Neue Kläranlage in ThalwilAnwohner wehren sich gegen 131-Millionen-Projekt
Vier Gemeinden planen zusammen die ARA Zimmerberg an der Seestrasse in Thalwil. Nun verzögert sich der Baustart wegen Rekursen. Das gibt auch in Horgen zu reden.
Das Vorzeigeprojekt gerät ins Stocken, bevor die ersten Baumaschinen aufgefahren sind: Im November hätte der Spatenstich für die neue Abwasserreinigungsanlage (ARA) Zimmerberg stattfinden sollen. Nun verzögert sich der Baustart laut einer Mitteilung «mindestens um ein halbes Jahr».
Die ARA Zimmerberg ist das ambitionierte Vorhaben des gleichnamigen Zweckverbands, der aus den vier Gemeinden Horgen, Oberrieden, Rüschlikon und Thalwil besteht. Deren Einwohnerinnen und Einwohner hatten letztes Jahr an der Urne mit grosser Mehrheit Ja gesagt zum sechs Jahre dauernden Bau des 131-Millionen-Projekts. Damit entsteht am Standort der heutigen Kläranlage von Thalwil, zwischen Seestrasse und Bahnlinie, eine neue Kläranlage, in welche sämtliches Abwasser aller vier Gemeinden fliessen wird.
Ein «Meilenstein»
Die verantwortlichen Gemeindevertreter sind stolz auf das Vorhaben. Das zeigt sich auch in der jetzigen Mitteilung. Von einem «Meilenstein» ist die Rede und von einem «Vorzeigeprojekt nach den neuesten technologischen und ökologischen Standards». Damit werde das Abwasser künftig noch besser gereinigt als gesetzlich verlangt.
Trotzdem: Die ARA Zimmerberg stösst auf Gegenwehr. Zum einen in der Nachbarschaft. Aus dieser sind drei Baurekurse gegen das Projekt eingegangen. Worauf zielen die Rekurse ab? Laut Urs Keim, dem Präsidenten der zuständigen Baukommission, geht es den Rekurrierenden unter anderem um die Einordnung und Gestaltung des Bauprojekts, das höher wird als die heutige ARA. Weitere Kritikpunkte sind etwa Dachflächen, die begrünt und für Fotovoltaikanlagen genutzt werden sollen, sowie die Bewilligung von Provisorien, die während der Bauzeit nötig sind.
Verliererin wehrt sich
Neben der Opposition aus der Anwohnerschaft sieht sich der Zweckverband auch noch mit einer Beschwerde eines Unternehmens konfrontiert. Die Beschwerde betrifft die Vergabe der Baumeisterarbeiten. Drei Firmen hatten sich für den Grossauftrag beworben. Eine der beiden Unterlegenen wehrt sich nun vor dem kantonalen Verwaltungsgericht.
Ein Grund zur Unruhe? «Nein, wir sind zuversichtlich, dass die Rekurse und die Beschwerde abgewiesen werden», sagt Urs Keim. Das Vergabeverfahren sei korrekt abgelaufen, und die Baugesetze seien eingehalten worden. Doch Keim warnt: Die Einsprachen könnten zu einer «stark verlängerten Bautätigkeit führen». Denn eigentlich ist vorgesehen, dass die ARA gleichzeitig wie das örtlich angrenzende Projekt für den Sihl-Entlastungsstollen umgesetzt wird. Je nach Verzögerung könne das Quartier mehrere zusätzliche Jahre von Bauarbeiten betroffen sein.
Warten auf das Hallenbad
Doch das Grossprojekt interessiert nicht nur die Anwohnerschaft in Thalwil, sondern hat auch Konsequenzen für die Horgnerinnen und Horgner. Denn sobald die neue Kläranlage in Thalwil steht, kann jene in Horgen auf dem Scheller-Areal neben der ehemaligen Papierfabrik am See rückgebaut werden. Der Horgner Gemeinderat liebäugelt damit, auf dem frei werdenden Grundstück ein Hallenbad zu bauen.
Durch die Einsprachen in Thalwil könnte sich auch das Hallenbadvorhaben in Horgen verzögern. An der Gemeindeversammlung vom Donnerstag gab Horgens Liegenschaftenvorstand Joggi Riedtmann (SP) im Rahmen einer Anfrage bekannt, dass das Scheller-Areal «wohl frühestens 2028 frei wird», was die Teilnehmenden der Gemeindeversammlung mit einem leisen Raunen quittierten.
Wenige Alternativen
Wie Joggi Riedtmann festhielt, gibt es in Horgen kaum alternative Standorte für ein Hallenbad, benötigt ein solches doch eine ausreichend grosse Fläche. «Diese Voraussetzung ist nur auf der Allmend und beim Areal der ARA gegeben.» Wichtig für eine solche Investition sei aber, dass sich das Land schon im Besitz der Gemeinde befände, sagte Riedtmann. Für die Allmend trifft dies nicht zu.
Mit den Hallenbadplänen in Horgen muss sich nun also der neue Gemeinderat in den nächsten Legislaturen beschäftigen. Im Bau- und Finanzprogramm sind für die nächsten Jahre denn über eine halbe Million Franken eingeplant. Mit dem Geld solle sichergestellt werden, dass die neue Exekutive auch die Mittel hätte, das Projekt an die Hand zu nehmen.
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