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Proteste wegen umstrittener Wahl
«Berset-Desaster»: Scharfe Kritik an Alt-Bundesrat nach Georgien-Reise

In this photo released by Georgian Prime Minister Press Office on Monday, Dec. 18, 2024, Georgian Prime Minister Irakli Kobakhidze, right, greets Alain Berset, secretary General of the Council of Europe during their meeting in Tbilisi, Georgia. (Georgian Prime Minister Press Office via AP)
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Georgien bekommt diesen Sonntag einen neuen Präsidenten – allerdings einen, den die Opposition nicht anerkennt. Der frühere Fussballer Micheil Kawelaschwili, einst Stürmer bei Manchester City sowie Spieler bei Schweizer Mannschaften wie dem FC Zürich, dem FC Basel oder dem FC Sion, wurde Mitte Dezember von der Wahlversammlung praktisch einstimmig zum Präsidenten gekürt. 

Für die georgische Opposition, die seit Monaten gegen die nach ihrer Ansicht gefälschten Wahlen protestiert, ist die bisherige Präsidentin Salome Surabischwili die einzig rechtmässige und legal gewählte Amtsinhaberin. Offiziell hat die prorussische Regierungspartei bei den Parlamentswahlen im Oktober die absolute Mehrheit erhalten, die proeuropäische Opposition anerkennt das Resultat aber nicht. Der Verdacht auf Manipulation, russische Einmischung und Wahlbetrug steht im Raum.

Doch aller Proteste zum Trotz – die neuen Machtinhaber nehmen ihre Plätze ein und fällen wegweisende Entscheide. Die Verhandlungen mit der EU über einen Beitritt wurden abgebrochen und für Jahre sistiert.

Berset setzt Kommission ein

Im Zuge dieser innenpolitischen Wirren gerät nun Alain Berset als Generalsekretär des Europarats in die Kritik. Berset verbrachte kurz vor Weihnachten ein paar Tage in der Hauptstadt Tiflis und traf dort mehrere Regierungsvertreter, was er auf X festhielt. Daraufhin kritisierten ihn georgische Oppositionelle auf X in aller Schärfe.

Bei einem Auftritt vor den georgischen Medien erinnerte Berset an die Tatsache, dass Georgien seit 25 Jahren Mitglied des Europarats sei und dass Medien-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu den geschützten Gütern der Menschenrechtskonvention gehörten. Diese Freiheit müsse unter allen Umständen geschützt werden, sagte Berset mit Blick auf die gewaltsame Bekämpfung der Strassenproteste durch die Polizei in Georgien.

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Berset schlug aber auch eine Brücke zur neuen Regierung. Er begrüsse deren «Zusicherung», das umstrittene Agenten-Gesetz anzupassen. Dieses neue Gesetz kategorisiert Medien und NGO als ausländisch gesteuerte Agenten, sofern sie zu einem Fünftel oder mehr aus dem Ausland finanziert werden. Weiter kündigte Berset eine Arbeitsgruppe an, bestehend aus Vertretern Georgiens und des Europarats, welche die Vorgänge in Georgien evaluieren soll.

«Jede Verhandlung mit dem Regime ist Verrat»: Marika Mikiashwili, Mitglied einer liberalen Oppositionspartei.

«Es ist extrem bedauerlich, dass jemand so Einflussreiches wie Alain Berset die existenzielle Krise Georgiens auf ein Gesetz reduziert», schreibt Marika Mikiashwili, Mitglied einer jungen liberalen Oppositionspartei, auf X. Mikiashwili hat laut Linkedin einen Lehrauftrag an einer georgischen Universität und engagiert sich in aussenpolitischen Belangen.

Das Gesetz sei den Menschen in Georgien ziemlich egal, schreibt sie. Was die Bevölkerung wolle, seien neue und faire Wahlen. Jede Verhandlung mit dem «illegitimen und gewalttätigen Regime» sei ein Verrat. Weitere Regimekritiker pflichten ihr bei. Einer schreibt: «Lügen Sie Ihre Follower nicht an.» Berset, so der Vorwurf, habe nicht mit Unterdrückten und politischen Häftlingen sprechen wollen. Stattdessen seien es die NGO gewesen, die den Dialog mit dem Vertreter aus Strassburg verlangt hätten.

Mikiashwili schreibt: «Wenn Sie dem georgischen Volk nicht helfen können, hören Sie wenigstens auf, das Regime zu unterstützen, das die Georgier im Namen Russlands unterdrückt.»

Und weiter: «Um es nach dem Berset-Desaster klar zu sagen: Entweder kommt man nach Georgien, um Druck auf das Regime auszuüben, damit Neuwahlen stattfinden, oder man lässt es bleiben.»

Treffen mit Regierungsvertretern

Berset hatte das südkaukasische Land am Schwarzen Meer vor Weihnachten drei Tage lang besucht, wie er selber auf X schrieb. Dort traf er unter anderem den Parlamentspräsidenten Shalva Papuaschwili, Regierungschef Irakli Kobakhidze sowie den georgischen Milliardär und Ex-Premierminister Bidzina Ivanishwili, der die Credit Suisse auf über eine Milliarde Dollar verklagt hatte. Ivanishwili ist Gründer der Partei Georgischer Traum, welche die Wahlen im Oktober nach offiziellen Angaben gewonnen und die das umstrittene Agenten-Gesetz lanciert hat.

Ebenfalls, schreibt Berset, habe er Vertreter der Oppositionsparteien sowie der Zivilbevölkerung getroffen. Mit ihnen habe er über die Rolle des Europarats gesprochen, die Forderungen der Opposition nach Stärkung der Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit müssten gehört werden. «Der Dialog bleibt essenziell.»

Berset verteidigt seine Haltung zu Georgien in einem Interview mit «Blick»: Er habe der Regierung sehr klar vermittelt, dass Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in jedem Moment eingehalten werden müssten. Schliesslich bringe die Mitgliedschaft im Europarat auch Pflichten mit sich. «Wir sind kein Wellnesscenter.»