Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Beat Feuz über seinen Rücktritt
«Ich habe genug vom Skisport»

Keine Tränen: Auch beim Erklären der Gründe für den Rücktritt kontrolliert Beat Feuz seine Emotionen.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Kurz vor Schluss fängt Beat Feuz nichts Neues mehr an. Es geht nicht um Englisch oder Französisch, nein, ob er Schweizerdeutsch reden könne, fragt er kurz vor dem Start zur Medienkonferenz in Bormio, an der er seinen Abschied erläutern will. Er kann. Natürlich wird noch einmal eine Ausnahme gemacht für den Ausnahmefahrer, ausländische Journalisten hin oder her, diese dürfen dann später auch noch mit ihm reden – auf Hochdeutsch.

Dann wird dem 35-jährigen Emmentaler ein Teddybär in die Hand gedrückt, das Maskottchen der anstehenden Rennen im oberen Veltlin. Ob er am Mittwoch zur Abfahrt und am Donnerstag zum Super-G antreten wird, weiss er allerdings noch nicht. Das erste Training am Montag liess Feuz aus, weil er erkältet war. Nach Bormio ist er aber auch so gereist – um zu erklären, weshalb er nach den Rennen in Kitzbühel im Januar seine Karriere beendet.

Warum hört er auf?

«Irgendwann ist einfach genug, ich habe genug vom Skisport, habe genug miterlebt und letztlich genug erreicht. Es war ein Zeichen für mich, dass es sich nicht mehr richtig angefühlt hat, Rennen zu fahren, um jede Hundertstel zu kämpfen. Es gibt andere Sachen, die jetzt wichtiger sind, vor allem die Familie. Ich bin zweifacher Vater, habe eine superliebe Familie. Natürlich hatte ich Gedanken an daheim oder das Risiko nicht direkt beim Start. Aber im Training, wenn ich unterwegs war, da merkte ich schon, dass ich es nicht mehr brauche, so lange von zu Hause weg zu sein.

Zum anderen kennt jeder die Geschichte mit meinem Körper. Ich war in den letzten zehn Jahren keiner, der gern oder oft über sein linkes Knie geredet hätte, aber manchmal war es schlimmer, als viele dachten, auch der Kampf war grösser, als die meisten glaubten. Nach langer Zeit musste ich einsehen, dass es keinen Sinn mehr macht, zu kämpfen. Es braucht so viel Zeit, meinen Körper in Form zu bringen und konkurrenzfähig zu machen. Wenn ich das will, investiere ich wie in den letzten Jahren sehr viel, dazu bin ich jetzt schlicht nicht mehr gewillt. Mein Körper sagte mir, dass es vorbei ist.»

Fehlt die Lust?

«Eigentlich habe ich schon noch Lust, Rennfahrer zu sein, nur braucht es bei mir sehr viel Aufwand dafür. Vor allem, wenn ich ganz vorne mitkämpfen will. Es wird immer aufwendiger mit dem Alter, mit meinem Körper. Ich merkte, dass die Baustellen nicht kleiner werden. Nicht nur das linke Knie, auch die anderen Körperteile melden sich immer mehr. Ich bin nicht mehr gewillt, diesen Aufwand zu betreiben, ohne zu wissen, dass ich auch schmerzfrei sein werde. Und wenn ich nicht mehr bereit bin, 100 Prozent zu investieren, dann habe ich hier nichts mehr verloren. Zudem hatte ich keine Lust, nur noch Mitfahrer zu sein, das ginge vielleicht mit 90 Prozent Aufwand, nur entspricht das nicht meinen Ansprüchen.»

Wann fiel der Entscheid?

Ein Gruss zum baldigen Abschied: Beat Feuz beendet schon im Januar seine Karriere.

«Er kam nicht von gestern auf heute, viel mehr war es ein Wunsch von mir, gegen aussen mit der Ankündigung für eine Überraschung zu sorgen. Ich glaube, das ist mir gelungen. Der Gedanke schwirrt seit Jahren herum, auch wurde ich immer wieder darauf angesprochen. Die Sommervorbereitung bestritt ich aber noch wie geplant, da war der Rücktritt absolut kein Thema. Auch während der Vorbereitung in Nordamerika, während der paar Skitage im kanadischen Panorama, hatte ich noch nichts entschieden.

Dann reiste ich nach Lake Louise. Es war die erste Besichtigung der Abfahrt, da musste ich feststellen: Das ist nicht mehr das, was ich will. Und das vor dem ersten Rennen der Saison. Ich fuhr ins Ziel, rief Katrin (Triendl, seine Freundin) an und sagte ihr, dass ich aufhöre. Erst verstand sie nicht, was ich meine, schnell aber sagte sie mir, dass sie mich dabei unterstützen werde, wenn es so sei. Ich sagte ihr, ich würde die Nordamerika-Tour noch beenden und zu Hause alles mit ihr besprechen.»

Weshalb ist vor der WM in Courchevel und Méribel im Februar Schluss?

«Ich bleibe meiner Linie treu. Seit ich im Weltcup bin, sage ich, dass die grossen Klassiker, Wengen und Kitzbühel, meine grossen Ziele sind – Weltmeisterschaft oder Olympische Spiele hin oder her. Ich möchte dort noch einmal konkurrenzfähig am Start stehen, dann ist Schluss. An der WM soll es schliesslich um anderes gehen als um den Feuz, der an seinen letzten Titelkämpfen noch den Grossen spielen will.

Ich realisierte schon im Sommer, dass sich mein Körper nach Ski- oder Konditionstrainings anders angefühlt hat als noch ein paar Jahre zuvor. Man sah das dann auch in den ersten Rennen der Saison in Lake Louise und Beaver Creek, sie waren zwar schwierig mit dem schlechten Wetter, aber vor vier, fünf Jahren hätte ich auch bei solchen Rennen um den Sieg mitfahren können. Nun war das nicht mehr möglich.»

Fiel eine Last von ihm ab?

«Als ich öffentlich bekannt gab, dass im Januar Schluss sein wird, fiel Druck ab. Ich freue mich nur noch auf die Rennen in Wengen und Kitzbühel. Ich finde es auch richtig, dass ich es jetzt bekannt gegeben habe und nicht erst nach den Klassikern. So können sich die Leute, gerade auch in Wengen, wo ich immer sehr viele Fans habe, darauf einstellen, dass ich zum letzten Mal am Start stehe. So können sie es hoffentlich auch noch einmal geniessen mit mir – genau so wie ich mit ihnen.»

Wie waren die Reaktionen?

«Ich habe schon ein paar Nachrichten erhalten, aber nicht übermässig viele. Ich denke, einige mussten das Ganze erst sacken lassen, es waren sicher viele überrascht. Aber klar, viele Skifahrer haben sich bei mir persönlich oder via Social Media gemeldet, nicht nur Schweizer. Das zeigt, welche Rolle ich gespielt habe im Weltcup und vor allem in den Abfahrten in den letzten Jahren. Ich spüre die Wertschätzung, die mir entgegengebracht wird. Das freut mich.»

Ist ein Rücktritt vom Rücktritt denkbar?

«Der ist ausgeschlossen, selbst wenn ich in Wengen und zweimal in Kitzbühel gewinnen sollte. Auch mit diesen 300 Punkten wäre ich im Abfahrtsweltcup noch immer nicht zuvorderst, weil die anderen kaum leer ausgehen würden. Die fünfte Kristallkugel (für den Sieg im Disziplinenweltcup) ist nicht mehr mein Ziel und nicht mehr mein Anspruch. Wenn ich hier in Bormio nicht fahre, ist das kein Weltuntergang. Ich will meine Karriere in Kitzbühel gesund und erfolgreich beenden. An diesem Entscheid habe ich nie gezweifelt.»

Wie sehen seine Zukunftspläne aus?

«Die gibt es schon, aber konkret ist eigentlich wenig. Gewisse Dinge laufen sicher weiter nach meiner Karriere, etwa die Partnerschaft mit meinem Kopfsponsor. Und ich bin ja auch an einem E-Bike-Unternehmen beteiligt. Ich habe keinen Stress, aktuell bin ich noch immer Rennfahrer. Ich bin privilegiert genug, dass ich es mir leisten kann, auch mal drei Monate lang Ferien zu machen.» (lacht)

(Aufgezeichnet)