Kolumne «Heute vor»Als regelrechte Fäulnis das Zürichsee-Wasser trübte
Ein verschmutzter Zürichsee hat dieser Zeitung vor 80 Jahren grosse Sorgen bereitet. In Wädenswil drehte sich derweil alles um ein neues Kirchgesangbuch.
Ein Schwumm im Zürichsee ist verlockend – und möglichst sauber soll das Wasser sein. Die Wasserqualität ist immer wieder Thema – nicht nur bei Badenden, sondern auch in Studien –, etwa weil durch steigende Wassertemperaturen und mangelnden Sauerstoff weniger Fische im Zürichsee leben als früher.
Auch die rechtsufrige «Zürichsee-Zeitung» widmete im Januar 1942 der Wasserqualität einen Beitrag – und schlug alarmistische Töne an. «Eine grosse Zahl von Tiefenmessungen hat ergeben, dass die Durchsichtigkeit des Zürcher Seewassers an ein und derselben Stelle seit dem Jahre 1908 bis heute von 11 auf 8 Meter, das heisst um 27 Prozent zurückgegangen ist.» Die Mineralisation des Bodenschlammes habe die Sauerstoffvorräte der untersten Wasserschichten derart erschöpft, «dass das früher reiche tierische Leben am Seegrund verödet ist.» Von «regelrechter Fäulnis» wird gesprochen – und dem Abwasser die Schuld für die Verschmutzung gegeben. «Jährlich werden in vermehrtem Masse die gesamten Abwässer der Gemeinden und Industrien grösstenteils in ungereinigtem Zustand dem See zugeleitet.» Es sei daher höchste Zeit, mit der Erstellung von Kläranlagen in den Seegemeinden, nach denen seit Jahr und Tag gerufen werde, endlich Ernst zu machen. Die Aussagen der Gemeinden, zuerst seien die Finanzierungsfragen zu klären, lässt der Autor nicht gelten: «Mit schönen Worten wird der See nicht gesünder!»
Die Forderungen nach Abwasserreinigungsanlagen haben bekanntlich gefruchtet – auch wenn beim einen oder anderen Neu- oder Umbau einer Kläranlage immer mal wieder Opposition aufflammt, wie aktuell in Thalwil.
In Wädenswil herrschte zum selben Zeitpunkt Aufregung unter den Kirchenmitgliedern – wegen eines neuen Kirchengesangbuchs, das auf Anordnung des kantonalen Kirchenrats zur Prüfung verteilt wurde. 500 Exemplare des Probebandes standen den Kirchgängern zur Verfügung, wie dem eingesandten Text im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee» zu entnehmen war. «Wir wollen sie in Zukunft auch im Sonntagsgottesdienst benutzen und zwar in der Weise, dass jeden Sonntag ein Lied aus dem neuen Buch gesungen wird.» Die Zahl der vorhandenen Probebände war aber derart knapp bemessen, dass diese jeweils in der Kirche ausgeteilt wurden – und in der Regel je zwei Kirchenbesucher zusammen dasselbe Buch benutzen mussten.
Offenbar bezweifelte die Kirchenpflege jedoch, dass die neuen Lieder sogleich in gewünschter Qualität erklingen würden – und platzierte eine spezielle Aufforderung: «Damit der Gesang auch der neuen Lieder und derjenigen mit verändertem Rhythmus oder Text gleich von Anfang frisch und kräftig ertönt, findet jeden Sonntag um 8.40 Uhr in der Kirche eine Einführung in das Lied statt, welches als Gemeindegesang für den darauffolgenden Gottesdienst vorgesehen ist.»
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