Bund stützt KandidaturAlain Berset will Generalsekretär des Europarats werden
Der Alt-Bundesrat bewirbt sich bereits für einen neuen Job: Er kandidiert als Generalsekretär des Europarats.
Als Bundesrat hat er sich vor kurzem mit einem humorvollen Video verabschiedet: Alain Berset setzte seinen Hut auf, machte einen Luftsprung, schlug dabei die Fersen zusammen wie einst Charlie Chaplin und sagte «au revoir». Nun wird es bereits wieder ernst: Berset bewirbt sich für ein neues Amt.
Dass sich der 51-Jährige zur Ruhe setzen würde, hatte niemand erwartet. Über seine künftigen Ambitionen war schon spekuliert worden, als er noch Bundesrat war. Man munkelte, er interessiere sich für eine Stelle bei der UNO. Viele rechneten mit einem Amt, das grosse Auftritte und Glamour verspricht.
EDA: «Solide Kandidatur»
Nun bewirbt sich der Alt-Bundesrat für ein weniger bekanntes Amt in einem Gremium, das eher ein Schattendasein fristet: Er will Generalsekretär des Europarats werden. Das Aussendepartement EDA hat am Mittwochabend mitgeteilt, Berset habe sein Interesse für das Amt in Strassburg bekundet. Es unterstütze diese Kandidatur und habe sie der Vorsitzenden des Ministerkomitees des Europarats unterbreitet.
Das EDA spricht von einer «soliden Kandidatur»: Mit seinen Erfahrungen auf dem diplomatischen Parkett sei Berset gut qualifiziert, sagt EDA-Sprecher Nicolas Bideau.
Berset wäre der erste Schweizer in diesem Amt. Aktuell ist die Kroatin Marija Pejčinović Burić Generalsekretärin des Europarats. Sie hat das Amt seit 2019 inne. Der Generalsekretär oder die Generalsekretärin wird von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats für eine Amtszeit von jeweils fünf Jahren gewählt – möglich sind maximal zwei Amtszeiten.
Zwei Konkurrenten
Die Kandidaturen werden nächste Woche bekannt gegeben. Insgesamt sind es dem Vernehmen nach drei Kandidaten. Aus Belgien kandidiert Didier Reynders, derzeit EU-Justizkommissar. Er versuchte es schon 2019, unterlag damals aber der Kroatin. Daneben wird eine Kandidatur aus einem osteuropäischen Land erwartet.
Die Parlamentarische Versammlung wird im Juni 2024 entscheiden. Amtsantritt ist am 18. September 2024. Als Generalsekretär würde Alain Berset den Europarat gegen aussen vertreten und dem Sekretariat vorstehen. Im Auftrag des Ministerkomitees wäre er verantwortlich für die Leitung und Koordination der Gesamtorganisation, die strategische Planung, die Ausarbeitung des Arbeitsprogramms und den Haushaltsplan.
Auch Reisen dürften aber nicht zu kurz kommen: Berset würde regelmässig in den Mitgliedsstaaten empfangen. Und er würde seinen ehemaligen Bundesratskollegen Ignazio Cassis wieder treffen, der als Aussenminister dem Ministerkomitee des Europarats angehört.
Menschenrechte fördern
Der Europarat wurde 1949 gegründet und ist die älteste und mitgliederstärkste zwischenstaatliche Organisation Europas. Seine Kernthemen sind der Schutz und die Förderung der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in seinen Mitgliedsstaaten und weltweit – vor allem in Form von Konventionen. Der Europarat zählt 46 Mitgliedsstaaten; die Schweiz ist seit 1963 Mitglied. Von den über 200 Übereinkommen hat sie über die Hälfte ratifiziert.
Eines der wichtigsten Übereinkommen ist die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Sie verleiht jeder Bürgerin und jedem Bürger das Recht, im Fall einer Verletzung der darin enthaltenen Rechte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Beschwerde zu erheben. Jeder Mitgliedsstaat des Europarats stellt einen Richter. Für die Schweiz wurde 2021 der frühere Bundesrichter Andreas Zünd in dieses Amt gewählt.
In der Parlamentarischen Versammlung des Europarats besteht die Delegation der Schweiz aus sechs Vertretern und sechs Stellvertretern. Bekanntheit erlangte als Abgeordneter der vor kurzem verstorbene Dick Marty. Er hatte im Auftrag des Europarats Berichte zu Geheimgefängnissen der CIA in Polen und Rumänien und zu Organhandel verfasst.
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