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Rückkehr zur Diplomatie
Blinken will in Peking das Eis brechen

Vor ihm war seit fünf Jahren kein hochrangiges US-Regierungsmitglied mehr in China: Aussenminister Antony Blinken.
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Er wolle für «offene Kommunikationskanäle» und einen «verantwortungsvollen» Umgang zwischen den beiden Staaten werben, sagte US-Aussenminister Antony Blinken vor seiner Reise nach China. 51 Jahre nach Richard Nixons Chinareise und den Vorarbeiten seines späteren Aussenministers Henry Kissinger wird damit ein später Nachfolger im US-Aussenministerium die zweite Öffnung Chinas versuchen. Doch was Präsident Nixon nach 25 Jahren Sprach- und Kontaktlosigkeit gelang, wird Antony Blinken nicht vergönnt sein. Die chinesisch-amerikanischen Beziehungen gehorchen heute anderen Gesetzen. Und heute ist das Risiko für den Einsatz ungleich höher.

Blinken ist am Freitag zum ersten Mal als Aussenminister nach Peking aufgebrochen. Seit fünf Jahren war kein hochrangiges Regierungsmitglied der USA mehr in China, was den Grad der Zerrüttung dieser für die Welt so zentralen Beziehung nur ansatzweise widerspiegelt. Es steht schlecht um das Verhältnis zwischen Washington und Peking, und Blinken ist die Schlüsselfigur im Spiel der Grossmächte – es geht jetzt um den perfekten Zug.

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Blinken war es, der Anfang Februar zu einem mühsam vorbereiteten und von Demütigungen der chinesischen Seite begleiteten Besuch nach Peking reisen wollte. Doch dann flog ein Spionageballon Chinas (wie inzwischen erwiesen) über die USA und endete nach spektakulärem Abschuss durch die US-Luftwaffe im Atlantik. Tiefer konnte das Verhältnis kaum sinken. Die aggressive antichinesische Stimmung in der amerikanischen Öffentlichkeit und vor allem im Kongress, nicht zuletzt angeheizt durch die scharfe Rhetorik Donald Trumps, liess der Biden-Regierung keine Wahl.

China, im Gegenzug, liess die Chance nicht ungenutzt und holte nach den demonstrativ provozierenden Treffen der Kongresssprecher Nancy Pelosi und Kevin McCarthy mit der Präsidentin Taiwans zum Gegenschlag aus. Militärische Beinahezusammenstösse zu Wasser und in der Luft in der Strasse von Taiwan oder im Südchinesischen Meer sind heute fast Wochenroutine. Und kein Anlass verstreicht, ohne dass Peking seinen Zorn aufblitzen lässt – auch wenn diese Übung einstudiert und übertrieben erscheint. Westliche Diplomaten rätseln jedenfalls, ob der Kommunistischen Partei Chinas die Fähigkeit zur Selbstreflexion abhandengekommen ist.

Peking dürfte klar sein, dass eine Zweiteilung der Welt nur mit massivem ökonomischen Schaden zu haben sein wird.

Blinken soll nun das Eis brechen und eine Kaskade von Besuchen und Gegenbesuchen auslösen, an deren Ende ein Treffen der beiden Präsidenten im November stehen könnte. Um Dampf abzulassen und den Besuch nicht mit Misstönen zu trüben, wurde eigens zwei Tage vor Blinkens Abflug ein Beschimpfungsanruf durch den chinesischen Aussenminister inszeniert. Ob das ausreicht, wird man erst am Ende des Besuchs wissen.

Hinter diesem komplexen Annäherungsprozess steckt zumindest auf US-Seite die Einsicht, dass Peking und Washington dringend dieselbe diplomatische Sprache sprechen müssen, wenn Starrköpfigkeit und beissende Rhetorik nicht eines Tages in einem Krieg enden sollen – und sei es nur durch Zufall. Das politische Management der Beziehungen und die Rückkehr zur Diplomatie hat Priorität im Weissen Haus, und selbst in Peking dürfte klar sein, dass eine Zweiteilung der Welt nur mit massivem ökonomischem Schaden zu haben sein wird.

Westlicher Investoren flüchten aus China

Die Vorstellung jedenfalls, Europa könnte in eine eigene Rolle zwischen den Blöcken gedrängt und von den USA abgespalten werden, hat sich als nicht umsetzbar erwiesen. Im Gegenteil: Die Sirenengesänge über die aufkommende politische Eiszeit haben zu Fluchtbewegungen westlicher Investoren aus China geführt. Der von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gesetzte Ton – Risikominimierung, aber keine Abkoppelung – leitet nun die europäische und auch die amerikanische Strategie.

Blinkens Reiseziel ist banal: Die USA wollen wieder mit China ins Gespräch kommen. Ein vorsichtiger Dialog über Rüstungskontrolle wäre ein Test. Dafür nimmt die Biden-Regierung auch ein paar verbale Schläge in Kauf.