Nach Entscheid zu Restwasser Applaus für Rösti – von links
Der SVP-Bundesrat setzt sich für Fische unterhalb von Wasserkraftwerken ein – und erhält dafür Lob aus der SP. Auch die Grünen räumen ein: «Der Albtraum ist bisher ausgeblieben.»
Albert Rösti war kaum in den Bundesrat gewählt, stand für die Grünen bereits fest: Der SVP-Magistrat sei ein «Albtraum für Klima- und Umweltschutz». Zumindest in einem wichtigen Geschäft scheint Rösti die Grünen Lügen strafen zu wollen. Auf seinen Antrag hin hat der Bundesrat am Freitag entschieden, die befristete Reduktion der ökologisch wichtigen Restwassermengen unterhalb von Wasserkraftwerken Ende März aufzuheben, einen Monat früher als geplant.
Die Reduktion angeordnet hatte der Bundesrat im letzten Herbst, als ungewiss war, ob die Schweiz diesen Winter ohne Strommangel überstehen wird. Dank dieser Massnahme hatten bestimmte Wasserkraftwerke mehr Wasser für die Stromproduktion zur Verfügung, sie mussten also weniger Wasser unturbiniert in die Fliessgewässer darunter ableiten. Der Bundesrat hält die vorzeitige Aufhebung der Massnahme für vertretbar, die Stromversorgungslage sei derzeit stabil und weniger angespannt als zu Beginn des Winters.
Röstis «pragmatischer Kurs»
Für den Entscheid erhält der neue Umweltminister Lob – von links-grüner Seite. «Albert Rösti beweist, dass er in der Umweltpolitik einen pragmatischen Kurs fährt», sagt Ständerat Roberto Zanetti (SP). Im Januar hatte der Schweizerische Fischerei-Verband, den Zanetti präsidiert, auf ein rasches Ende der Massnahme gedrängt, aus Sorge um die ökologisch fragilen Gewässersysteme unterhalb der Wasserkraftwerke. Er wollte insbesondere verhindern, dass stark gefährdete Krebse und Fische wie die Äsche, dessen Laichzeit im März startet, «noch stärker unter Druck kommen».
Rösti hatte sich diese Woche auch im Nationalrat für die Ökologie starkgemacht. Im Rahmen der Debatte um den Energie-Mantelerlass warnte er davor, mit einem Rückzieher bei den Restwassermengen einen Kompromiss zu gefährden. Er spielte damit auf die 15 Projekte zum Ausbau der Wasserkraft an, auf die sich Bund, Kantone sowie die Energiewirtschaft und Umweltverbände an einem runden Tisch 2021 geeinigt hatten.
Doch der Nationalrat beschloss, die Restwassermengen bei Neukonzessionierungen von Wasserkraftwerken nicht wie geplant zu erhöhen, sondern auf dem gesetzlichen Minimum von heute zu belassen. Er schuf damit eine Differenz zum Ständerat, der Punkt ist also noch nicht geklärt. Der Fischerei-Verband wird sich dafür einsetzen, dass das Parlament am Ende den Kompromiss einhält. «Dabei haben wir in Bundesrat Rösti einen verlässlichen Verbündeten», sagt Zanetti.
Kritik der «Weltwoche»
Und was meinen die Grünen? Nationalrat Bastien Girod räumt ein: «Der Albtraum ist bisher ausgeblieben.» Es sei Rösti zugutezuhalten, dass er die Dossiers gut kenne und darauf achte, dass die Umweltverbände «nicht in die Vollopposition gehen». «Das ist auch richtig, sonst wird er den Mantelerlass nicht durchbringen.» Kritik an Rösti übt Girod aber gleichwohl, zum Beispiel, weil sich Rösti im Nationalrat gegen eine umfassende Solarpflicht auf bestehenden Gebäuden ausgesprochen habe.
Röstis Wirken ist auch in der jüngsten Ausgabe der «Weltwoche» thematisiert worden. Unter dem Titel «Öl-Baron wird Klimaschützer» schreibt das Blatt von SVP-Nationalrat Roger Köppel, Rösti habe seine Ansichten, keine 100 Tage im Amt, schon um 180 Grad geändert. Und fügte an: Noch schaue die SVP dem Treiben ihres neuen Bundesrats zu.
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