Mit Sondererlaubnis eingereistAufenthalt von US-Superstar Kanye West in Graubünden sorgt für Wirbel
Der Rapper hat sich mit dem Bündner Architekten Valerio Olgiati getroffen, der für ihn ein Bauvorhaben in den USA realisieren soll. Schweizer Politiker zeigen für den Kurztrip zu Corona-Zeiten wenig Verständnis.
Der Aufenthalt des US-Rappers und Ex-Präsidentschaftskandidaten Kanye West im Bündnerischen Ilanz beherrschte am Wochenende die Schlagzeilen zahlreicher Schweizer Medien. Ein Superstar in der nicht einmal 5000 Einwohner grossen Gemeinde in der Surselva – so etwas gibt es nicht alle Tage.
Medienberichten zufolge traf sich der 43-Jährige am Wochenende vom 28. November mit dem international bekannten Architekten Valerio Olgiati, um dessen Bauten zu besichtigen und sein eigenes Bauvorhaben mit ihm zu besprechen. Der Rapper möchte in den USA zwei Wohnhäuser, eine Privatschule sowie ein ganzes Wohnquartier errichten. West stehe deshalb bereits seit mehreren Monaten via Bildtelefonie und SMS mit ihm in Kontakt, erklärte Olgiati dem «Bündner Tagblatt» und den Zeitungen von «CH Media».
«Ich hatte mit Kanye West sofort eine sehr echte und verbindliche Beziehung», sagte Olgiati. «Er ist ein sehr sympathischer Mensch, der ein herzliches Verhältnis zu den Leuten um ihn herum pflegt.» Es sei unverkennbar, dass er inspirierte Menschen um sich schare und grosse Pläne habe, meinte der Stararchitekt (erfahren Sie mehr über den Modedesigner, Rapper und ehemaligen US-Präsidentschaftskandidaten Kanye West in unserem Porträt).
Unerkannt im Nobelrestaurant
Während seiner Visite sah sich Olgiati mit West mehrere von ihm entworfene Bauten an, so unter anderem das Plantahof-Auditorium in Landquart, das Gelbe Haus in Flims oder das Atelier des Liedermachers und Schriftstellers Linard Bardill in Scharans. Bei Bardill verbrachten die beiden etwa dreieinhalb Stunden, in welchen über Architektur gesprochen, Lieder gesungen und Brettspiele gespielt wurden, wie der Churer Künstler dem «Blick» erzählte.
Am gleichen Tag assen die drei zusammen mit Wests Bodyguards auswärts im Casa Casutt in Flims. Im Nobelrestaurant herrschte ein Fotoverbot. «Das Restaurant war voll. Kanye West und seine Begleitung kamen aber als ganz normale Leute und waren sehr diskret», sagte Ben Casutt, Inhaber des Casa Casutt, gegenüber «20 Minuten». Seine Anwesenheit sorgte offenbar nicht weiter für Aufsehen: «Ich nehme an, dass unsere Kundschaft Kanye West nicht kennt», meinte die Geschäftsführerin Therese Arpagaus.
West trat schon am nächsten Tag die Heimreise an. Laut dem «Bündner Tagblatt» plant auch Olgiati, bald in die USA zu fliegen. Dort soll er bereits mit Wests erstem Projekt beginnen.
Sondergenehmigung für Einreise
Zu reden gab Wests Kurztrip vor allem, weil Einreisen aus Drittstaaten wie den USA in die Schweiz wegen der Corona-Pandemie eigentlich verboten wären. Die Grenzbehörden gestatten solche derzeit «nur in Fällen äusserster Notwendigkeit oder für freizügigkeitsberechtigte Personen», wie das Staatssekretariat für Migration SEM schreibt.
Als Situation «äusserster Notwendigkeit» gelten unter anderem Todesfälle von einem in der Schweiz lebenden engen Familienmitglied, dringende offizielle Besuche im Rahmen internationaler Verpflichtungen der Schweiz oder die Wahrnehmung nicht aufschiebbarer geschäftlicher Termine oder Besprechungen.
Auf letztere Ausnahme stützte sich offenbar auch Wests Einreisegesuch, welchem ein Brief eines Architekten beilag. «Damit war eine Ausnahmeregel des SEM erfüllt, und wir mussten den Gesuchsteller einreisen lassen», sagte die Kantonspolizei Zürich auf Anfrage des «Blick». Mit Kloten als Landeplatz oblag es den Grenzkontrollbehörden in Zürich, das Gesuch zu überprüfen, wie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement als Aufsichtsbehörde über das SEM gegenüber der Zeitung mitteilte.
Da kommt ein Millionär angeflogen und sofort wird eine Ausnahme gemacht.
Bei Schweizer Politikern stösst das Handeln der Grenzbehörden indes auf Unverständnis. «Wenn er wirklich nur Häuser angeschaut und sich mit dem Architekten getroffen hat, finde ich die Sondergenehmigung extrem störend», meinte der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult gegenüber dem «Blick». «Da kommt ein Millionär angeflogen und sofort wird eine Ausnahme gemacht.»
Auch der Zürcher Sicherheitsvorsteher Mario Fehr (SP) stört sich an der Sonderbewilligung für den prominenten Gast aus Übersee. «Ich verstehe den Unmut jener sehr gut, die auf familiäre Besuche verzichten müssen, während solche Ausnahmen wegen der Vorschriften des Bundes gestattet werden müssen», sagt er auf Anfrage. «Der Bund sollte hier dringend über die Bücher. Er muss für die Dauer der Corona-Krise die Einreisebestimmungen verschärfen.»
sho
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