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Meinung

Annegret Kramp-Karrenbauer hat jede Autorität verloren

Annegret Kramp-Karrenbauer ist nicht nur Chefin der deutschen Christdemokraten, sondern auch Verteidigungsministerin. Seit die thüringische CDU letzte Woche zusammen mit der Alternativen für Deutschland einen Mann einer 5-Prozent-Partei zum Ministerpräsidenten gewählt hat, hiess ihr Fach aber nur noch Selbstverteidigung. Nun gibt die Saarländerin auf.

Völlig überraschend kündigte sie in den Gremien der Partei und danach vor den Medien an, nicht mehr Nachfolgerin von Kanzlerin Angela Merkel werden zu wollen und in absehbarer Zeit auch den Vorsitz ihrer Partei zur Verfügung zu stellen.

Vor der Wahl in Thüringen hatte sie noch vergeblich versucht, die konservative Landespartei auf Kurs zu halten. Weder mit der AfD noch mit der Linkspartei dürfe diese zusammenspannen, so die klare Anweisung. Dass die Parteifreunde ihre Bitten, Ermahnungen und Warnungen einfach in den Wind schlugen, war auch ihre persönliche Niederlage.

Danach wurde es nicht besser, sondern schlimmer. Kramp-Karrenbauer reiste nach Erfurt und versuchte zu retten, was zu retten war. Doch die Thüringer trotzten ihr, sahen ihren Fehler nicht ein, waren vielmehr entsetzt über die Forderungen nach Rücktritt des Ministerpräsidenten und Neuwahlen. Fast unverrichteter Dinge fuhr die Parteichefin zurück nach Berlin.

Partei zerstört sich selbst

Gemeinsam mit SPD und FDP konnten Merkel und sie zwar noch die Wahl von Thomas Kemmerich rückgängig machen, das eigentliche Problem aber blieb ungelöst: Die politischen Fliehkräfte bei den Christdemokraten werden immer stärker. Ein lautstarker Flügel will die Partei nach Merkels Abgang markant nach rechts bewegen. Seine Strategen glauben, nur so Wähler von der AfD zurückerobern zu können. Im Osten hegen darüber hinaus mehrere Landesverbände offen Sympathien für Bündnisse mit der AfD. Eine «bürgerliche Mehrheit» sei doch alleweil besser, sagen sie, als mit den Grünen, der SPD oder gar der Linkspartei zusammenarbeiten zu müssen.

Auf der anderen Seite steht jene knappe Mehrheit, welche die CDU auf dem unideologischen Mitte-rechts-Kurs halten möchte, auf den Merkel die Partei in zwei Jahrzehnten geführt hat. Grenze sich die CDU nicht von der rassistischen und teils verfassungsfeindlichen AfD ab, so glaubt dieser Flügel, werde sich die Partei als Kraft der politischen Mitte selbst zerstören.

Dieser Zwiespalt zerreisst die Partei, seit Kramp-Karrenbauer im Dezember 2018 deren Führung übernommen hat. Sie wurde damals gewählt, weil sie versprach, Merkels Linie weiterzuverfolgen. Um die gespaltene Partei zu einen, ging sie freilich als Erstes so entschlossen auf ihre Gegner zu, dass Partei und Publikum bald nicht mehr wussten, wohin sie die CDU eigentlich führen wollte. Innert Wochen stürzte die neue Parteichefin in den Umfragen so tief, dass sie sich davon nie mehr erholte.

Alle lassen sie hängen

Zuletzt liessen sie alle hängen. Ihre Stellvertreter Armin Laschet und Jens Spahn hatten nur ihre eigenen Kanzlerambitionen im Auge, der Aussenseiter Friedrich Merz sowieso. Und Merkel, die sich um die Partei nicht mehr kümmerte, wollte nur noch in Ruhe zu Ende regieren. In der CDU-Führung breitete sich dadurch ein Vakuum aus, das zu Alleingängen wie dem der Thüringer geradezu einlud. Kramp-Karrenbauer musste in den letzten Tagen jedenfalls einsehen, dass sie jede Autorität verloren hat.

Mit ihrem plötzlichen Rückzug stösst sie ihre Partei aber nun erst recht in eine schwere Krise, deren Ausmasse im Moment noch gar nicht absehbar sind. Welche Kräfte übernehmen die letzte verbliebene deutsche Volkspartei? Könnte sich die CDU in den nächsten Jahren sogar spalten, sollten die Fliehkräfte weiter zunehmen? Und kommt jetzt das Ende der Ära Merkel doch noch abrupter, als man zuletzt gemeint hat? Vieles ist in der deutschen Politik dieser Tage unsicherer geworden als jemals zuvor.