Ja zum ESC-KreditBasel richtet den ersten demokratisch gestützten ESC aus
Die Basler Regierung plant ein grosses Rahmenprogramm für den Eurovision Song Contest. Die Stimmbevölkerung steht mit 66,6 Prozent hinter Durchführung.
- 66,57 Prozent der abstimmenden Baslerinnen und Basler stimmten für den ESC-Kredit von 35 Millionen Franken.
- Regierungspräsident Cramer zeigte sich erfreut über das Abstimmungsergebnis.
- Die Gegner sind enttäuscht, streben aber trotz Niederlage an, ihre Präsenz in Basel auszubauen.
Am Sonntag entschied das Basler Stimmvolk über den ESC-Kredit des Kantons Basel-Stadt. Dieser beläuft sich auf rund 35 Millionen Franken und soll für das Rahmenprogramm zum Eurovision Song Contest (ESC) 2025 im kommenden Mai verwendet werden.
Das Basler Stimmvolk sprach sich am Sonntag deutlich für den Kredit aus. Der Ja-Anteil beträgt 66,57 Prozent. 33,43 Prozent legten ein Nein in Urne. In absoluten Zahlen: 38’186 Menschen stimmten Ja, 19’171 sagten Nein. Die Stimmbeteiligung lag bei 57,15 Prozent.
Im Abstimmungsforum im Basler Congress Center brach bereits am Sonntagmittag Jubel aus, als das Zwischenresultat zum ESC-Kredit verkündet wurde. Als das Schlussresultat am Abend bestätigt wurde, gab es erneut spontanen Applaus. Mitten unter den Jubelnden: Regierungspräsident Conradin Cramer, der den ESC mit seinem Präsidialdepartement nach Basel geholt hat.
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«Ich bin sehr erleichtert. Das Resultat ist sensationell deutlich», sagt Cramer im Gespräch mit dieser Redaktion. «Das ist eine tolle Legitimation für diesen Anlass. Es zeigt, dass eine ganz klare Mehrheit der Baslerinnen und Basler die Chancen sieht, die der Anlass bringt.»
Die Planung für den Grossanlass fordert die Verantwortlichen trotz positivem Resultat bei der Abstimmung weiter. Die Zeit bis Mai ist knapp. Wiegt das Gewicht auf den Schultern des Regierungspräsidenten nun trotzdem leichter, wenn er an die ESC-Planung denkt? «Ja, auf jeden Fall!», sagt Cramer. «Am meisten freut es mich für die Menschen, die bereits an der Organisation arbeiten. Klar waren auch Unsicherheiten da: Man weiss nie, wie eine Abstimmung ausgeht. Diese Menschen können jetzt befreit weiterarbeiten, damit wir bereit sind im Mai.»
«Wir machen diesen ESC für Basel und die Menschen in Basel», sagt Cramer. Das Resultat sei eine wichtige Bestätigung. «Es ist auch genial, konnten wir eine Abstimmung über den ESC machen. Das gab es noch nie.» Bei der Abstimmung vom Sonntag handelte es sich um den allerersten Volksentscheid im Zusammenhang mit einem Eurovision Song Contest.
Cramer fährt fort: «Und es ist ein Zeichen an Europa: ‹Schaut, wie es bei uns funktioniert. Wir entscheiden nicht einfach im stillen Kämmerchen.›» Nun würden die Menschen in Europa sehen, dass sie hier willkommen seien. «Wir wollen zeigen, dass Basel eine offene Stadt ist, die zu besuchen sich lohnt. Schlussendlich bringt uns das auch einen wirtschaftlichen Gewinn.» Die Abstimmung hatte bereits im Vorfeld international für Schlagzeilen gesorgt, und am Abstimmungssonntag war ein Team des ersten Deutschen Fernsehens (ARD) vor Ort. «Das Interesse am ESC ist riesig», sagte eine Reporterin zum Regierungspräsidenten.
Dieser sagte: «Ich freue mich jetzt tatsächlich nochmals mehr, weil ich weiss, dass eine deutliche Mehrheit der Baslerinnen und Basler hinter dem Anlass steht. Wenn es nur ein knapper Entscheid gewesen wäre, wäre die Vorfreude weniger gross. Für alle, die am ESC arbeiten, ist dieses deutliche Ja ein grosser Ansporn.»
«Bereit, auf der internationalen Bühne zu glänzen»
«Mit dem heutigen Ja zum ESC 2025 beweist Basel, dass es bereit ist, auf der internationalen Bühne zu glänzen», sagt Reto Baumgartner, Direktor des Gewerbeverbands Basel-Stadt. Der Verband hatte das Ja-Komitee angeführt. Das Ergebnis mache ihn «happy», so Baumgartner im Gespräch mit dieser Redaktion.
Er zeigt sich überzeugt, dass es mit dem ESC gelingt, Basel als Event- und Messestandort neu zu positionieren. Vom Event – und auch von den langfristig erwarteten Erträgen – würden nicht nur Unternehmen im Gastronomiebereich profitieren, so Baumgartner. Sondern etwa auch Elektriker oder Menschen in der Videobranche. «Es freut uns, dass die Basler Stimmbevölkerung dies auch erkannt hat», sagt der Gewerbeverbandsdirektor. Das Komitee sieht im Entscheid «eine grosse Verantwortung und ist stolz auf die klare Botschaft, die heute gesendet wurde».
Auch die Basler Tourismusdirektorin Letizia Elia hat eine «Riesenfreude», wie sie im Gespräch mit dieser Redaktion sagt. Als eine der Mitorganisatorinnen des Events weiss Elia, wie wichtig dieses Ja jetzt für die weitere Erarbeitung des Projekts ESC ist. «Das Ja gibt uns jetzt die finale Planungssicherheit. Es ist der erste ESC, der von der Bevölkerung so bejaht wurde.» Ein grosser Teil des Kredits fliesse in die Belebung der Stadt und solle der Bevölkerung einen Mehrwert bieten.
EDU-Politiker: «Haben Resultat in diesem Rahmen erwartet»
Im Lager der rechtskonservativen Kleinstpartei Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) in Basel bleiben bei der Bekanntgabe der Resultate grosse Reaktionen aus. Die Partei hatte das Referendum gegen den ESC-Kredit ergriffen. Samuel Kullmann, EDU-Politiker aus Bern, liest die Resultate gelassen vor.
«Die Resultate sind im Rahmen dessen ausgefallen, was wir erwartet haben», sagt Kullmann auf Anfrage dieser Redaktion. Vergleiche man die nahezu universelle Unterstützung des ESC-Budgets im Basler Parlament mit den 33 Prozent Nein-Stimmen aus der Bevölkerung, sehe man, dass der Event durchaus kritisch betrachtet werde. «Dieser Nein-Anteil geht stark über das Wählerpotenzial der EDU in Basel hinaus.»
Kullmann ist überzeugt: Hätte die Abstimmung im Kanton Bern stattgefunden, hätte die EDU diese gewonnen. «Dort sind die Menschen konservativer.» Bereuen würde er das Referendum auf keinen Fall – und er schiesst weiter gegen den Event: «Solange sich der ESC in die Richtung einer woken Freak-Show entwickelt, wollen wir signalisieren, dass es Widerstand gibt.»
EDU-Präsident ist sprachlos
Daniel Frischknecht, Präsident der EDU Schweiz, ist im Gegensatz zu Kullmann überrascht vom klaren Resultat der Abstimmung. Er trifft rund eine Viertelstunde nach Bekanntgabe der Zwischenresultate im EDU-Lager in Basel ein. Frischknecht ist enttäuscht, gar ein bisschen sprachlos, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion eingesteht.
Die EDU habe gewusst, dass es in Basel ein schwieriger Kampf werden würde. «Ich dachte aber, dass die Vernunft und das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung obsiegen würden», so Frischknecht. Dass man in Basel lieber die «Aufmerksamkeit der Welt» auf sich ziehen wolle, als mit Steuergeldern etwa die unterbesetzte Polizei zu unterstützen, nennt er «oberflächlich».
Er lässt auch durchblicken, dass die EDU von der Wahl Basels als ESC-Host-City überrascht wurde. Die Partei hatte mit der Wahl von Zürich gerechnet. In Basel ist die EDU kaum präsent. Das wolle man nun ändern, so Frischknecht. Man wolle den Vorstand neu aufbauen, mit dem Ziel, bei den nächsten Wahlen in vier Jahren einen Sitz im Basler Parlament zu gewinnen. «Die vielen positiven Rückmeldungen zum ESC-Referendum haben uns darin bestätigt, weiterzukämpfen.»
So kam es zur Abstimmung
Basel hatte im August den Zuschlag für die Durchführung des ESC in der Schweiz erhalten. Das Basler Parlament hat daraufhin den Kredit bewilligt.
Dagegen ergriff die rechtskonservative Kleinstpartei EDU das Referendum. Organisiert wurde dieses praktisch ausserkantonal: Die Partei hat im Kanton Basel-Stadt wenig Mitglieder und kann keinen Sitz im Parlament für sich beanspruchen. Trotzdem gelang es der EDU, fast 4000 beglaubigte Unterschriften für das Referendum zu sammeln. Nun sollte die Bevölkerung über den ESC-Kredit bestimmen.
Der ESC findet so oder so statt – auch wenn die Basler Stimmbevölkerung Nein gestimmt hätte. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wäre der ESC so oder so in Basel über die Bühne gegangen. Den Contest selber – also die Liveshows im Fernsehen – zahlen die SRG und die Europäische Rundfunkunion.
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