Topkader geben ihre Posten aufKnall im VBS: Armeechef Süssli und Geheimdienst-Chef Dussey gehen
Thomas Süssli und Christian Dussey haben gekündigt. Schon seit Anfang Jahr reiht sich eine Hiobsbotschaft aus Viola Amherds Departement an die nächste.

Nach der Verteidigungsministerin gehen auch zwei ihrer wichtigsten Kaderleute: Armeechef Thomas Süssli und der Chef des Nachrichtendienstes, Christian Dussey, haben beide ihre Kündigung eingereicht. Das berichtete am Dienstag zuerst die NZZ. Priska Seiler Graf, die Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, bestätigte die Abgänge der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Dienstagnachmittag. Das Verteidigungsdepartement (VBS) will zum Thema auf Anfrage keinen Kommentar abgeben.

In der Sicherheitspolitischen Kommission, die am Montag und Dienstag getagt hat, waren die Rücktritte zuerst kein Thema. Dies, obwohl am Montag sowohl Süssli als auch Viola Amherd in der Kommission zu anderen Themen Rede und Antwort gestanden sind. Die Kommissionsmitglieder erfuhren zuerst aus den Medien von der Kündigung.
Und sie waren nicht die Einzigen: Selbst die anderen sechs Bundesräte wurden von Viola Amherd bis am frühen Dienstagmorgen nicht offiziell über die Abgänge informiert. Für die Bundesratssitzung vom Mittwoch wurden erst am Dienstagmorgen kurzfristig zwei vertrauliche Personalgeschäfte aus dem VBS traktandiert. Erst nachdem die Unterlagen auf der bundesinternen Plattform hochgeladen worden waren, hatten auch andere Departemente Zugang dazu. Der Bundesrat hätte eigentlich am Mittwoch informiert werden sollen.
Die Chronologie der Hiobsbotschaften aus dem VBS
Damit wird nach und nach bekannt, was für einen rabenschwarzen Jahresanfang das Verteidigungsdepartement erlebt hat - mit Abgängen von Spitzenleuten und vernichtenden Berichten im Wochenrhythmus. Den Auftakt machte der Projektverantwortliche des neuen Kampfjets F-35 und der Flugabwehr: Am 8. Januar kommunizierte das VBS, dass Darko Savic zur Pilatus Flugwerke AG wechselt. Am 15. Januar überraschte Viola Amherd das Land mit ihrer eigenen Rücktrittsanküdigung auf Ende März. Wie Recherchen zeigen, reichte Geheimdienstchef Dussey seinen Rücktritt nur fünf Tage später ein - und am 30. Januar dann Armeechef Thomas Süssli.
In diesen Januartagen sorgen die Untersuchungsberichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) für Unruhe im VBS. Am 10. Januar legt die EFK Amherds Departement den explosiven Ruag-Bericht zur internen Begutachtung vor. Dort steht schwarz auf weiss, dass die Bundesrätin seit 2019 Hinweise zum mutmasslichen Betrug beim Rüstungskonzern hatte. Am 22. Januar macht die EFK einen Bericht zum Drohnen-Debakel öffentlich, der die 300-Millionen-Beschaffung als «Entwicklungsprojekt» bezeichnet.
Nach den Skiferien ging es mit den Hiobsbotschaften nahtlos weiter. Der Abgang von Luftwaffenkommandant Peter Merz wurde bekannt gegeben. Am 14. Februar legte das VBS dann einen Bericht zum Zustand seiner laufenden Top-Projekte vor. Dieser zeigt, dass es auch bei den Funkgeräten, den Duros und den Mörsern zu Verzögerung und teils Mehrkosten kommt.
Erst am späten Montagabend hat dann die EFK ihre Untersuchungen zum Korruptionsfall bei der Ruag veröffentlicht - danach folgten die Neuigkeiten zu den beiden Rücktritten Schlag auf Schlag. Geht es nach den Plänen des VBS, bleibt Süssli bis Ende 2025 im Amt und Dussey bis März 2026. Die Begründung dafür im Entwurf der Kommunikation des Abtritts, die für den Mittwoch vorgesehen ist, lautet: Aufgrund der schwierigen sicherheitspolitischen Lage sei ein früherer Wechsel an der Spitze des Nachrichtendienstes nicht opportun.
Nun stellen sich zwei zentrale Fragen: erstens, weshalb Viola Amherd ihre Bundesratskollegen rund einen Monat lang im Ungewissen darüber lässt, dass zwei der wichtigsten Personen im VBS – ja im Fall von Süssli sogar beim Bund überhaupt – das Departement verlassen. Und zweitens, ob sich die Abgänge wirklich so lange hinauszögern lassen. Klar ist, dass der neue VBS-Chef – der voraussichtlich entweder Markus Ritter oder Martin Pfister heissen wird – die beiden neuen Kader ernennen wird. Ob der neue Verteidigungsminister sich damit zufriedengibt, dass die zwei Topkader noch rund ein Jahr im Amt bleiben, ist aber mindestens fraglich.
Zwei zentrale Personalien von Viola Amherd
Thomas Süssli war die wohl wichtigste Ernennung von Verteidigungsministerin Viola Amherd. Er ist seit Anfang 2020 im Amt, wenn sein Abgang wie geplant vonstattengeht, sind das also sechs Jahre an der Spitze der Armee. Der frühere Banker und IT-Spezialist war eine ungewöhnliche Ernennung. Im Gegensatz zu früheren Armeechefs hatte er nicht seine ganze Karriere der Armee gewidmet. Erst vor rund sieben Jahren übernahm er die Leitung der Führungsunterstützungsbasis FUB, die sich unter anderem um Cybersicherheit kümmert.
Dussey wird, wenn es beim anvisierten Abgang in mehr als einem Jahr bleibt, vier Jahre auf seinem Posten absolviert haben. Der Diplomat war der Wunschkandidat von Verteidigungsministerin Viola Amherd gewesen, nachdem sie sich von Vorgänger Jean-Philippe Gaudin getrennt hatte. Der frühere Botschafter im Iran übernahm den Direktorenposten beim NDB im April 2022. Er leitete schnell eine tiefgreifende Umstrukturierung des Dienstes ein, die intern viel Unruhe hervorrief und nicht abgeschlossen ist.
Das Personal tat seinen Unmut bereits 2023 in einer Umfrage kund. Dabei wurde die Führung des Geheimdienstes besonders schlecht bewertet. Überdurchschnittlich viele Mitarbeitende verliessen den NDB, darunter zahlreiche bewährte Kräfte. Während Dusseys Amtszeit gelang die Enttarnung eines russischen Agenten, der in der Schweiz Waffen und Laborgerät beschaffte, und es kam zur Verhaftung eines Kanadiers in Genf, der mutmasslich für China spionierte.
Am Mittwoch plant das VBS eine Medienkonferenz, an der sich voraussichtlich sowohl Amherd, Süssli als auch Dussey äussern werden.
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