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Schweizer Raffinerie im Fokus
Autofahrer finanzierten letztes Jahr höhere Margen der Benzinbranche

So hohe Preise wie lange nicht mehr – und das war erst der Anfang: Tankstelle in Zürich Anfang März 2022. 
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15 Milliarden Gewinn schrieb der Genfer Rohstoffriese Vitol vergangenes Jahr – so viel wie in den sechs vorangegangenen Jahren zusammen. Dazu beigetragen haben mitunter Schweizer Autofahrer und -fahrerinnen, indem sie insbesondere im ersten Halbjahr 2022 rekordteuren Sprit getankt haben. Die Preise waren so hoch, dass sie nicht mehr allein durch den Anstieg von Rohöl erklärt werden können. 

Was vergangenes Jahr in der Benzinbranche heiss diskutiert wurde, bestätigt ein am Donnerstag publizierter Bericht von Preisüberwacher Stefan Meierhans: Insbesondere die Raffinerien hätten ihre Margen erhöht, schreibt er. Im Fokus steht dabei die Raffinerie in Cressier NE, die einzige in der Schweiz. Sie ist im Besitz der Zuger Firma Varo. Diese wiederum gehört zu zwei Dritteln der US-Investmentfirma Carlyle und zu einem Drittel Vitol.

Im Juni 2022 kletterten die Preise für Bleifrei 95 an Schweizer Tankstellen auf über 2.20 Franken pro Liter. Den grössten Anteil am Anstieg hatten der russische Überfall auf die Ukraine und die anschliessenden Ölembargos gegen Russland.

Meierhans sagt jedoch auch: «Der erhöhte Raffinerie-Spread kann eine Erhöhung der Endproduktpreise um 10 bis 20 Rappen pro Liter erklären.» Mit dem Raffinerie-Spread ist die Differenz zwischen dem Grosshandelspreis und dem Rohölpreis gemeint. Die Betriebskosten seien dagegen nur wenig gestiegen. In anderen Worten: Das Geld landete in den Taschen der Raffinerien.

Ähnliche Entwicklungen hatten die Behörden im Ausland festgestellt. Das ist für die Schweiz von grosser Bedeutung, denn der Raffineriemarkt ist sehr international. Im Jahr 2021 wurde allein aus Deutschland doppelt so viel Benzin und Diesel importiert, wie Varo in Cressier produzierte. 

Eine rechtliche Handhabe für eine Intervention habe er bisher nicht, sagt Meierhans. «Ohne handfeste Beweise können wir nicht auf eine einzige Raffinerie losgehen, vor allem wenn der Markt sowieso stark vom Ausland abhängt.» Die Raffineriebetreiberin schreibt in einer Stellungnahme einzig, sie habe Kenntnis von Meierhans’ Publikation und sei stolz auf die Rolle, die sie vergangenes Jahr für die Versorgungssicherheit der Schweiz übernommen habe.

Die Kritik von Meierhans an den Tankstellenbetreibern fällt weniger deutlich aus: Zwar ärgert er sich darüber, dass nur wenige der angefragten Firmen seine Bitte um Offenlegung ihrer Geschäftszahlen beantwortet hätten.

«Ich hätte es rechtlich durchzusetzen versuchen können», sagt der Preisüberwacher. «Aber wir hätten die Daten erst nach Jahren erhalten.» Aufgrund der Daten jener fünf Tankstellenbetreiber, die seine Anfrage beantwortet hätten, konnte Meierhans keine systematische Margenerhöhung feststellen.

Schaut Big Oil auf die Finger: Preisüberwacher Stefan Meierhans Ende Februar an seiner Jahresmedienkonferenz.

Schnell hoch, langsam runter

Hingegen fand er Hinweise dafür, dass die Tankstellenbetreiber ihre Preise jeweils zügig erhöhten, als die Rohstoffpreise stiegen. Als die Preise wieder sanken, passten die Betreiber die Preise dagegen langsamer gegen unten an. «Mit Blick auf die Wohlfahrt der Konsumentinnen und Konsumenten ist ein solcher Preismechanismus kritisch zu beurteilen, da diese nicht im gewünschten Ausmass von Preissenkungen profitieren können», sagt Meierhans.

Der Verband der Treibstoffimporteure Avenergy schreibt auf Anfrage, er könne die Vorwürfe nicht kommentieren, da er die zugrunde liegende Datenbasis nicht kenne.

In der Hoffnung, dass sie solche Preisverläufe künftig verhindern, begrüsst Meierhans Initiativen wie den «Benzin-Preisradar» des TCS oder politische Vorstösse für eine ausgefeilte Preisvergleichs-App fürs Handy. Meierhans sagt dazu: «Je besser die Konsumenten über das Preisumfeld informiert sind und reagieren können, desto schneller müssen die Anbieter darauf reagieren und die Preise senken. Da hätten wir mit einer Tiefpreisgarantie-App vom Bund eine klare Optimierungsmöglichkeit.»