LiveParteitag der US-Demokraten+++ Trump greift «wahnsinnige» Demokraten an +++ Herzogin Meghan ruft zum Wählen auf
Die Demokraten halten diese Woche ihren Parteitag in Milwaukee ab. Der US-Präsident greift sie verbal an. Wir berichten laufend.
Das Wichtigste in Kürze:
- Wegen des Coronavirus findet der viertägige Parteitag der Demokraten in Milwaukee (US-Bundesstaat Wisconsin) erstmals virtuell und mit Videokonferenzen statt.
- Alle Redner und Rednerinnen — darunter Parteigrössen wie die Clintons oder die Obamas — werden zugeschaltet. Joe Biden selbst spricht an seinem Wohnort Wilmington (Delaware).
- Präsidentschaftskandidat Biden und sein Vize Kamala Harris sollen am Ende des Parteitags offiziell nominiert werden.
Kratzer im Bild von Kamala Harris
Lesen Sie zum Thema: Bidens Idealpartnerin ist womöglich doch nicht ganz ideal
Die US-Medien reagierten grösstenteils begeistert auf Kamala Harris als Vize für Präsidentschaftskandidat Joe Biden. Doch ihre Stärken könnten sich schon vor dem Wahltag als Schwächen erweisen.
Ausgangslage
Weniger als drei Monate vor der US-Wahl beginnt am Montag der Parteitag der Demokraten, bei dem Joe Biden offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden soll. Die viertägige Veranstaltung findet wegen der Corona-Pandemie weitgehend online und über Videokonferenzen statt und nicht wie ursprünglich geplant mit Tausenden Delegierten und Zehntausenden Gästen in Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin.
Am Montag (18.00 Uhr MESZ) startet der Parteitag zunächst mit Arbeitstreffen – erst am Abend (Ortszeit/ab 03.00 MESZ) wird publikumswirksames Programm für zwei Stunden übertragen. So soll es auch an den darauf folgenden Tagen weitergehen. Den Beginn machen unter anderem die ehemalige First Lady Michelle Obama und der frühere Senator und Bidens unterlegener Vorwahlrivale Bernie Sanders. Auch sollen sich die Gouverneure Gretchen Whitmer (Michigan) und Andrew Cuomo (New York) äussern, die sich in der Corona-Krise profiliert haben.
Am Mittwoch stehen Ex-Präsident Barack Obama und Bidens Vize-Kandidatin Kamala Harris auf dem Programm. Höhepunkt ist Bidens Rede am Donnerstagabend (Freitagfrüh MESZ), die er im US-Bundesstaat Delaware halten will.
Der Nominierungsparteitag steht unter dem Motto «Uniting America» («Amerika vereinen») – zu sehen sein sollen nicht nur Redner an Podien, sondern auch normale Amerikaner. Nach einem hart umkämpften Rennen um die Präsidentschaftskandidatur gilt es für die Demokraten trotz widriger Umstände wegen der Pandemie, Geschlossenheit gegen Trump zu demonstrieren.
Das Spitzenduo
Biden, der acht Jahre lang unter Barack Obama Vizepräsident war, will im Falle eines Wahlsiegs am 3. November Kamala Harris zur ersten Frau und ersten Schwarzen auf dem Stellvertreterposten machen. Die 55-jährige Senatorin galt als sichere Wahl: «Ihre Geschichte ist Amerikas Geschichte», fasst Biden zusammen.
Harris ist die Tochter von Einwanderern aus Indien und Jamaika und gilt seit Langem als Hoffnungsträgerin der Demokraten. Sie weiss, wovon sie redet, wenn sie sich in der aktuellen Debatte um Rassismus äussert – und dürfte ein hohes Identifikationspotenzial bei einer wichtigen Wählergruppe der Demokraten haben.
Ihr wird zugetraut, schwarze Wähler zu motivieren, die für einen Sieg gegen Trump wichtig sein dürften. «Zusammen bauen wir das Bündnis auf, das Donald Trump schlagen wird», schrieb Biden am Samstag auf Twitter. (Unser Kommentar dazu: Warum Harris für Biden eine gute Wahl ist)
Im Zeichen von Corona
Die Corona-Pandemie hat den Wahlkampf der Demokraten ausgebremst. Biden bestritt seine Auftritte lange vor allem von seinem Keller aus, den sein Team in eine Art Fernsehstudio umgewandelt hatte. Von Trump wird er dafür immer wieder verspottet. Doch gefahren ist Biden bislang gut damit, dass er der Pandemie Rechnung getragen hat und es – anders als sein Rivale im Weissen Haus – nicht mit Grossveranstaltungen versuchte. Zumindest sprechen Umfragen dafür: Biden liegt derzeit vor Trump – was sich bis zur Wahl im November aber noch ändern könnte.
Die Planungen für den Parteitag warfen die Demokraten schon früh um. Erst verschoben sie die Veranstaltung um einen Monat nach hinten, dann wurde das Programm in Milwaukee (Wisconsin) nach und nach eingestampft. Publikumswirksames Programm soll es nun nur in den Abendstunden geben.
Normalerweise hätten Biden und Harris ihre Nominierung vor Tausenden Delegierten und Zehntausenden Gästen entgegengenommen. Nun werden prominente Redner per Video zugeschaltet. Nicht einmal Biden reist an den ursprünglichen Veranstaltungsort. Wo er am Donnerstagabend (Ortszeit/Freitagfrüh MESZ) seine Nominierungsrede halten wird, ist noch unklar.
Ex-Präsidenten und Ex-Gegner
Von den Parteitagen erhoffen sich die Parteien im US-Wahlkampf stets einen Schub für die Umfragen. Derzeit liegt Biden vor Trump – einer neuen CNN-Umfrage zufolge schrumpfte sein Vorsprung zuletzt aber. Wegen des komplizierten Wahlsystems haben landesweite Umfragen aber nur begrenzte Aussagekraft. Einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage des Senders NBC News und des «Wall Street Journal» gaben 58 Prozent der Befragten, die für Biden stimmen wollen, an, dies aus Ablehnung von Trump tun zu wollen.
Beim Nominierungsparteitag kommen die wichtigsten Vertreter und prominentesten Gesichter der Demokraten zu Wort. Mit Spannung wird auch die Rede von Bernie Sanders erwartet. Der linke Senator war der letzte aussichtsreiche Gegner Bidens im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur.
«Viele meiner Unterstützer sind nicht begeistert von Joe Biden», sagte Sanders am Sonntag dem Sender ABC. «Aber ich denke, es gibt ein überwältigendes Verständnis dafür, dass Donald Trump besiegt werden muss, dass Biden gewählt werden muss.» Beginnend am Tag nach der Wahl werde dann alles dafür getan, dass eine Regierung gebildet werde, «die für uns alle arbeitet», sagte Sanders.
Sanders war nicht der einzige Konkurrent Bidens um die Kandidatur. Insgesamt stehen mehr als zehn ehemalige Präsidentschaftsanwärter auf dem Programm, darunter die Senatorin Elizabeth Warren und der ehemalige Bürgermeister Pete Buttigieg. Harris, die auch zum Kreis der ehemaligen Rivalen gehört, hatte den Vorwahlkampf am Mittwoch als den am härtesten umkämpften in der US-Geschichte bezeichnet.
Demonstrative Einheit statt Drama
Bidens Hauptversprechen ist es, das Land nach den polarisierenden Jahren unter Trump zu einen. Umso wichtiger ist es, dass die eigene Partei Geschlossenheit demonstriert – anders als beim Parteitag 2016. Dieser war vom parteiinternen Wettkampf zwischen Hillary Clinton und Bernie Sanders überschattet worden.
Der linke Senator trat auf dem Parteitag offiziell gegen Clinton an – Parteistrategen hatten eine Kampfabstimmung nicht verhindern können. Ihre Lager waren nach dem Vorwahlkampf tief zerstritten, was noch unmittelbar vor dem Parteitag zum Rücktritt der damaligen Parteichefin geführt hatte. Das Rennen der Präsidentschaftsanwärter war dieses Jahr früh entschieden. Biden hatte bereits Anfang Juni erklärt, dass er alle nötigen Stimmen zusammen hat, um sich die Kandidatur der Partei zu sichern.
Die Störfaktoren
Die Demokraten hoffen, aus der Not der Pandemie eine Tugend machen zu können und mit dem ganz anderen Parteitag mehr Zuschauer zu gewinnen. Die Technik dürfte dabei die Hauptherausforderung sein. Versprochen haben die Organisatoren einen Nominierungsparteitag, auf dem «weniger Menschen hinter Podien – und mehr Leute in Wohnzimmern, in Fabriken, in Kleinunternehmen, in Schulen und auf Stadtplätzen» zu sehen sein werden. «Es wird wahrlich eine Convention in ganz Amerika sein.»
Für Ablenkung dürfte Trump sorgen, der in der Parteitagswoche mehrere Bundesstaaten besuchen will. Am Montag will er ausgerechnet in Wisconsin auftreten, am Donnerstag – wenn Bidens Nominierungsrede erwartet wird – in unmittelbarer Nähe des Geburtsortes seines Rivalen in Pennsylvania. Zudem will er in Minnesota und Arizona über die «Versäumnisse» Bidens sprechen.
Die Bundesstaaten sind bei der Wahl besonders umkämpft – die sogenannten Swing States lassen sich keiner Partei eindeutig zuordnen. Die Republikaner halten ihren Parteitag eine Woche nach den Demokraten ab, das Programm ist noch weitgehend unklar.
SDA/REUTERS/red
Fehler gefunden?Jetzt melden.