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Protest gegen Rentenreform
König Charles III. verschiebt Frankreich-Besuch – neue Demonstrationen angekündigt

Die Rentenreform kommt in Frankreich nicht gut an: Demonstranten haben mitten in Bordeaux ein Feuer gelegt.
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Wegen der Rentenproteste ist der geplante dreitägige Frankreich-Besuch des britischen Königs Charles III. verschoben worden. Die Entscheidung sei nach einem Telefonat von Präsident Emmanuel Macron und König Charles gefallen, teilte der Elysée am Freitag mit. Grund sei die Ankündigung eines erneuten Protesttages gegen die Rentenreform am Dienstag.

Die Wut über die umstrittene Rentenreform hat sich bei Protesten am Donnerstag in einer Zunahme der Gewalt auf den Strassen von Paris und anderer Städte niedergeschlagen. Insgesamt nahmen nach Angaben der Gewerkschaft CGT am neunten landesweiten Protesttag 3,5 Millionen Menschen an Demonstrationen teil, das Innenministerium zählte 1,08 Millionen Teilnehmer. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron traf mit erheblicher Verspätung beim EU-Gipfel in Brüssel ein.. (Lesen Sie zum auch unseren Kommentar zu Frankreichs Reform: Macron ist am eigenen Anspruch gescheitert)

Die Wut ist gross: Am Rande der Proteste kam es auch zu Zusammenstössen zwischen der Polizei und Demonstrierenden. (23. März 2023)

Allein für die Demonstration in Paris meldete CGT mit 800’000 Menschen die bisher grösste Teilnehmerzahl in der französischen Hauptstadt seit Beginn der Proteste. Dabei kam es auch zu Zusammenstössen zwischen der Polizei und Demonstrierenden. Die Polizei feuerte Tränengas ab und setzte Schlagstöcke gegen die Menge ein. Einige Demonstranten setzten Berge von nicht abgeholtem Müll in den Strassen in Brand, so dass die Feuerwehr eingreifen musste.

Grösste Teilnehmerzahl seit Beginn der Proteste: Allein in Paris sollen 800’000 Menschen gegen die Erhöhung des Rentenalters demonstriert haben. (23. März 2023)

Mehrere Hundert in schwarz gekleidete Randalierer an der Spitze des an der Bastille gestarteten Protestzuges schlugen Schaufenster ein und zerstörten öffentliches Inventar.

Die Gewerkschaften riefen zu friedlichen Protesten auf. «Wir müssen die öffentliche Meinung auf unserer Seite behalten», sagte CFDT-Chef Laurent Berger.

 Innenminister Gérald Darmanin sprach am Freitag im Sender CNews von 457 Festnahmen. Etwa 440 Polizisten und Gendarmen seien bei Ausschreitungen verletzt worden. Allein in Paris habe es etwa 900 Feuer am Rande der Proteste gegeben.

Nach Angaben des Innenministeriums wurden wegen der angekündigten Proteste rund 12’000 Polizisten abgestellt worden: Polizeibeamte in Bordeaux. (23. März 2023)

Wasserwerfer und Tränengas setzte die Polizei auch bei Zusammenstössen in Nantes und Rennes ein. In Nantes drangen Demonstrierende in das Verwaltungsgericht ein, sie verwüsteten den Empfang und zertrümmerten Scheiben und Türen. Zu Spannungen kam es auch in Toulouse, Bordeaux und Lille.

Aus der zweitgrössten französischen Stadt Marseille berichteten die Gewerkschaften von 280’000 Teilnehmern, in Bordeaux gingen demnach 110’000 und in Nantes 80’000 Menschen auf die Strasse. Die Behörden meldeten erheblich geringere Teilnehmerzahlen: So sprachen sie für Marseille von lediglich 16’000 Demonstrierenden.

Die Behörden sprachen von 16’000 Protestierenden: Demonstranten in Marseille. (23. März 2023)

Im südfranzösischen Bordeaux ein Feuer am Eingangsbereich des Rathauses entfacht. Beschädigt wurde das Portal eines Säulengangs, das zum Vorhof des Rathauses führe, sagte eine Sprecherin der zuständigen Präfektur der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagabend. Ein Mann sei festgenommen worden.

Vor dem Eingangsbereich wurde ein Feuer entfacht: Die Schäden am Portal eines Säulengangs, das zum Vorhof des Rathauses von Bordeaux führt. (23. März 2023)

Die Teilnehmerzahlen waren indes erheblich höher als in den Wochen zuvor. Es war der erste Protesttag gegen die Reform, seit Premierministerin Elisabeth Borne auf Anweisung Macrons zur Durchsetzung der Reform auf den Verfassungsparagrafen 49.3 zurückgegriffen hatte.

Demnach kann ein Gesetz ohne Schlussabstimmung im Parlament verabschiedet werden, wenn die Regierung ein anschliessendes Misstrauensvotum übersteht. Am Montag war die Regierung bei einem solchen Votum knapp ihrem Sturz entgangen.

Das Durchdrücken der Rentenreform verstärkte noch die Wut der Regierungskritiker. Der Eisenbahnverkehr in Frankreich und die Pariser U-Bahn waren am Donnerstag aufgrund der Streiks stark beeinträchtigt.

Der Bahnverkehr wurde durch die Proteste stark beeinträchtigt: Ein Reisender hofft am Bahnhof Gare du Nord in Paris, dass doch noch ein Zug fährt. (23. März 2023)

Die französische Behörde für Zivilluftfahrt forderte Fluggesellschaften für Donnerstag und Freitag auf, 30 Prozent ihrer Flüge von Paris-Orly und 20 Prozent an anderen Flughäfen zu streichen. Grund dafür ist ein Streik der Fluglotsen. Die Häfen von Marseille und Brest waren blockiert. An Dutzenden Gymnasien und Universitäten war der Betrieb eingestellt.

Die Müllabfuhr in der französischen Hauptstadt, die seit dem 6. März streikt, kündigte eine Verlängerung ihres Ausstands bis Montag an. In Paris stapeln sich seither Müllsäcke in den Strassen, überquellende Mülltonnen stehen auf den Bürgersteigen. Auch Blockaden vor Raffinerien sollten fortgesetzt werden – was die Sorge hinsichtlich einer Kraftstoffknappheit steigen liess.

Müllberge in Paris: Die Müllabfuhr in der französischen Hauptstadt streikt seit dem 6. März – und kündigte eine Verlängerung an. (23. März 2023)

Präsident Macron hatte sich in einem TV-Interview am Mittwoch unnachgiebig angesichts der Kritik an der Rentenreform gezeigt. Er äusserte die Erwartung, dass die Reform «bis zum Jahresende» in Kraft treten werde. Sie sieht insbesondere vor, das Renteneintrittsalter bis 2030 von 62 auf 64 Jahre anzuheben.

Ein Ende der Demonstrationen ist nicht in Sicht: Die Gewerkschaften mobilisierten erneut für Dienstag. Damit überschneidet sich der Frankreich-Besuch des britischen Königs Charles III. mit dem zehnten landesweiten Streik- und Protesttag. Nach seiner Ankunft am Sonntag soll es am Montag ein Bankett im Schloss Versailles zu Ehren des Königs geben.

SDA/AFP/fal/aru