Beat Feuz vor der Lauberhorn-DerniereAuf einmal sind Feuz’ kleine Töchter im Zielraum
Der Emmentaler verabschiedet sich am Wochenende von seinem Lieblingsrennen. Er sagt, warum er kein Kostüm tragen wird – und was ihn besonders berührt.
![Ein Strauss Mikrofone sind eine Würdigung, die Beat Feuz mittlerweile geniessen kann.](https://cdn.unitycms.io/images/48c2yhtm4J5ADptQ5tIwbA.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=jvFPVNBZ-Es)
Beat Feuz, der Skirentner. Er hat schon einmal ein wenig vorfühlen können, wie es dann sein könnte nach Kitzbühel, wenn er zum letzten Mal das Ziel eines Weltcuprennens als Rennfahrer überquert hat.
Kurz vor dem Jahreswechsel ist das Spektakel in Bormio, und Feuz, dieser begnadete Tempobolzer mit dem einzigartigen Gespür in den Füssen, hat ebendiese hochgelagert, sitzt in seinem Haus nahe Innsbruck auf dem Sofa und schaut zu. Eine Grippe hat verhindert, dass er das Rennen in der Lombardei direkt nach seiner Ankündigung, bald nicht mehr eisige Pisten hinunterhetzen zu wollen, bestreiten kann.
Feuz also sitzt auf der Couch und verfolgt das Treiben am steilen Hang – und das «ohne Wehmut. Ich stand nicht zehn Zentimeter vor dem Fernseher und dachte: Da möchte ich auch hinunterfahren. Das war für mich ein gutes Zeichen.» So sagt das der Emmentaler in Wengen, wo seine Mini-Abschiedstournee von der Skibühne also mit Verspätung beginnt, ehe schon nächste Woche in Tirol endgültig Schluss sein wird.
In den letzten Tagen nach den Trainings beantwortete der 35-Jährige keine Fragen, die mit seinem baldigen Abschied nach über 16 Jahren im Weltcup zu tun haben könnten. Nun sitzt er im Bauch eines Hotels nahe dem Bahnhof dieses verschlafenen Dörfchens im Berner Oberland, das am zweiten Januar-Wochenende jeweils zur gigantischen Festhütte wird. Oft hat der Mann mit der Mütze schon dazu beigetragen, der an diesem Mittwochabend vor einem Strauss Mikrofone und drei Dutzend Journalisten sitzt. Siebenmal stand er nach der Lauberhornabfahrt schon auf dem Podest, dreimal zuoberst.
«Ich will nicht mit einem Kostüm auffallen, sondern mit einer schnellen Zeit.»
Und Feuz ist in dieser Woche nicht etwa mit dem Bähnli hochgereist an die Füsse von Eiger, Mönch und Jungfrau, um sich mit einem Spassauftritt zu verabschieden, wie es schon andere taten – wie Didier Cuche, der seinen letzten Riesenslalom im Retro-Look und auf Holzlatten hinunterrutschend hinter sich brachte. «Didier hörte 2012 am Ende der Saison auf und suchte sich einen Riesenslalom aus, der für ihn keine Rolle mehr spielte. Das war auch eine schöne Geschichte», sagt Feuz. «Aber wer mich kennt, weiss, dass mein Abschied mit einem echten Wettkampf zu tun haben muss. Ich will nicht mit einem Kostüm auffallen, sondern mit einer schnellen Zeit.»
In den Trainings hat Feuz, der die Trainings normalerweise dazu nutzt, die Gegnerschaft mit langsamen Fahrten zu narren, auf mehreren Streckenabschnitten bewiesen, dass er durchaus noch bereit ist für einen Podestplatz. «Wenn alles gut läuft, kann ich vorne dabei sein.»
Dann klingt er fast schon trotzig
Feuz also scheint in diesen Tagen noch weit weg von einem Rentnerdasein, so nah es zeitlich auch ist. «Ich bin als Aktiver hier und will schnell Ski fahren» sagt er. Es klingt schon fast trotzig, als wollte er keinesfalls wahrgenommen werden als einer, der in Wengen und in Kitzbühel einfach noch Zusatzrunden dreht und gefeiert werden will vom Publikum, das ihn beiderorts dermassen verehrt.
Es wäre auch nicht die Art des Emmentalers, der es nie so richtig mochte, im Mittelpunkt zu stehen, und es doch lernen musste, weil er schlicht zu gut Ski fuhr. So sagt er denn auch, es fühle sich alles an wie sonst, auch Bilder seiner grossen Momente vor der majestätischen Bergkulisse seien noch keine hochgekommen, etwa vom Triumph 2012 in seinem Traumwinter, in dem er gar um den Sieg im Gesamtweltcup kämpfte. Und doch ist etwas anders in diesem Jahr. «Das alles als Athlet zu erleben, ist noch intensiver als sonst. Ich sauge alles auf und will es doppelt geniessen.»
Wie das aussieht, zeigte Feuz diese Woche während der Besichtigungen der längsten Abfahrt der Welt. Mit Pistenarbeitern hat er sich schon immer gern unterhalten, in diesen Tagen tut er das noch ausführlicher, «solche Momente will ich mitnehmen». Sie sind es auch, die ihn darin bestärken, es richtig gemacht zu haben, als er entschied, schon in Bormio seinen nahenden Abschied bekannt zu geben und nicht erst nach Kitzbühel. «Die Überlegung gab es zwar», sagt Feuz, «aber für mich wäre es schwierig gewesen, mit dem Wissen zu leben, dass es bald vorbei sein wird, ohne dass es andere wissen.»
Er geniesst die Würdigungen
Derzeit etwa werde im Schweizer Team über die Hotels an der WM in Méribel und Courchevel geredet oder die anschliessende Reise in die USA. Weil er schon vorher aufhöre, mit den Abfahrtsklassikern, die ihm mehr bedeuten als jeder Grossanlass, interessiere ihn das alles nicht mehr, sagt Feuz, «da mitzudiskutieren, wäre anstrengend gewesen». Deshalb also «musste es raus», wie er es sagt. Er nennt es eine Befreiung, die er erlebt habe mit seiner Ankündigung. «Es ist schön, dass die Athleten oder Medien jetzt Interesse zeigen an mir, das ist auch eine Art Würdigung für mich und meine Leistung.»
![In Gröden Mitte Dezember erwarteten Lebenspartnerin Katrin Triendl und Töchterchen Clea Beat Feuz im Zielraum, in Wengen wird auch die bald einjährige Luisa dabei sein.](https://cdn.unitycms.io/images/9c_c7KoTaQn8hlD38PM_e0.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=r42uDN_E6hg)
Zudem müsse er nicht erklären, weshalb seine Lebenspartnerin Katrin Triendl erstmals mit ihren gemeinsamen Töchtern Clea (4) und Luisa (am Dienstag 1) in den Zielräumen von Wengen und Kitzbühel stehen werde. «So kann ich es geniessen, dass sie da sind, und muss niemandem erklären, wieso sie mitgereist sind», sagt Feuz. «Die letzten Wochen als Skifahrer mit der Familie zu erleben, ist schön.»
Nun muss nur noch das Wetter mitspielen, das wechselhaft ausschaut fürs Wochenende, um dem Abfahrtskönig von Wengen einen Abschied zu verschaffen, den er verdient hat.
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