Kommentar zur KlimakonferenzDie Schweiz darf zum Unrecht in Berg-Karabach nicht schweigen
Die UNO-Klimakonferenz tagt in Aserbaidschan – nur ein Jahr nachdem über 100’000 Armenier aus Berg-Karabach vertrieben worden sind. Die Schweiz macht bislang gute Miene zum bösen Spiel.

Auf der Agenda der UNO-Klimakonferenz in Baku stehen die Bekämpfung des Klimawandels und die Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Auch eine Delegation der Schweiz um Bundesrat Albert Rösti reiste an die COP29, die vom aserbaidschanischen Regime schamlos ausgenutzt wird, um seine aggressive Politik gegenüber Armenien zu rechtfertigen. Die Wahl des Austragungsortes ist grotesk. Aserbaidschan ist ein Petrostaat. Mit den Einnahmen aus dem Export von Erdöl und Erdgas rüstet Aserbaidschan seine Armee massiv auf.
Präsident Ilham Alijew regiert das Land mit eiserner Faust. Bei der Nichtregierungsorganisation Freedom House erreicht Aserbaidschan in Sachen Freiheit nur 7 von 100 Punkten – sogar China ist freier. An der COP29 redet Alijew, ohne mit der Wimper zu zucken, von «Aserbaidschan als dem Land der Toleranz und des Multikulturalismus», während seine Gefängnisse voll sind von Regimekritikern, kritischen Journalisten und armenischen Gefangenen.
Im September 2023 eroberte Aserbaidschan das umstrittene Gebiet Berg-Karabach. Es war ein Krieg gegen die armenische Zivilbevölkerung. Durch Aushungern und Gewalt wurden mindestens 100’000 Armenier zur Flucht gezwungen. Seit dieser ethnischen Säuberung versucht Aserbaidschan, die kulturellen Spuren der indigenen armenischen Bevölkerung auszulöschen. Ein Urteil des internationalen Strafgerichtshofs, das die Rückkehr der vertriebenen Berg-Karabach-Armenier fordert, ignoriert man.
Aserbaidschan droht Schweizer Parlamentariern
Warum hören die Klimabesorgten anstandslos zu, wenn der Präsident des Gastgeberlandes anstatt über den Klimawandel über Berg-Karabach spricht, und zwar «als ein angestammtes Gebiet von Aserbaidschan», das «nach dreissigjähriger armenischer Besatzung befreit wurde»?
Jedenfalls bewegt das Schicksal der Karabach-Armenier das Schweizer Parlament. Diesen Herbst hat die Aussenpolitische Kommission (APK) des Nationalrats eine überparteiliche Motion angenommen, welche die Organisation eines Friedensforums zur Lösung der Situation der Berg-Karabach-Flüchtlinge fordert. Darauf hat Aserbaidschan so reagiert, wie es immer reagiert. Ein aserbaidschanischer «Parlamentarier» (das Parlament wird vom Regime kontrolliert) hat den Schweizer APK-Mitgliedern mit der Verschlechterung der Beziehungen gedroht, falls man sich weiter engagiert.

Das Engagement der Parlamentarier steht aber in bester Schweizer Tradition. So setzte sich die Schweiz einst für die Opfer des Genozids an den Armeniern ein. Die Neutralität und die Solidarität gehören zusammen wie das Raclette und das Rechaud, so wollten es die Begründer der Neutralitätspolitik.
Im Gegensatz zum Parlament ist der Bundesrat gegenüber den massiven Menschenrechtsverletzungen von Aserbaidschan bislang sehr passiv. Was ist der Grund dafür? Sind es wirklich nur die Wirtschaftsbeziehungen? Aserbaidschan rangiert auf der Liste der Handelspartner der Schweiz nur auf Platz 91. Will man nicht wahrnehmen, dass der Konflikt auch eine weltanschauliche Dimension hat und es um die Auslöschung des christlichen Zeugnisses im Südkaukasus geht?
Simon Brechbühl ist Geschäftsführer von Christian Solidarity International.
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