Wirksamer Schutz für SäuglingeHalb so viele Kinder wegen RSV-Infektionen im Spital, Impfung zeigt Wirkung
Die vorbeugende Passivimpfung Beyfortus ist seit 2024 in der Schweiz zugelassen und findet bei Eltern Anklang. Ärztinnen und Pflegefachpersonen loben die Wirksamkeit.
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- Beyfortus ist eine vorbeugende Behandlung für Säuglinge gegen Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus, das unter anderem Bronchiolitis verursacht.
- Der Wirkstoff wird in Form einer Injektion verabreicht und ist seit 2024 in der Schweiz erhältlich.
- Die Behandlung geniesst mit über 75 Prozent eine hohe Akzeptanz bei Eltern.
- In der Westschweiz sind die Spitaleinweisungen in Zusammenhang mit dem Virus seit der Einführung von Beyfortus um die Hälfte zurückgegangen.
Ende 2022 hatte das RS-Virus (Respiratorisches Synzytial-Virus) eine besonders schwere Bronchiolitis-Epidemie verursacht, die schweizweit Kinderspitäler unter Druck setzte. Eine Bronchiolitis ist eine Entzündung der unteren Atemwege, die vor allem bei Säuglingen, deren Atemwege noch klein und eng sind, gefährlich werden kann.
Der Name eines Arzneimittels kursierte damals unter vielen Pflegefachkräften: Beyfortus, eine prophylaktische Behandlung in Form einer Injektion mit einem monoklonalen Antikörper, die in Kürze in der Schweiz eingeführt werden sollte. Im Oktober 2024 war es nun so weit.
Die kleine Emma, die in den frühen Morgenstunden des 9. Januars 2025 geboren wurde, profitierte direkt davon. Die Eltern Adrien und Marion hätten keine Sekunde gezögert, erklären sie einen Tag nach der Geburt in ihrem Zimmer in der Geburtsklinik des Universitätsspitals Lausanne (CHUV): «Wir sind beide im Gesundheitswesen tätig und wissen, dass diese Atemwegsinfektionen für Neugeborene kritisch sein können. Wir hatten ein paar Fragen, aber grundsätzlich wussten wir, dass wir die Behandlung machen würden.»
Die Universitätsspitäler Lausanne (CHUV) und Genf (HUG) geben keine Zahlen zur Akzeptanzrate heraus, versichern aber, dass eine «grosse Mehrheit» der Eltern die gleiche Entscheidung trifft. Dasselbe gilt für unabhängige Kinderärztinnen und Ärzte, die die Behandlung ebenfalls durchführen können. «In unserer Praxis in Cologny mit drei Fachpersonen liegt die Akzeptanzrate bei 85–90 Prozent», schätzt Jean-Yves Corajod, Co-Präsident der Genfer Gesellschaft für Pädiatrie, «das ist sehr hoch und deshalb vielleicht nicht für alle Kinderarztpraxen repräsentativ. Bei den Geburtskliniken der Genfer Privatspitäler liegt die Quote eher bei 75 Prozent.»
Weniger Säuglinge müssen ins Spital
Anklang findet die Behandlung also, doch wie wirksam ist sie? Fachleute überwachen die Anzahl Spitaleinweisungen im Zusammenhang mit dem RS-Virus. Im CHUV sind es nur halb so viele wie letztes Jahr zur gleichen Zeit. Ähnliches gilt für die HUG, wo im Dezember 2024 97 Hospitalisierungen von Kindern gezählt wurden, im Vergleich zu 183 im Dezember 2023. «Die grosse Mehrheit der hospitalisierten Kinder hatte kein Beyfortus erhalten, weil sie nicht dafür infrage kamen oder weil die Eltern dies ablehnten», so die HUG.
«Auch die leichten Formen von Bronchiolitis sind zu berücksichtigen, die wir in der Praxis über vier oder fünf aufeinanderfolgende Konsultationen behandeln. In diesem Jahr haben wir sehr wenige davon», beobachtet Jean-Yves Corajod, «es scheint so, als würde die Krankheit in vielen Fällen verhindert und schwere Verläufe mit grosser Wahrscheinlichkeit abgeschwächt werden.»
Auch wenn in diesem Jahr das Auftreten einer leichteren oder späteren Epidemie nicht ausgeschlossen werden kann, gibt es Anzeichen dafür, dass die Passivimpfung Beyfortus bereits ihre Wirkung entfaltet. «Es gibt Winter, in denen mehr Bronchiolitisfälle auftreten als in anderen, aber wir wissen, dass das RS-Virus derzeit zirkuliert, da es zu Infektionen bei Erwachsenen führt», sagt Eric Giannoni, Assistenzarzt an der Abteilung für Neonatologie des CHUV. Die Fachleute weisen ebenfalls darauf hin, dass sich diese Präventivbehandlung in anderen Ländern wie Spanien und Frankreich, wo es seit 2023 erhältlich ist, bewährt hat.
Mögliche Nebenwirkungen seien minimal
Das ist eines der Argumente, die Adrien und Marion überzeugt haben: «Im Ausland sind die ersten Ergebnisse gut. Neue Produkte wecken immer Ängste oder Fragen, doch man muss der Medizin vertrauen.»
Eine Frage, die sie beschäftigte, war die nach den Schmerzen durch die Spritze: «Emma lag an der Brust, wo sie gut aufgehoben war, und wir sind überzeugt, dass sie nicht viel gespürt hat», sagt der Vater.
Gemäss Fachleuten sind mögliche Nebenwirkungen minimal. Jean-Yves Corajod fügt hinzu: «Alles, was injiziert wird, kann Nebenwirkungen haben, doch bei den rund 70 Behandlungen, die wir in unserer Praxis durchgeführt haben, konnten wir keine negativen Reaktionen beobachten. Diese sehr hohe Verträglichkeit trägt sicherlich zur Akzeptanz des Produkts bei.»
Behandlung «so früh wie möglich»
Im Gegensatz zu einer aktiven Impfung, bei der der Körper selbst die Antikörper bilden muss, bietet die Verabreichung dieses monoklonalen Antikörpers einen sofortigen Schutz, der etwa sechs Monate anhält. «Im besten Fall wird der Antikörper so früh wie möglich nach der Geburt injiziert, da das Baby in den ersten Tagen und Wochen am anfälligsten für schwere Atemwegsinfekte ist. Wenn es grösser und stärker wird, kann es sich eher selber verteidigen», erklärt Carole Flegten-Richard, leitende Pflegefachfrau an der Geburtsklinik des CHUV.
Für Emmas Eltern bedeutet Beyfortus mehr Gelassenheit. «Zurzeit zirkulieren viele Viren in der Bevölkerung, so können wir auf sozialer Ebene entspannter sein, vor allem, wenn Verwandte zu Besuch kommen», erklärt Marion.

Fachleute sind von der Wirksamkeit der Behandlung überzeugt und hoffen nun, dass die Akzeptanz bei den Eltern noch steigt, sodass das Fachpersonal im besten Fall weniger Aufklärungsarbeit leisten muss.
«Wenn Eltern die richtigen Informationen erhalten, erklären sie sich mit der Behandlung in der Regel einverstanden. Leider kommen viele von ihnen in die Geburtsklinik, ohne von Beyfortus gehört zu haben», stellt Carole Flegten-Richard fest, «während die Eltern mit vielen anderen Aspekten beschäftigt sind, müssen die Hebammen viel Aufklärungsarbeit leisten. Idealerweise sollten sie sich bereits im Vorfeld Gedanken dazu machen können.»
Was ist Beyfortus und wie wird es angewendet? Die wichtigsten Antworten

Was ist Beyfortus? Das unter dem Namen «Beyfortus» vermarktete Medikament ist eine vorbeugende Behandlung gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) und enthält den monoklonalen Antikörper Nirsevimab. Die Kosten für das Medikament werden von der Krankenversicherung übernommen.
Warum wird es verabreicht? Weil das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV), das für gesunde Erwachsene oft harmlos ist, bei Säuglingen Bronchiolitis oder eine Lungenentzündung verursachen kann.
Für wen ist die Behandlung geeignet? Die Behandlung ist für Kinder unter einem Jahr bestimmt. Da das RS-Virus vor allem im Winter kursiert, wird die Behandlung für Babys, die zwischen Oktober und März geboren werden, direkt in den Geburtskliniken angeboten. Bei Säuglingen, die zwischen April und September (also ausserhalb der kritischen Periode) geboren werden, kann die Immunisierung im Oktober beim Kinderarzt durchgeführt werden.
Wie wird es angewendet? Beyfortus wird in den Muskel injiziert, in der Regel in den Oberschenkel. Zuvor wird eine betäubende Creme auf die Injektionsstelle aufgetragen. Nebenwirkungen kommen selten vor, können aber auftreten, etwa Schmerzen oder Schwellungen an der Injektionsstelle oder Fieber.
Wie lange schützt die Behandlung? Die Schutzdauer beträgt etwa sechs Monate, Kinder sollen aber nur in ihrem ersten Winter geschützt werden. Die Behandlung wird also nicht wiederholt, es sei denn, das Kind wird als sehr gefährdet eingestuft.
Ist Beyfortus ein Impfstoff? Ja, ein sogenannter Passivimpfstoff, weshalb Nirsevimab (Beyfortus) im Impfplan des Bundesamts für Gesundheit (BAG) aufgeführt ist. Herkömmliche Impfstoffe werden aktive Impfungen genannt, dabei wird zum Beispiel ein Teil eines Virus gespritzt, gegen den der Körper eine Immunantwort ausbildet, das heisst selbst Antikörper gegen das Virus bildet. Bei der Passivimpfung werden hingegen direkt die Antikörper gegen das Virus injiziert.
Liegen Ergebnisse zur Wirksamkeit vor? Die Behandlung ist in der Schweiz seit diesem Winter 2024/2025 zugelassen und wurde bereits in den USA, Spanien, Frankreich und Luxemburg in der zweiten Hälfte des letzten Winters eingesetzt. Die Behandlung hat sich in Studien als wirksam erwiesen, so listet das BAG-Bulletin vom September 2024 auf: 80 Prozent weniger schwere Erkrankungen, 77 Prozent weniger Spitaleinweisungen und 86 Prozent weniger Einweisungen auf die Intensivstation im Zusammenhang mit dem RS-Virus im Vergleich zu Kindern, die ein Placebo erhalten hatten.
Aus dem Französischen übersetzt von Marina Galli
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