Geldblog: Leserfrage zu AnlagestrategienBrauche ich zwingend Bankaktien?
Banktitel sind günstig, doch die meisten werden von den Investoren gemieden, weil die Geschäftsaussichten vieler Institute wenig erfreulich sind.
Ich habe Aktien der VP Bank im Depot. Der Kurs verliert fast tagtäglich an Wert. Wie beurteilen Sie die Situation? Leserfrage von O.K.
Bankaktien machen den Anlegerinnen und Anlegern – ebenso übrigens wie die meisten Versicherungstitel – mehrheitlich keine Freude. Ganz im Gegenteil. Ihre Erfahrung mit sinkenden Kursen bei den Papieren der Liechtensteinischen VP Bank erleben andere Investoren auch mit den Aktien von vielen Banken hierzulande. Auch die Papiere der Grossbanken Credit Suisse notieren seit Jahresbeginn immer noch über 20 Prozent und jene der UBS immer noch rund 10 Prozent im Minus. Dies, wohlverstanden, trotz an sich ansprechenden Quartalszahlen und nachdem sie sich vom Crash deutlich erholt haben. Selbst die wilden Gerüchte über eine mögliche Fusion von CS und UBS haben den Aktienkursen der beiden Institute nur temporär Auftrieb gegeben. Auch Julius Bär bewegt sich mit der Aktie seit Jahresbeginn weiter klar im Minus.
«Wer schlecht schlafen will, hat Bankaktien», schrieb 1999 die Bilanz. Daran hat sich auch rund 20 Jahren später nicht sehr viel geändert. Nach wie vor sind die Investoren an den meisten Bank-Papieren wenig oder gar nicht interessiert. Den Instituten macht nicht nur die aktuelle Corona-Krise zu schaffen. Auch vor der Krise machten viele um die Bankenpapiere einen Bogen. Der Grund: Die rekordtiefen Zinsen und die bescheidenen Gewinnperspektiven der meisten Institute.
Hohe Rückstellungen und Wertberichtigungen wegen der Corona-Krise belasten die Ergebnisse vieler Banken.
Die Bewertungen vieler Bankaktien sind in der Schweiz und zu einem grossen Teil auch im übrigen Europa tief. Und doch kommen die Bankaktien grösstenteils nicht auf Touren. Zusätzlich zu den tiefen Zinsen belastet auch noch die Corona-Krise. Zwar sind die Banken anders als noch in der Finanzkrise nicht Teil des Problems. Dennoch belasten hohe Rückstellungen und Wertberichtigungen wegen der Corona-Krise die Ergebnisse vieler Banken.
Auch bei der von Ihnen gehaltenen VP Bank hatte eine Wertberichtigung von 20 Millionen Franken im Zuge des Corona-Crashs das Ergebnis belastet. Bei der VP Bank war der Abschreiber auf einen Einzelfall zurückzuführen. Die Bank hat personelle Konsequenzen gezogen und nach internen Stresstests und einer Prüfung des Kreditportfolios signalisiert, dass sie nach der millionenschweren Wertberichtigung nicht mit weiteren Abschreibern rechnet.
Ich halte dies für glaubwürdig und die VP Bank an sich für robust aufgestellt. Wie für die meisten Banken dürfte es aber auch für die VP Bank sehr schwierig werden, zu wachsen und Neugeld zu generieren, nachdem sich schon im letzten Jahr das Neugeldwachstum – damals noch unter positiven Rahmenbedingungen – bereits verlangsamt hatte. Trotz gut nachvollziehbarer Strategie sehe ich derzeit kaum Argumente, warum sich die Aktien der VP Bank rasch und deutlich erholen sollten.
Mehr Chancen orte ich momentan dagegen bei der Bank Vontobel oder bei der breiter abgestützten Banque Cantonale Vaudoise, deren Aktien allerdings schon stark gestiegen sind. Generell bin ich aber gegenüber Bankaktien weiter skeptisch. Zeitweise kommt es aufgrund von Sektorrotationen zu Erholungsversuchen im Sektor. Angesichts der noch lange anhaltend tiefen Zinsen und den wegen der Coronakrise zusätzlich gedämpften Gewinnperspektiven erwarte ich, dass die Bewertungen der meisten europäischen Bankaktien tief bleiben. Es würde mich wundern, wenn sich die Papiere der VP Bank im zweiten Halbjahr deutlich besser als der Sektor schlagen würden. Für Bankaktien bleibe ich mehrheitlich wenig optimistisch.
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