Ermittlungen laufenMacron spricht bei Messerattacke in Mülhausen von islamistischem Terrorakt
Am Samstagnachmittag kam es im Elsass zu einer Messerattacke. Ein 37-jähriger Algerier stach auf mehrere Polizisten ein. Er wurde festgenommen, ein Toter ist bestätigt.

Im Zentrum von Mülhausen, gleich vor dem gedeckten Markt der ostfranzösischen Stadt, hat am Samstagnachmittag ein 37-jähriger Algerier mit einem Messer auf mehrere Polizisten eingestochen, nachdem er «Alluh-akbar», Gott ist gross, gerufen hatte. Ein 69-jähriger Portugiese, der gerade sein Gemüse an einem Marktstand gekauft hatte, stellte sich dazwischen, wurde mehrmals in die Brust getroffen und erlag seinen Verletzungen am Tatort. Mindestens drei Polizisten wurden verletzt, einer von ihnen so schwer, dass zunächst nicht klar war, ob er überleben würde.
Es war kurz vor 16 Uhr, eine Solidaritätskundgebung für die Demokratische Republik Kongo begann gerade, als Brahim A. zur Tat schritt. Wie ein Marktstandbesitzer dem Fernsehsender BFM TV berichtete, hatte sich der Mann schon seit Stunden auf dem Markt aufgehalten und wirr vor sich her geredet. Dann sei alles ganz schnell gegangen.
Die Polizei konnte Brahim A. überwältigen und verhaften, ohne dass dafür ein Schuss fiel. Die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes und versuchten Mordes mit terroristischem Motiv eröffnet, so klar scheinen die Anzeichen in diesem Fall zu sein.
«Das ist ein islamistischer Terroranschlag», sagte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, kaum waren die ersten Eilmeldungen publik, und unterbrach seinen Besuch bei der Landwirtschaftsmesse. «Daran gibt es keine Zweifel.»
Algerien weigerte sich, den Täter zurückzunehmen
Brahim A. ist der Polizei hinlänglich bekannt. Wie die Zeitung «Le Parisien» mit Verweis auf Quellen bei der Staatsanwaltschaft berichtete, sass er im vergangenen Jahr wegen Verherrlichung des Terrorismus während vier Monaten in Haft. Seit er das Gefängnis verlassen hatte, stand er unter Hausarrest, er musste sich täglich auf dem Kommissariat melden. Am Samstag weigerte er sich offenbar, die Kontrollpapiere zu unterschreiben.
Brahim A. stand auch auf jener Liste von Personen, die der französische Staat beobachtet, weil er davon ausgeht, dass sie sich weiter radikalisieren könnten. Und er sollte das Land verlassen: Frankreich hatte eine sogenannte Obligation de quitter le territoire français, besser bekannt unter dem Akronym OQTF, gegen ihn ausgestellt. In Frankreich werden weniger als zehn Prozent der Personen unter OQTF pro Jahr tatsächlich des Landes verwiesen, was immer wieder zu grossen Debatten führt.
Innenminister Bruno Retailleau, der sofort nach Mülhausen fuhr, beteuerte am Abend, Frankreich habe Algerien zehn Mal aufgefordert, Brahim A. zurückzunehmen – und Algerien habe sich jedes Mal geweigert. Retailleau kündigte an, Rechtsänderungen prüfen zu wollen. Er sprach sich dafür aus, verurteilte und «sehr gefährliche» Menschen, die nicht aus dem Land gebracht werden könnten, in Abschiebehaft zu nehmen.
«Der Fanatismus hat einmal mehr zugeschlagen, und wir sind in Trauer», schreibt Frankreichs Premier François Bayrou in den sozialen Medien. Michèle Lutz, die Bürgermeisterin von Mülhausen, sprach von «Horror», der ihre Stadt erfasst habe.
In Frankreich hatte es seit Dezember 2023 keine Todesopfer durch Terroristen mehr gegeben. 2024 war, was die Franzosen eine «année blanche» nennen – ein Jahr ohne Terroropfer. Es war das erste seit 2015 und den grossen Anschlägen in Paris: auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» im Januar und auf die Konzerthalle Bataclan, das Stade de France und die Caféterrassen des 10. und des 11. Arrondissement im November.
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