Bildkolumne SchnappschussAnne Hathaway hat kä Luscht
Vor zwölf Jahren biss eine Journalistin in einem Interview mit der Schauspielerin auf Granit. Jetzt hat sich Hathaway dafür entschuldigt. Warum bloss? Es war ein grossartiger Moment.
Die Mitglieder der journalistischen Zunft, das muss an dieser Stelle selbstkritisch zugegeben werden, fallen manchmal nicht durch gescheite Fragen auf. Das zeigt sich besonders nach Fussballspielen und Wahlsonntagen, wo man nicht mit denen tauschen möchte, die da Auskunft geben sollen über ihre Gemütsverfassung angesichts von bodenlosen Niederlagen. Immerhin: In Hollywood ergeht es der Prominenz auch nicht besser.
Vor zwölf Jahren wurde Anne Hathaway während der Pressetour ihres Films «Les Misérables» gefragt, ob sie ihre Antworten nicht singen möge. Jetzt könnte man finden, warum nicht, schliesslich geht es um ein Musical. Aber natürlich ist die Frage von seltener Doofheit. Wenn man das konsequent weiterdenkt, muss Simone Biles ihre Antworten irgendwann vorturnen.
Die Macht eines kleinen Wortes
Anne Hathaway sah das auch so. Sie schaute ihr Gegenüber an und sagte einfach: «No.» Worauf die Journalistin – unverdrossen – wissen wollte, ob sich Hathaway an ihre erste Verliebtheit erinnere. Die Schauspielerin antwortete wieder: «No.» Es war das Ende des Interviews.
Jetzt hat sich Hathaway dafür entschuldigt, deshalb weiss man überhaupt von dieser Begegnung. Eventuell befürchtete sie, bei der Journalistin ein Trauma ausgelöst zu haben, man wisse heute schliesslich nie. Trotzdem wäre das überhaupt nicht nötig gewesen. Denn selten wurde die Durchschlagskraft des kleinen Wortes Nein schöner dokumentiert. Man sollte unbedingt häufiger die Hathaway machen.
In der SonntagsZeitungs-Rubrik «Schnappschuss» kommentiert Bettina Weber jede Woche ein aktuelles Bild.
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