Tipps für SchmuckverkaufGold verkaufen? Das sollten Sie wissen, bevor Sie zum Händler gehen
Eine Leserin hat schlechte Erfahrungen mit einem Altgoldhändler gemacht. Wie sich Konsumentinnen und Konsumenten bei solchen Geschäften schützen können.
Nach langem Zögern bringt Monika Weber (Name geändert) das Gold aus ihrem Familienschmuck zu einem Händler, der im Säli eines Gasthofs Edelmetalle kauft. «Ich habe diesem Geschäft nie richtig getraut», sagt sie. Leider bestätigt sich später ihr Misstrauen.
Aufgrund der stark gestiegenen Goldpreise ist es derzeit verlockend, Familienschmuck wie Ketten oder Ringe zu verkaufen, anstatt ihn weiterhin irgendwo in der Wohnung verstauben zu lassen. Monika Weber bietet unter anderem ein Armband und Kügelchen einer Halskette an. Das Geschäft ist schnell abgewickelt: Der Händler offeriert rund 8000 Franken. Weber stimmt zu. Das Geld wird sofort per Expressüberweisung auf ihr Konto ausbezahlt. Eine Quittung gibt es jedoch nicht.
Der Händler verlangt Geld zurück
Kaum ist sie zu Hause angekommen, meldet sich der Altgoldhändler telefonisch bei ihr. Er will das Armband zurückbringen, da es sich um eine Fälschung handle. Wenig später steht er vor der Haustür und untermauert seinen Vorwurf mit einem chemischen Test. «In dem Moment war ich sprachlos und habe das Armband zurückgenommen», erzählt Weber.
Sie bietet an, das Geld per Banküberweisung zurückzuerstatten. Doch der Händler beharrt auf Bargeld – «sonst stimmt meine Kasse nicht». So vereinbaren sie, dass der Händler das Geld zwei Tage später abholt. Bei der Verabschiedung rät er dringend, das Armband sofort zu entsorgen. Denn der Umgang mit Fälschungen sei gefährlich.
Als Weber kurz darauf das Schmuckstück genauer anschaut, kommt sie zum Schluss, dass es gar nicht ihr Armband ist: «Der Stempel mit dem Reinheitsgrad ist auf meinem Armband deutlich grösser und das Muster ist anders.» Als sie ihn am Telefon darauf anspricht, reagiert der Altgoldhändler alles andere als erfreut. Er droht mit Videobeweis – der Handel im Säli des Gasthofs sei aufgezeichnet worden – und einem Verfahren.
«Das ist ein struber Fall», meint Robert Grauwiller, Präsident des Verbands Schweizer Goldschmiede- und Uhrenfachgeschäfte (VSGU). Dass ein Altgoldhändler eine Fälschung erst nachträglich erkennt, kann er sich kaum vorstellen: «Ein Fachmann bemerkt schon anhand des Gewichts, wenn etwas nicht stimmt», sagt er.
Banken nehmen kein Altgold an
Banken kaufen kein Altgold, wie Grauwiller erläutert. Die Zürcher Kantonalbank und die Berner Kantonalbank bestätigen dies und nennen als Grund die Legierung von Altgold, die neben Feingold noch anderes Material enthält. Die beiden Banken kaufen grundsätzlich nur Goldbarren und -münzen von der eigenen Kundschaft. Goldvreneli sollten in einem guten Zustand sein.
Deshalb sind Besitzerinnen und Besitzer von Schmuck auf Händler angewiesen, wenn sie etwas verkaufen wollen. Dabei gibt es Händler, die wie im Beispiel von Monika Weber durch die Schweiz reisen und in Gasthöfen Altedelmetalle kaufen. Manche werben in Gratisanzeigern oder mit Flyern für ihr Geschäft. Viele Käufer arbeiten aber auch mit einer fixen Geschäftsadresse. Zudem verweist Grauwiller auf Goldschmiede, die Altgold kaufen, Schmuckstücke überarbeiten oder den Materialwert schätzen.
So berechnet man den Preis
Wer Altgold verkauft, kann mit einer Digitalwaage in der Regel ziemlich genau berechnen, welchen Preis der Händler bezahlt. Dabei helfen die Goldstempel, die auf dem Schmuck zu finden sind. Ein 750er-Stempel bedeutet, dass der Feingold-Gehalt bei 75 Prozent liegt. Der Rest ist jeweils Kupfer, Silber oder Palladium. Bei älterem Schmuck entspricht dies der Angabe 18 Karat. Händler offerieren ihre Preise je Gramm Feingold.
Monika Webers Waage zeigt für ihren Familienschmuck ein Gewicht von 280 Gramm an, wie sie erläutert. Das meiste ist 750er-Gold, ein kleiner Teil hat einen etwas geringeren Reinheitsgrad. Da der Händler 60 Franken pro Gramm bezahlt, müsste sie demnach ungefähr 12’000 Franken erhalten, wenn ihre Waage das korrekte Gewicht angezeigt hat. Das ist eine deutliche Differenz zu den überwiesenen 8000 Franken.
Leider hat Weber den Familienschmuck vor dem Verkauf nicht fotografiert. Sie kann deshalb nicht beweisen, dass ihr der Altgoldhändler ein anderes Armband zurückgeben will. Vergeblich verlangt sie von ihm Videos oder Fotos vom Handel im Säli des Gasthofs. Als der Streit zu eskalieren droht, wendet sich Weber an die Polizei. Dort erhält sie den Rat, nicht zu bezahlen und sich keine Sorgen zu machen.
Als Weber am Telefon wiederholt die Rückzahlung verweigert und die Polizei erwähnt, verlangt der Altgoldhändler das Armband zurück und holt es umgehend ab.
Händler spricht von «Annahmefehler»
Diese Redaktion kann den Händler telefonisch für eine Stellungnahme erreichen. Er reagiert gereizt, antwortet mit Gegenfragen und resümiert: «Wir machen keinen Bericht in der Zeitung.» Der Altgoldhändler droht gar mit rechtlichen Schritten. Schliesslich betont er, es sei zu einem «Annahmefehler» gekommen. Für ihn sei die Angelegenheit «abgehakt und erledigt».
Händler, die mit Altedelmetallen einen Umsatz von mindestens 50’000 Franken pro Jahr erzielen, müssen sich beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) registrieren. Der erwähnte Händler ist in diesem Register aufgeführt. Gemäss dem BAZG sind Sanktionen möglich, wenn Händler die Dokumentationsvorschriften nicht einhalten. Dazu zählt etwa die Überprüfung der Identität von Verkäufern, um Hehlerei und Geldwäscherei vorzubeugen. Bei einem Verstoss droht eine Busse oder ein Entzug der Registrierung. Wer ohne Registrierung handelt, muss mit einer Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft rechnen.
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