Einheimisches SuperfoodBrennnessel schmeckt so gut wie Spinat
Mit Unkraut kochen? Das klingt oft besser, als es schmeckt. Ausnahme: Die Brennnessel – sie schmeckt und enthält siebenmal mehr Vitamin C als Orangen.
Sebastian Kneipp war ein Freund prickelnder Körpererlebnisse. Er empfahl Güsse mit eiskaltem Wasser, und Patienten mit Rheuma, Rückenschmerzen und Gicht riet er zur Brennnesselpeitsche. Anwendung: Mit einem Bündel Brennnesseln ausgiebig auf die schmerzende Körperstelle hauen, bis die Haut rot ist.
Das fiese Brennen entsteht durch die Nesselhaare, deren Bläschen gefüllt sind mit einer Giftmischung aus Histamin, Serotonin, Ameisensäure und Acetylcholin. Berührt man die Nesseln, dringen diese Stoffe über die feinen Härchen in die Haut ein. So hält die Brennnessel Fressfeinde fern, doch eine vorsichtige Annäherung lohnt sich.
Die stechenden Kräuter sind seit der Antike als Heilpflanzen bekannt. Anstatt sie zu verteufeln, sollte man sie lieber verwerten, sie etwa als Gemüse, im Salat, zu Fleisch oder als Gnocchi verzehren.
Brennnesseln enthalten siebenmal mehr Vitamin C als Orangen, dazu viel Magnesium, Eisen, Calcium, Kalium, Vitamine und ungesättigte Fettsäuren.
Unkraut, das von Fans wertschätzend Beikraut oder Wildpflanze genannt wird, ist in der Küche sehr in Mode. Theoretisch jedenfalls. Denn man kann gar nicht so viel Giersch-Pesto, Spitzwegerich-Röllchen und Vogelmiere-Desserts verspeisen, wie von dem Zeug sofort wieder nachwächst. Und Giersch schmeckt, bei aller Liebe, leider nicht ganz so gut wie Basilikum-Pinienkern-Pesto. Anders die Brennnesseln: Die jungen Triebe ähneln geschmacklich dem Spinat – fast jedes Spinatrezept funktioniert auch mit Brennnesseln, von Salaten über Suppen bis hin zu Pastagerichten.
In der germanischen Mythologie war die «Donnernessel» dem Gewittergott Thor zugeordnet, weil sie wie dessen Blitze sengt und brennt. Wie gesund die Pflanze ist, wussten Naturheilkundler wie Paracelsus und Hildegard von Bingen schon vor Jahrhunderten.
Sie gilt als stoffwechselanregend, blutreinigend und wegen ihres hohen Mineralstoffgehalts als harntreibend. Brennnesseln enthalten siebenmal mehr Vitamin C als Orangen, ausserdem viel Magnesium, Eisen, Calcium, Kalium, Vitamine und ungesättigte Fettsäuren.
Ältere Pflanzen sind faserig und schmecken bitter.
Man sollte aber nur junge, zarte Triebe ernten. Ältere Pflanzen sind faserig und schmecken bitter. Auch die Stiele sind oft zu hart, deshalb zupft man nur die oberen hellgrünen Blättchen ab. Wer keine Kneippkur machen will, arbeitet mit Handschuhen, Gartenschere und Salatsieb. Wer die Brennnesseln roh verwenden will, etwa als Salat, sollte die Ernte in einem Küchentuch ausdrücken oder mit einer Teigrolle durchwalzen, damit die Brennhaare abbrechen. Für die Verwendung als Gemüse oder in Teigwaren reicht es, die Brennnesseln kurz mit kochendem Wasser zu übergiessen.
Aus der Osteria Alpina im italienischen Val Codera stammt das Rezept für Gnocchi alle Ortiche. Für 4 Personen eine Handvoll Brennnesseln pflücken und die Blätter abzupfen. Blanchieren und mit einem Stabmixer zerkleinern. Mit 350 Gramm Mehl (Typ 405 oder Typ 00, auch Dinkelmehl geht) und zwei Eiern in einer Schüssel vermischen. Nach und nach so viel Wasser zugeben, bis ein zäher, klebriger Teig entsteht, der sich gerade noch vom Löffel löst. Teig 20 bis 30 Minuten ruhen lassen.
Einen grossen Topf Wasser aufkochen. Teig ins siedende Wasser schaben. Die Gnocchi sind fertig, wenn sie oben schwimmen. In einer Pfanne Butter schmelzen, Gnocchi darin schwenken, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken und mit viel geriebenem Parmesan servieren.
Fehler gefunden?Jetzt melden.