Wuchtige Abstimmungs-ResultateAlle Migros-Genossenschaften lehnen Alkoholverkauf ab
Das Migros-Sortiment bleibt in der ganzen Schweiz alkoholfrei. Die Non-Anteile fallen sehr klar aus, vor allem in der Deutschschweiz.
Die Stimmenden aller zehn Migros-Genossenschaften haben sich gegen den Verkauf von Alkohol in den Läden ausgesprochen. Das Non war teils wuchtig.
In keiner der zehn Regionalgenossenschaften wurde die benötigte Zweidrittelmehrheit an Ja-Stimmen erreicht, die für eine Aufhebung des Alkoholverbots in den Statuten notwendig gewesen wäre, wie die Migros am Donnerstag mitteilte. Damit haben sich die Stimmenden klar für das Weiterführen der alkoholfreien Tradition bei der Migros ausgesprochen.
Am deutlichsten sprachen sich die Stimmenden in den beiden grössten Migros-Genossenschaften Zürich und Aare gegen den Alkoholverkauf aus. In Zürich schmetterten die Genossenschafter die Änderung der Statuten mit über 80 Prozent Nein-Stimmen ab. Fast ebenso deutlich fiel das Resultat in der Migros Aare aus mit knapp 80 Prozent Nein-Anteil.
Die Walliser Weinproduzenten hatten zumindest in den Genossenschaften der französischsprachigen Weinregionen auf ein Oui gehofft. Von einer Einführung des Alkoholverkaufs in der Migros erhofften sie sich, dass dadurch die Nachfrage nach Schweizer Weinen steigt und damit auch deren Durchschnittspreise.
«Migros bleibt Migros, in dem sie sich bewegt.»
An einer Medienkonferenz am Donnerstagmorgen hob die Migros hervor, dass man die klaren Resultate akzeptiere und als «gelebte Demokratie» deute. Dass die Abstimmung in allen Genossenschaften gleich ausgegangen sei, zeige, dass es keine Spaltung gebe, sagte Ursula Nold, Präsidentin der Verwaltung des Migros-Genossenschaftsbunds. Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen sagte, dass die Alkoholfrage nun «mindestens für diese Generation» geklärt sei.
Die Genossenschafterinnen und Genossenschafter konnten noch über eine zweite Frage abstimmen. Jene, ob die Statuten dahingehend geändert werden, dass digitales Abstimmen möglich wird. Die Vorlage wurde Nold zufolge in allen Regionen angenommen. Das Non zum Alkoholverkauf und das Ja zu Online-Abstimmungen seien gleichzeitig ein Bekenntnis zu einem traditionellen Merkmal und ein deutliches Signal, dass sich die Migros fortschrittlich weiterentwickeln soll. «Migros bleibt Migros, in dem sie sich bewegt», sagte die Migros-Präsidentin.
Emotionale geführte Diskussion
Die Abstimmungsfrage wurde teilweise emotional diskutiert. Manche Genossenschaftsleiter sprachen sich für ein Oui aus und äusserten Kritik an Ex-Migros-Chef Herbert Bolliger, der sich für ein Nein engagierte. Auf der Non-Seite äusserten sich unter anderem Suchtexpertinnen und -experten, die die Migros als letzten sicheren Hafen für Alkoholabhängige sehen.
In der Bevölkerung wurde vor allem über zwei Argumente gestritten: Es gebe keine rationalen, sondern nur emotionale Begründungen, die gegen einen Alkoholverkauf sprechen würden, hiess es etwa in den sozialen Medien. Andere Grossverteiler hätten ja auch Alkohol im Sortiment, war zu lesen, oder, dass es unsinnig sei, wenn man um Alkohol zu kaufen extra noch in einen zweiten Laden gehen müsse. Auf der anderen Seite wurde argumentiert, dass das Erbe Gottlieb Duttweilers die Migros einzigartig mache und sich die Läden gerade dadurch von der Konkurrenz abgrenzen könnten.
Die Alkoholfrage, die vor rund einem Jahr von der Migros-Basis angestossen wurde, ist damit auf absehbare Zeit vom Tisch. Überraschend kam das Resultat jedoch nicht: Verschiedene Umfragen im Vorfeld hatten gezeigt, dass die Mehrheit der Stimmberechtigten wohl ein Nein in die Urne legen dürfte. So sagten in einer Tamedia-Umfrage mehr als die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer Nein. Der Ja-Anteil lag in der Umfrage bei den Männern höher als bei den Frauen und Jüngere sprachen sich deutlich häufiger für ein Ja aus als Ältere.
Migros-Töchter verkaufen Alkohol
Die Migros-Leitung hatte im Vorfeld auf eine veränderte soziale Situation verwiesen und geänderte Konsumgewohnheiten: Wenn die Kunden bei einem Grossverteiler Alkohol kauften, würden sie sich dort gleich auch mit Lebensmitteln eindecken, so deren Argumentation für die Aufhebung des Alkoholverbots. Weil der Migros dadurch ein bedeutender Teil des Warenkorbs entgehe, stiessen fünf Delegierte des Genossenschaftsbunds letztes Jahr eine Statutenänderung an. Im Herbst sprachen sich dann 85 der 111 Delegierten für eine entsprechende Änderung aus. Als nächstes hiessen die Gremien der zehn regionalen Migros-Genossenschaften den Antrag gut und ebneten damit den Weg für die landesweite Urabstimmung durch die Genossenschafterinnen und Genossenschafter.
Der Verkauf von Alkohol in den Migros-Läden bleibt durch die Abstimmung zwar nun nach wie vor verboten. De facto ist der Migros-Konzern schon seit Jahren nicht ganz abstinent. Denn die Migros-Töchter wie beispielsweise Denner oder Migrolino haben ein breites Alkoholsortiment im Angebot.
Gemäss der Mitteilung haben rund 630'000 der insgesamt 2,3 Millionen Genossenschafter abgestimmt. Die Stimmbeteiligung lag damit bei 29 Prozent. Die Abstimmung lief bis am 4. Juni. Die zehn regionalen Migros-Genossenschaften konnten ihre Stimme entweder per Post oder in den Migros-Filialen persönlich abgeben.
SDA/oli
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