Kampf um den CDU-VorsitzBis zu Merkels Nachfolge ist es noch weit
Ob Merz, Laschet oder Röttgen: Der neue CDU-Chef wird erst beweisen müssen, dass er auch der beste Kandidat ist, um Angela Merkel im Kanzleramt abzulösen.
Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen stellen sich am Samstagmorgen den 1001 Delegierten der deutschen Christdemokraten als Vorsitzende zur Wahl. Wegen Corona wird der Parteitag erstmals voll digital durchgeführt: Die Kandidaten werben also nicht in einem vollen Saal für sich, sondern vor TV-Kameras. Und die Delegierten hören von zu Hause zu und stimmen elektronisch ab. Die digitale Wahl muss aus rechtlichen Gründen in der kommenden Woche aber noch brieflich bestätigt werden.
Die meisten Beobachter erwarten eine knappe Entscheidung, vermutlich in einer Stichwahl zwischen Merz und Laschet. In normalen Zeiten würde danach der CDU-Chef mehr oder weniger automatisch auch zum Kanzlerkandidaten von CDU und CSU für die Bundestagswahl gekürt. Doch die Zeiten sind alles andere als normal.
Zum einen stellt der Kampf gegen das Coronavirus die führenden Politiker vor grössere und andere Herausforderungen als sonst. Zum anderen steht mit dem freiwilligen Abgang von Angela Merkel im Herbst erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik kein amtierender Kanzler zur Wahl.
Die CDU hat in ihrer Geschichte erst zweimal die Kanzlerkandidatur an die kleinere bayerische Parteischwester CSU abgetreten: 1980 musste Helmut Kohl Franz Josef Strauss den Vortritt lassen, 2002 verzichtete Merkel zugunsten von Edmund Stoiber. Beide Versuche, jeweils aus der Opposition gegen amtierende SPD-Kanzler, scheiterten. 2021 könnte es gleichwohl einen dritten Versuch geben, mit deutlich besseren Erfolgschancen.
Schäubles Rat
Jedenfalls ist es keineswegs ausgemacht, dass der neue CDU-Chef auch Kanzlerkandidat der Union werden wird. Vielmehr wird der Neue in den Wochen nach der Wahl seine höhere Tauglichkeit erst beweisen müssen. Mitte März stehen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz Landtagswahlen an, in denen es für die CDU vermutlich nicht viel zu gewinnen gibt. Erst danach, etwa um Ostern, wollen CDU und CSU die Kanzlerfrage klären.
Schwergewichte der Partei wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Fraktionschef Ralph Brinkhaus haben bereits erklärt, dass sie diesmal nicht nur die Chefs von CDU und CSU für kanzlertauglich halten, sondern auch weitere Führungskräfte.
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Sie reagieren damit auf den Umstand, dass weder Laschet noch Merz noch Röttgen die CDU wirklich begeistern. Gemäss Umfragen hält derzeit auch eine Mehrheit der Deutschen keinen dieser drei als nächsten Kanzler für geeignet. Die drei populärsten Politiker der Union wiederum stehen jetzt nicht zur Wahl: weder Merkel noch CSU-Chef Markus Söder noch Gesundheitsminister Jens Spahn.
Viele in der Union halten Söder für den zugkräftigsten Kanzlerkandidaten. Ob er es auch wird, hängt aber nicht nur von ihm ab. Merz würde als Chef der CDU in jedem Fall alles daransetzen, auch die Kanzlerschaft zu erringen, sein eigentliches Ziel. Allerdings sind gegen ihn auch die Widerstände in den Führungsriegen der Union am stärksten.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet träte wohl eher von sich aus zur Seite, stellte er fest, dass ihm in der Union für die Kanzlerkandidatur der Rückhalt fehlt. Röttgen wiederum hat zumindest am Anfang seiner Kandidatur ganz offen mit dem Argument für sich geworben, dass er als CDU-Chef auch mit einem anderen Kanzlerkandidaten als sich selber gut leben könnte.
In jedem Fall droht der CDU nach dem Parteitag eine Zerreissprobe bis in den Frühling. Die Situation erinnert in dieser Hinsicht nicht von ungefähr an die Situation nach der letzten Chefwahl im Dezember 2018. Die Merkel-Vertraute Annegret Kramp-Karrenbauer und der konservative Merkel-Gegner Merz hatten damals die CDU praktisch in der Mitte geteilt.
Kramp-Karrenbauer gelang es in den folgenden Monaten nicht, die Partei hinter sich zu einen, und verlor – auch wegen eigener Fehler – schliesslich jede Autorität. Vor elf Monaten gab sie entnervt auf und stellte ihr Amt zur Verfügung. Lediglich 430 Tage war sie CDU-Chefin gewesen – und musste wegen Corona danach nochmals 340 Tage warten, bis ihr Nachfolger sie nun ablöst.
So wie die Dinge stehen, droht auch dem neuen CDU-Chef das Schicksal, seine Kanzlerperspektive allenfalls gleich wieder einzubüssen. Diesmal könnte es damit sogar noch schneller gehen als bei Kramp-Karrenbauer.
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