, um die Analysten der Wall Street und andere institutionelle Investoren zu werben: «Wir haben bereits die Anleger, die wir wollen», schreibt Buffett selbstbewusst.

Um seine vom aktuell dominierenden Börsenverhalten abweichende Philosophie zu beschreiben, vergleicht Buffett Investitionsentscheide mit der Angebotsentscheidung einer Restaurantbetreiberin: Entweder schaffe sie sich einen Namen für Burger und Cola oder dann für exquisites Essen mit ausgewählten Weinen. Aber stetig vom einen zum anderen zu wechseln, das funktioniere nicht. Nur ein konsistentes Verhalten schaffe langfristige Glaubwürdigkeit. Anhand des Vergleichs macht Buffett auch gleich deutlich, dass er sich aufseiten der kleinen Anleger sieht: «Bei Berkshire servieren wir schon seit 56 Jahren Hamburger und Cola. Wir schätzen die Kundschaft, die ein solches Menü angezogen hat.»