Analyse zur Nobelpreis-VerleihungDie Nobelpreise werden wieder verliehen. Schade um das schöne Geld
Alfred Nobel wollte mit seinem Testament der Menschheit etwas Gutes tun. Doch sowohl für Forschung als auch für Frieden wären seine Millionen anders besser angelegt.
- Richard Feynman hielt den Nobelpreis für überbewertet und unerwünscht.
- Alfred Nobel wollte mit seinen Preisen der Menschheit nützen.
- Der Nobelpreis ignoriert, dass Forschung heutzutage Teamarbeit ist.
- Nobelpreise sind keine dringende weltweite Notwendigkeit mehr.
In seinem Buch «Surely You’re Joking, Mr. Feynman» erzählt der Physiker Richard Feynman, wie er 1965 frühmorgens von dem berühmten Anruf geweckt wurde. Wenig später hatte er jemanden vom «Time Magazine» am Telefon, den er sofort fragte, wie er aus der Sache unauffällig wieder rauskommen könne. Antwort: Keine Chance. Also wurde Feynman wider Willen Nobelpreisträger. Plötzlich kamen zu seinen Vorträgen Hunderte Zuhörer, die sich kaum für das komplizierte Zeug interessierten, über das er sprechen wollte. Einmal habe er sich deshalb als Henry Warren ankündigen lassen. Nichts als Ärger mit diesem Preis!
Nicht alle Forscher geben so wenig auf einen Nobelpreis, wie Feynman es tat, man muss diejenigen nicht bemitleiden, die es in dieser Woche erwischen wird. Trotzdem kann man sich fragen, wie sinnvoll das Ritual noch ist.
Denn eigentlich wollte Alfred Nobel, der Stifter der Preise, der Nachwelt damit ja etwas Gutes tun – mutmasslich auch, weil er als Erfinder des Dynamits vor allem mit Kriegsgerät reich geworden war. Jedenfalls verfügte Alfred Nobel in seinem Testament, dass aus seinem Vermögen Preise finanziert werden sollten für die, deren Arbeit «der Menschheit den grössten Nutzen» gebracht hat. Nobel legte fünf Kategorien fest, Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden. 1901 wurden die Preise erstmals verliehen, der Wirtschaftspreis kam erst 1968 hinzu.
Jeder muss selbst wissen, was er mit seinem Vermögen macht
Das kann man heute alles nicht mehr ändern, Nobels Testament ist bindend, und jeder muss selbst wissen, was er mit einem Vermögen macht, das heute rund 200 Millionen Euro entsprechen würde. Aber wenn es darum ginge, einen kleinen Teil des Leids wiedergutzumachen, das Kriege anrichten: Da gäbe es andere Wege.
Es soll hier mal nicht um den Friedensnobelpreis gehen und auch nicht um den für Literatur, auch wenn beispielsweise die Tatsache, dass Astrid Lindgren nie ausgezeichnet wurde, schon gewisse Defizite im Auswahlprozess vermuten lässt (als Lindgren 1972 erstmals nominiert wurde, befand man ihr «unbestreitbares Talent» nicht für ausreichend). Aber die naturwissenschaftlichen Fächer könnte man besser fördern als mit einem Preis, der über wenigen Ruhm und Geld ausschüttet, während alle anderen leer ausgehen.
Sicher ist ein Nobelpreis oft eine sehr verdiente und willkommene Würdigung, aber doch kein Anreiz, sich in der Forschung anzustrengen, dafür ist die Wahrscheinlichkeit viel zu gering, dass es am Ende klappt mit dem Preis. Zumal man selbst im Erfolgsfall noch viel Geduld braucht: Im Schnitt, so berechnete es kürzlich «Nature», dauerte es zuletzt rund 29 Jahre von der wichtigsten Arbeit bis zum Preis. Dann ist mancher schon zu alt, um es mit dem Gewinn an Geld und Status noch so richtig krachen zu lassen.
Forschung ist Teamarbeit
Vor allem aber passt der Preis nicht dazu, wie Forschung heute funktioniert: Sie ist Teamarbeit, immer. An grossen physikalischen Experimenten sind teils Tausende beteiligt. Und dann bekommen zwei oder drei den Preis, werden für ihr Genie gefeiert und sollen fortan auf jedes Menschheitsproblem die Antwort wissen? Was soll dieser Personenkult?
Natürlich kann und darf man wieder mitfiebern, wenn nun die Preise verkündet werden. Es spricht überhaupt nichts dagegen, Wissenschaft bei dieser Gelegenheit mal so zu feiern wie andere Leute den Fussball bei der WM. Aber das ändert nichts daran, dass die Welt momentan vieles dringend braucht – Nobelpreise eher nicht.
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