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Neuer Benzinpreisrechner
Deshalb könnten die Spritpreise in der Schweiz sinken

Preisüberwacher Stefan Meierhans setzt auf vollständige Transparenz, damit das Tanken billiger wird. 
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Rund um den Bahnhof der bernischen Vorortsgemeinde Ostermundigen kostet der Liter Diesel rund zehn Rappen weniger als in der Umgebung. Eine Tankstelle machte den Anfang, die zwei anderen folgten. Damit ist der Dieselpreis da wieder in etwa auf den Stand vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs gesunken, während er vielerorts noch stark darüberliegt.

Das Beispiel stammt von Preisüberwacher Stefan Meierhans und ist ein Hinweis darauf, dass der Wettbewerb in diesem Bereich in der Schweiz nur teilweise spielt. Genährt wird dieser Verdacht nicht nur von den vergleichsweise hohen Margen der hiesigen Tankstellen. Sondern auch vom Eindruck, dass die Spritpreise jeweils explosionsartig ansteigen, aber nur sehr langsam und zurückhaltend wieder fallen.

An seiner Jahresmedienkonferenz vom Montag machte sich der Preisüberwacher deshalb für einen Spritpreisrechner stark: eine App oder Website, auf der ersichtlich ist, was Benzin oder Diesel an der einzelnen Tankstelle gerade kostet. Die Idee dahinter: Wenn die Konsumentinnen und Konsumenten die Preise in ihrer Gegend kennen, können sie entscheiden, wo sie am günstigsten tanken können. Am Ende soll die Transparenz die Konkurrenz veranlassen, die Preise wie in Ostermundigen ebenfalls zu senken.

Es gibt zwar schon länger einige Vergleichsportale, zum Beispiel benzin-preis.ch, tankbillig.ch oder ton-plein.ch. Doch ihre Daten sind weder aktuell noch umfassend. Seit Ende November bietet auch der Touring-Club Schweiz (TCS) einen Benzinpreis-Radar an, der auf dem Prinzip Schwarmintelligenz basiert: Jeder und jede kann sich registrieren und die Preise der einzelnen Tankstellen in der Umgebung melden – oder die bereits publizierten Preise bestätigen.

Laut TCS-Sprecher Massimo Gonnella stösst das Angebot auf steigendes Interesse. Drei Monate nach der Einführung seien 3739 Tankstellen erfasst und über 23’100 Nutzer registriert, mehr als 340’000 Besucher hätten die Plattform genutzt. Die durchschnittliche Zahl der täglichen Seitenaufrufe sei von rund 9200 im Dezember auf 19’133 im laufenden Monat gestiegen. So viele Male pro Tag werden darauf Spritpreise erfasst, bestätigt oder korrigiert.

Comparis spannt mit dem TCS zusammen

Künftig dürften es noch mehr werden: Am Montag kündigte der Vergleichsdienst Comparis eine Zusammenarbeit mit dem TCS an. In ein paar Wochen sollen auch die Comparis-Nutzerinnen und -Nutzer die Preise landesweit melden können, mit dem Ziel, die Datengrundlage zu verbreitern. «Mit vereinten Kräften werden wir zum Wohle der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten noch besser werden, ohne dass es den Bund einen Rappen kostet», liess sich TCS-Generaldirektor Jürg Wittwer zitieren.

Der Hinweis auf den Bund ist bewusst platziert. Denn der Preisüberwacher bezweifelt, dass die TCS-Plattform wirklich den gewünschten Effekt bringt. Sie leiste zwar einen ersten Beitrag, um Transparenz zu schaffen, was zu begrüssen sei, so Meierhans. Doch ob eine App funktioniere, messe sich daran, ob sie aktuell und vollständig sei. Staatliche Apps oder Webplattformen, wie sie bereits in Deutschland, Österreich und Frankreich existieren und in Italien und Grossbritannien geprüft werden, könnten das leisten. Eine private Lösung, die diese Anforderung erfülle, sei ihm nicht bekannt.

Österreich als Vorbild

Besonders angetan hat es dem Preisüberwacher der österreichische Weg. Seit 2011 kennt unser östliches Nachbarland eine Webplattform, die stark genutzt wird und zu einer spürbaren Senkung des Benzinpreises geführt haben soll. In der Anfangsphase ist der Spritpreis gemäss einer Studie des Forschungsnetzwerks Cesifo sogar um mehr als ein Fünftel gesunken. Dazu trugen allerdings auch andere Massnahmen bei, namentlich die Vorschrift, dass er an jedem Tag jeweils nur um 12 Uhr erhöht werden darf.

In Österreich ist jede Tankstelle verpflichtet, täglich ihren Preis zu melden. Auf dem Vergleichsrechner publiziert werden aber nur die fünf günstigsten Anbieter am jeweiligen Standort. Damit soll verhindert werden, dass sie die Preise mit Blick auf die Konkurrenz erhöhen, statt sie zu senken.

«Die Preise können quasi in Echtzeit abgerufen werden.»

Preisüberwacher Stefan Meierhans

Das Erfolgsgeheimnis der Vergleichsplattform sei die Qualität der Daten, sagt Meierhans. Dank der Meldepflicht seien sie nicht nur vollständig, sondern auch aktuell: «Sie können quasi in Echtzeit abgerufen werden.»

Die Chancen stehen gut, dass die Schweiz ebenfalls auf diesen Weg umschwenkt. Am Donnerstag steht im Nationalrat eine Motion des Solothurner Mitte-Ständerats Pirmin Bischof auf dem Programm, die die Einführung eines Preisrechners nach österreichischem Vorbild verlangt. Der Ständerat hat sie bereits überwiesen, der Nationalrat einem ähnlichen Vorstoss zugestimmt, und seine vorberatende Kommission ergänzte die Motion um den Passus, dass der Bund auch mit privaten Anbietern – wie eben dem TCS – zusammenarbeiten könne.

Wie stark die Preise sinken, ist umstritten

Bischof ist einverstanden. Einwände hat er nur gegen einen privaten Alleingang, wie er auf Anfrage sagt: «Wenn es Private ohne Unterstützung des Bundes machen, ist die Verlässlichkeit der Daten viel geringer.» Von dieser aber hänge ab, ob der Preisrechner sein Ziel erreiche und die Spritpreise wirklich sinken lasse. Um bis zu zehn Prozent, wie Bischof hofft.

Der Mineralölverband Avenergy Suisse teilt die Zuversicht nicht. Der Aufwand einer solchen App sei gross, der Nutzen fragwürdig, lautet die Kritik. «Unabhängig davon, ob es sich um eine private oder staatliche Initiative handelt, haben wir aufgrund der Erfahrungen im Ausland keine seriösen Anhaltspunkte, dass solche Apps einen messbaren Einfluss auf die Treibstoffpreise haben», erklärt Geschäftsführer Roland Bilang.