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Schweizer Weltmarktführerin
Apples Airpods werden zum Hörgerät. Muss man sich um Sonova Sorgen machen?

epa11595223 A display of new AirPods models at Apple's 'Glowtime' product launch event on the campus of Apple Park in Cupertino, California, USA, 09 September 2024. The company introduced new iPhone models, the new Apple Watch Series 10, as well as new AirPods.  EPA/PETER DASILVA
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Apple, das wertvollste Unternehmen der Welt, hat in der vergangenen Woche diverse Neuerungen präsentiert. Eine davon ging zuerst etwas unter und scheint erst jetzt so richtig durchzudringen: optimierte Funktionen der kabellosen Airpod-Kopfhörer, sodass diese künftig auch als Hörgerät dienen. Das «Wallstreet Journal» schreibt von einem «grossem Moment», die neuen Airpods «werden das Leben von Millionen von Menschen auf fast magische Weise verbessern».

Beobachterinnen sehen sich zehn Jahre zurückversetzt. Im Jahr 2014 hat Apple die Apple Watch präsentiert – rückblickend gesehen war dieser Moment prägend für eine ganze Branche: Mit Apple war eine mächtige Firma aufgetaucht und bedrohte mit ihrem Produkt Uhrenfirmen auf der ganzen Welt. Später zeigte sich, dass vor allem das mittlere und günstige Preissegment stark unter Druck kam, darunter die Schweizer Traditionsmarke Swatch. Die Luxusmarken hingegen konnten sich weiterhin behaupten.

Dabei gab sich Swatch zuerst gelassen. Die Apple Watch sei «ein interessantes Spielzeug, aber keine Revolution», sagte Chef Nick Hayek. Nur: Apples Uhren waren rasch erfolgreich. Der Konzern stellt heute pro Jahr mehr Uhren her als die Schweizer Uhrenindustrie. Diese hat den Markteinstieg gut verkraftet, indem sie sich stärker auf teure Produkte fokussierte. So dürfte laut der «Handelszeitung» der Luxusuhrenhersteller Rolex dieses Jahr Apple wieder überholen und die umsatzstärkste Uhrenmarke werden. Die Swatch Group mit Sitz in Biel hingegen stagniert seit mehreren Jahren und baut Arbeitsplätze ab. Sie werde «zur Migros der Uhrenindustrie», schrieb die NZZ diesen Sommer.

Die Branche ist insgesamt in eine Krise geraten: Die sinkende Nachfrage nach Schweizer Uhren und der starke Franken setzen den Herstellern zu. Die Lage scheint drastisch. Diese Woche fordert der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie die Behörden auf, die Uhrenbranche zu unterstützen. Unter anderem soll die Nationalbank am Devisenmarkt intervenieren und den Franken schwächen.

Apple Watch ist kein medizinisches Gerät

Droht nun der Schweizer Firma Sonova, Weltmarktführerin bei den Hörgeräten, das gleiche Schicksal? Auf jeden Fall müsse sie den Vorstoss von Apple ernst nehmen, sagt Manuel Peter, Research Analyst bei der Helvetischen Bank. Das gelte auch für andere wichtige Hörgerätehersteller wie Demant und GN Store (beide aus Dänemark). Apple sei ein mächtiger, neuer Konkurrent, denn er habe beträchtliche finanzielle Möglichkeiten, Tech-Know-how und eine grosse, loyale Kundschaft.

Für ihn ist der Vergleich zwischen Sonova und Swatch nicht ganz zulässig. Erstens sei die Uhr ein Freizeitaccessoire und kein medizinisches Gerät wie ein Hörgerät. Zweitens seien die zusätzlichen Funktionen der Airpods nicht mit dem Launch eines komplett neuen Produktes wie der Apple Watch vergleichbar. «Damals warteten viele Leute gespannt auf diese neuartige Apple-Uhr und kauften sie, um erstmals eine Smartwatch ausprobieren zu können», sagt Peter.

Bei den Airpods mit erweiterten Funktionen sei dies nicht der Fall. «Generell sträuben sich viele Menschen mit Hörbeschwerden gegen das Tragen eines Hörgeräts und nehmen auch im hohen Alter eher in Kauf, Gespräche nicht richtig zu verstehen, statt ein Hörgerät zu kaufen», sagt Peter.

Sonova könnte von Apple sogar Rückenwind erhalten

Auch wenn Apple Millionen von Kopfhörern nun einfach in Hörgeräte verwandelt: Diese Neuerung werde Sonova erstmals kaum betreffen, denn die verbesserten Airpods können maximal mit einem Einsteiger-Hörgerät verglichen werden. Von einem vollumfänglichen Hörgerät, das derzeit bis zu 6000 Franken kostet, sind sie noch weit entfernt. 

Somit sprechen die verbesserten Airpods in erster Linie Menschen mit leichtem bis mittlerem Hörverlust an, die bisher im Laden entsprechend günstigere Modelle kaufen können, ohne sich von einer Akustikfachperson beraten lassen zu müssen. Auch Sonova bietet solche einfacheren Geräte an, diese sind laut Analyst Peter insgesamt für die Geschäftsentwicklung eher unbedeutend. 

Er prognostiziert, dass Sonova sogar Rückenwind erhalten könnte, wenn durch Apple mehr Menschen langsam an das Thema Hörverlust herangeführt werden. Nämlich dann, wenn der Konzern Hörgeräte für Einsteiger entwickelt, die dann früher oder später meist auf die leistungsfähigeren, «richtigen» Hörgeräte von Spezialisten wie Sonova umsatteln müssen.

Auch am Sonova-Hauptsitz in Stäfa ZH gibt man sich zuversichtlich. Zwar kenne man noch nicht alle Funktionen und Möglichkeiten der neuen Airpods Pro 2, doch die Firma habe «schon immer neue, innovative Wege unterstützt, um das Bewusstsein für das wichtige Thema der Hörgesundheit zu stärken», schreibt ein Sprecher. «Generell begrüssen wir jede Entwicklung, die es Menschen mit Hörverlust ermöglicht, von einem einfachen Zugang zu Lösungen zu profitieren.»

Sonova kaufte Sennheiser

Sonova scheint dennoch zumindest sensibilisiert durch die neue Situation. Vor zwei Jahren kaufte sie die Kopfhörer- und Lautsprechersparte der Firma Sennheiser. Die Firma hat bereits Kopfhörer im Sortiment, die Geräusche verstärken. 

Und was, wenn Apple dereinst auch höherklassige, voll funktionsfähige Hörgeräte anbietet? «Das könnte sein, doch für Apple ist es attraktiver, in anderen Feldern weiter vorzudringen als bei Hörgeräten, die weiterhin ein vergleichsweise kleiner Markt sind», sagt Peter. 

Bei Swatch war es anders. Erst zwei Jahre später bestätigte Hayek, Swatch entwickle ein eigenes Betriebssystem für smarte Uhren und andere Kleingeräte namens Swiss OS. Um dieses Betriebssystem ist es inzwischen ruhig geworden, während Apples «Spielzeug» das Geschäft mit Smartwatches weiterhin dominiert.