Geldblog: Individuelle VorsorgeAmortisieren, vorsorgen oder anlegen?
Wer eine hohe Hypothek und bereits Wertschriften hat, sollte im Sinne der Risikominimierung die eigene Vorsorge stärken – erst recht, wenn noch ein PK-Vorbezug getätigt wurde.
Meine Frau (45) und ich (51) haben eine Hypothek über 700'000 Franken, die wir jeweils mit einer kurzfristigen Festzinshypothek zu 0,5 Prozent finanzieren und indirekt über maximale 3a-Einzahlungen amortisieren. Für den Kauf wurde aus einer Pensionskasse ein WEF-Vorbezug von 100'000 Franken getätigt. In den Jahren vor der Pensionierung haben wir nun etwas Geld übrig, für das wir eine möglichst gewinnbringende Anlagemöglichkeit suchen. Welches wäre das sinnvollste Vorgehen?
Wir sehen hier folgende Möglichkeiten: freiwillige Amortisation der Hypothek; freiwillige Einzahlung in die PK, aus welcher kein Vorbezug gemacht wurde; Rückzahlung des PK-Vorbezugs oder eine eigene Investition in diverse ETFs – erzielte Anlagerendite in den vergangenen Jahren mehr als 10 Prozent pro Jahr. Was würden Sie uns raten? Leserfrage von A.C.
Wenn Sie die mit ihren Exchange Traded Funds ETFs erreichte Anlagerendite von 10 Prozent pro Jahr betrachten, wäre die Antwort auf den ersten Blick eigentlich klar. Sie müssten auch für das zur Anlage stehende Geld diese Möglichkeit nutzen. So würden Sie unter dem Strich eine attraktive Nettorendite erreichen, auch wenn Sie die bezahlten Zinsen für Ihre Festhypothek mitberücksichtigen. Leider hat die Sache einen wichtigen Haken: Die hohe jährliche Rendite auf den ETFs betrifft die Vergangenheit und ist in der Zukunft keineswegs garantiert.
Vielleicht geht die Rechnung auf und Sie erzielen mit den ETFs auch künftig wieder mehr als 10 Prozent Rendite. Vielleicht aber auch nicht. Es ist ebenso möglich, dass Sie nach Jahren der Hausse mit den ETFs eine negative Rendite einfahren und auf beträchtlichen Buchverlusten sitzen würden. Aus meiner Sicht sind die Aktienmärkte derzeit hoch bewertet und mit zahlreichen Unsicherheitsfaktoren konfrontiert. Die hohe Inflation in den USA, die Verschärfung der Geldpolitik, die Coronalage, die internationalen Schuldenberge und mehrere geopolitische Gefahren könnten jederzeit zu einer länger anhaltenden Korrektur an den Finanzmärkten führen.
In Anbetracht Ihrer Hypothek und der unsicheren Perspektiven an den Finanzmärkten würde ich zunächst den Vorbezug bei der Pensionskasse zurückzahlen.
Sie müssen für sich eine rationale Risikoabwägung vornehmen: Wie viel Geld haben Sie bereits in welche Anlageklasse investiert, welche Risiken haben Sie dabei auf sich genommen und wie würde sich für Sie die Lage präsentieren, wenn wir mit einer längeren Baisse-Phase konfrontiert wären?
Sie haben den Pluspunkt, dass Sie bis zu Ihrer Pensionierung noch einige Jahre vor sich haben. Dennoch müssen Sie sich überlegen, was mit Ihrer Hypothek nach Ihrer Pensionierung geschieht. Immerhin nutzen Sie die steuerbegünstigte Säule 3a für die indirekte Amortisation. Dennoch dürfte bei Ihrer Pensionierung noch eine beträchtliche Hypothek vorhanden sein.
Gleichzeitig haben Sie von einer Pensionskasse einen Vorbezug für den Kauf von selbst genutztem Wohneigentum getätigt. Damit ist Ihre Vorsorge etwas geschwächt. Auch die Risikoleistungen dürften bei dieser Kasse wegen dem Vorbezug schlechter sein, was gerade für Familien heikel sein kann. In Anbetracht Ihrer Hypothek und der unsicheren Perspektiven an den Finanzmärkten würde ich wohl zunächst den Vorbezug bei der Pensionskasse zurückzahlen und damit die Vorsorge wieder stärken. Hier ist Ihr Kapital recht sicher angelegt und wird nicht schlecht verzinst.
Sobald Sie den Vorbezug zurückbezahlt haben, würde ich, vorausgesetzt Ihre Kasse befindet sich in einer robusten Lage, auch eine freiwillige Einzahlung in die Pensionskasse prüfen, da Sie damit erheblich Steuern sparen können, zumal Sie und Ihre Frau Doppelverdiener sind. Wenn Sie jedes Jahr einen freiwilligen Betrag in die Pensionskasse leisten, können Sie über die Jahre einiges an Steuern einsparen, vor allem aber Ihre Vorsorge erheblich stärken und behalten gleichzeitig Ihre Risiken im Griff.
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